Broken Heart: Wenn die Seele das Herz lähmt
Das Herz wird stark von Gefühlen beeinflusst, dafür stehen auch Ausdrücke wie "Herzklopfen", "Herzschmerz" und "gebrochenes Herz". Bei Aufregung steigen Blutdruck und Herzfrequenz, der Herzmuskel pumpt stärker, der Herzschlag wird als Klopfen spürbar. Das kann auf Dauer krank machen: Durch ständigen Stress drohen eine Entzündung der Herzarterien, Blutgerinnsel oder Herzinfarkt.
Frauen sind häufiger betroffen als Männer
Besonders starker seelischer Stress wie Trauer oder Liebeskummer kann sogar zu einem akuten Herzleiden führen, dem sogenannten Broken-Heart-Syndrom, auch Stress-Kardiomyopathie oder Tako-Tsubo-Kardiomyopathie genannt. Bei Frauen ist das Broken-Heart-Syndrom häufiger - es macht etwa sechs Prozent der Notfälle aus. Häufig sind Frauen nach den Wechseljahren betroffen.
Starker Stress lähmt den Herzmuskel
Auslöser des Broken-Heart-Syndroms sind oft starke Emotionen, zum Beispiel ein Todesfall in der Familie, eine Trennung oder Gewalterlebnisse. Doch auch freudige Ereignisse können ein Broken-Heart-Syndrom auslösen - sie führen zu einer übermäßigen Ausschüttung des Stresshormons Adrenalin aus der Nebenniere.
Wenn der positive oder negative Stress das Herz überfordert, kann der Herzmuskel wie gelähmt sein. Er pumpt kaum noch und bläht sich an der Spitze wie ein Ballon auf. Diese spezielle Form des Herzmuskels erinnerte japanische Ärzte an eine tönerne Tintenfischfalle (Tako Tsubo), deshalb wird die Krankheit auch als Tako-Tsubo-Kardiomyopathie bezeichnet.
Symptome wie beim Herzinfarkt
Die Symptome sind beim Broken-Heart-Syndrom die gleichen wie bei einem akuten Herzinfarkt:
- Engegefühl im Brustkorb ("Elefant sitzt auf der Brust")
- massive Atemnot
- Brustschmerzen mit Ausstrahlung in linken Arm oder Rücken, Schultern oder Unterkiefer
- vor allem bei Frauen: Übelkeit und Oberbauchbeschwerden
Auch die Laborwerte und EKG-Kurven können auf einen Infarkt hindeuten.
Wer akut unter solchen Beschwerden leidet, sollte sofort den Notruf 112 wählen und nicht selbst ins Krankenhaus fahren. Treten regelmäßig Beschwerden bei Belastung auf, sollte das zeitnah von einem Kardiologen untersucht werden.
Unterschiede zum Herzinfarkt
Beim Broken-Heart-Syndrom lassen sich mit einer Herzkatheter-Untersuchung in den meisten Fällen keine relevanten Engstellen in den Herzkranzgefäßen nachweisen. Das Herz ist gut durchblutet. Dafür fällt im Herzultraschall oft ein schlaffer Bereich, eine Lähmung des Herzmuskels, auf.
Folgen des Broken-Heart-Syndroms
Das Broken-Heart-Syndrom ist alles andere als harmlos, in der akuten Phase ist der "Scheininfarkt" genauso dramatisch wie ein echter. Jeder 20. Patient stirbt, jeder 10. erleidet einen sogenannten kardiogenen Schock. Damit ist die Komplikationsrate während der sogenannten Akutphase genauso hoch wie bei einem akuten Herzinfarkt. Die Pumpleistung des Herzens ist stark beeinträchtigt, ein Herzstillstand droht. Auch wenn sich das Herz rasch wieder von selbst erholt, müssen Betroffene für einige Tage auf der Intensivstation überwacht werden, da gefährliche Herzrhythmusstörungen oder Risse im Herzmuskel auftreten können.
Behandlung soll Rückfall verhindern
Meist verläuft ein Broken-Heart-Syndrom ohne Folgen. Allerdings kommt es bei 15 bis 20 Prozent der Betroffenen zu einem Rückfall. Zur Sicherheit verordnen Ärzte deshalb Medikamente, die das Risiko senken. Dabei werden häufig Betablocker dauerhaft verschrieben. Experten sehen das kritisch, denn Betablocker hätten sich in Studien nicht als hilfreich erwiesen. Auch regelmäßiger Sport schützt das Herz vor gefährlichen Stressattacken. In ihren Statistiken haben Wissenschaftler zudem Hinweise gefunden, dass Betroffene mit einem Broken-Heart-Syndrom häufiger Krebserkrankungen entwickeln. Sie empfehlen Betroffenen deshalb, die verfügbaren Vorsorgeuntersuchungen regelmäßig durchführen zu lassen.
Studie gibt Hinweise auf mögliche Therapien
In einer Studie haben Göttinger Forscher Hinweise für eine genetische Veranlagung der Tako-Tsubo-Kardiomyopathie entdeckt. Sie untersuchten Stammzellen von Tako-Tsubo-Kranken, aus denen schlagende Herzzellen gezüchtet wurden. Dabei fanden sie bisher unbekannte Signalwege (erhöhte ß-adrenerge Signalweiterleitung) und eine bis auf das Sechsfache des Normalwerts gesteigerte Empfindlichkeit für Stresshormone (Katecholamine). Nach Ansicht der Wissenschaftler sind beide Befunde typisch für Broken-Heart-Kranke und treten offenbar familiär gehäuft auf. Die Erkenntnisse könnten den Weg für die Entwicklung gezielter Therapien ermöglichen, mit denen sich das Broken-Heart-Syndrom vermeiden lässt.