Hüftdysplasie: Angeborene Fehlbildung mit Spätfolgen

Stand: 26.06.2023 20:58 Uhr | vom Norddeutscher Rundfunk-Logo

Eine Hüftdysplasie ist eine Fehlbildung der Hüftgelenke, die bereits bei Neugeborenen auftritt. Wird die Hüftdysplasie nicht erkannt und behandelt, führt sie in späteren Jahren zur Hüftarthrose.

Eine Hüftdysplasie oder Hüftgelenksdysplasie ist eine Fehlbildung des Hüftgelenks, die schon bei der Geburt vorliegt. Viele Betroffene merken beim Heranwachsen gar nicht, dass sie ein Problem mit ihrem Hüftgelenk haben. Erst im jungen Erwachsenenalter oder sogar noch später macht die Dysplasie durch Schmerzen auf sich aufmerksam. Häufig sind dann bereits erste Anzeichen von Gelenkverschleiß auszumachen. Die Patientinnen und Patienten haben stärkste Schmerzen, als ob ihre Hüfte schon uralt und ihr Gelenk schon völlig abgenutzt und verschlissen wären. Aber eigentlich sind sie dafür noch viel zu jung und fit.

Hüftdysplasie: Die Ursache liegt in der Kindheit

Das Hüftgelenk besteht aus zwei Gelenkpartnern, dem Kopf des Oberschenkelknochens und der Gelenkpfanne im Beckenknochen. Im Säuglingsalter bestehen beide noch aus Knorpelsubstanz. Passen sie genau zueinander, sind Druck und Belastung gut verteilt. Die Gelenkpartner verknöchern und reifen mit der Zeit zu ihrer endgültigen Form aus.

Stehen sie aber nicht korrekt zueinander, fehlt es an einigen Stellen an Druck und damit auch an Wachstumsreiz. Das Pfannendach wird nicht komplett ausgebildet und in der Folge ist der Oberschenkel nicht fest im Gelenk zentriert und verankert. Lange kompensieren Muskeln und Sehnen diese Instabilität und halten das Gelenk zusammenhalten. Irgendwann aber sind sie überfordert, - Muskel- und Leistenschmerz sind die Folge.

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Frauen und Zwillinge häufiger betroffen

Frauen sind häufiger von der Erkrankung betroffen als Männer. Der Grund dafür ist bis heute nicht geklärt. Zudem spielt eine erbliche Komponente eine Rolle, so dass oft auch Geschwister oder Eltern bereits betroffen sind. Besonders häufig tritt eine Hüftdysplasie bei Zwillingen auf, die vor der Geburt weniger Platz im Mutterleib hatten.

Früherkennung und Therapie im Kindesalter

Seit 1996 wird im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung U3 in der vierten bis fünften Lebenswoche regelhaft eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt, um eine Hüftdysplasie zu erkennen und rechtzeitig zu behandeln. Denn in den ersten Lebensjahren, solange die Hüfte noch stark formbar ist, kann sie mit einer Orthese oder einem Gipsverband korrigiert werden. Bleibt eine Hüftdysplasie unbehandelt, führt sie im Laufe des Lebens zu einer Arthrose in der Hüfte.

Symptome und Diagnostik der Hüftdysplasie

Da eine Hüftdysplasie bis ins Erwachsenenalter keine typischen Beschwerden verursacht, bleibt sie zunächst häufig unbemerkt. Später zählen zu den typischen Symptomen:

  • Bewegungseinschränkung, Schmerzen in der Leistengegend
  • Schmerzen an der seitlichen Hüfte
  • Langes Gehen oder Stehen schmerzt
  • Ganstörungen, wie Hinken oder Schlurfen

In der Diagnostik achtet die Ärztin oder der Arzt zunächst auf die Beweglichkeit des Gelenkes und das Gangbild des Patienten. Eine Röntgenaufnahmen zeigt, ob die Hüftpfanne den Hüftkopf ausreichend überdacht und wie die Hüftgelenksbestandteile zueinanderstehen.

Therapien bei Hüftdysplasie

Die Therapie einer Hüftdysplasie hängt vom Alter und Schweregrad der Erkrankung ab. Während bei Säuglingen und Kleinkindern noch die Möglichkeit besteht, das Hüftgelenk mit einer konservativen Behandlung mittels Orthesen oder Gipsverband in eine korrekte Position zu bringen, lässt sich das Hüftgelenk später durch eine operative Therapie, die sogenannte Umstellungsosteotomie, repositionieren und stabilisieren.

OP-Verfahren

Bei älteren Kindern und Erwachsenen kommt häufig die Triple-Osteotomie nach Tönnis zum Einsatz. Dabei wird der Beckenknochen an drei Stellen durchtrennt, so dass die Gelenkpfanne vollständig beweglich gemacht und neu positioniert werden kann. Auch wenn es sich dabei um einen großen Eingriff handelt, kann sich die Mühe lohnen, denn aktuelle Studien zeigen, dass Patientinnen und Patienten dadurch mindestens zehn, mitunter sogar noch bis zu 30 Jahre lang mit ihrer eigenen Hüfte weiterleben können.

Grundsätzlich gilt: Je früher die Hüftdysplasie behoben wird, desto besser. Denn je älter die Betroffenen bei der Operation sind, desto niedriger ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich eine Arthrose verhindern oder hinauszögern lässt. Dafür hat das Gelenk in den Jahren davor bereits zu viel unter der fehlerhaften Ausbildung gelitten. Dann bleibt letztlich nur die Implantation eines künstlichen Hüftgelenks.

Neben der ärztlichen Therapie können Patientinnen und Patienten mit Hüftdysplasie auch einiges selbst tun, um den Verschleiß hinauszuzögern: Regelmäßige Bewegung und gezielte Übungen zu Mobilität, Kraft, Dehnung stabilisieren und aktivieren das Hüftgelenk. Auch eine gesunde Ernährung und das Vermeiden von Übergewicht können die Belastung des Hüftgelenks reduzieren.

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NDR Fernsehen | Visite | 27.06.2023 | 20:15 Uhr

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