Stand: 19.05.2024 07:09 Uhr

"Megalopolis" in Cannes: Sci-Fi-Fabel über Macht, Geld und Ideale

von Alexander Soyez

Francis Ford Coppolas 120-Millionen-Dollar-Traumprojekt "Megalopolis", eine opulente nostalgische Fabel, träumt von einer besseren Welt. Der Film feierte am Mittwoch Premiere im Wettbewerb von Cannes - und spaltet die Kritik. In Deutschland hat der Film einen Verleih.

Jahrzehntelang hat US-Filmemacher Francis Ford Coppola ("Der Pate"-Trilogie, "Apocalypse Now") davon geträumt, seinen Film "Megalopolis" zu machen, eine epische römische Fabel, die in einem modernen New York spielt. Finanziert bekommen hat der heute 85-Jährige das Projekt mit Adam Driver in der Hauptrolle nicht, daher hat er die laut Presseberichten 120 Millionen Dollar Produktionskosten aus der eigenen Tasche bezahlt. In den USA hofft er bis dato noch auf einen Verleih. Das gab der US-Filmemacher auf der Pressekonferenz zum Film in Cannes bekannt. Für Deutschland, Österreich und die Schweiz hat er jedoch mit der Constantin Film einen Verleih gefunden, das Startdatum steht noch nicht fest.

"Megalopolis" spaltet Kritik in Cannes: "Das Verrückteste, was ich je gesehen habe"

Beim Filmfest Cannes war er der wohl am meisten erwartete Wettbewerbsbeitrag. Er spaltet seit der Weltpremiere die Meinungen der Filmkritiker*innen. Der Pulitzer-Preisträger Justin Chang schreibt, "Megalopolis" sei das eine Gesprächsthema in Cannes: "Ich finde ihn zum Schreien komisch, herausfordernd und insgesamt in seiner absoluten Entgleisung sehr berührend". Die Rezensionen rangieren von etwa "Das Verrückteste, was ich je gesehen habe", bis hin zu "mega aufgeblasen und mega langweilig" (im britischen "The Guardian").

Die beliebten Kritikerspiegel in den Branchenpublikationen bilden alles ab: von minimaler bis zur maximalen Punktebewertung. Bei der Weltpremiere hat der Film in der Pressevorführung auf überraschende und originelle Weise die vierte Wand durchbrochen - auf welche Art, soll hier allerdings nicht verraten werden.

"Megalopolis" - Der Traum einer besseren Welt

Der Film ist eine opulente, nostalgische Science-Fiction-Fabel über Macht, Geld und Sex, über Visionen, Ideale oder den Traum von einer besseren Welt. Coppola wollte ihn schon seit langem drehen. Aber nie hat es ganz geklappt, irgendetwas kam immer dazwischen, oder der nächste Film musste gemacht werden. Aber jetzt hat er es dann doch geschafft und feiert die Premiere auch noch da, wo er für sein anderes legendär schwieriges Filmprojekt "Apocalypse Now" 1979 seine zweite Goldene Palme bekam.

Adam Driver spielt einen genialen Stadtplaner, der die Zeit anhalten kann

Im Zentrum der Geschichte steht Adam Driver als Cesar Catilina, der als genialer Stadtplaner und Architekt eine gerechtere Umgebung für alle erschaffen will und deswegen im ständigen Streit liegt mit dem von Giancarlo Esposito gespielten Bürgermeister Cicero League. Dass hier auf Ereignisse und Führungsfiguren im Rom 63 Jahre vor Christi Geburt angespielt wird, liegt genauso auf der Hand, wie die Tatsache, dass dieses römische New York Megalopolis dem Untergang geweiht ist - und damit für unsere Welt stehen könnte.

Ein Großreich bricht nicht an einem Tag zusammen, sondern langsam und vor allem dann, wenn die Menschen aufhören, daran zu glauben. Dialogtext aus "Megalopolis"

Große Worte, großer Pathos - und Adam Driver ist hier als getriebenes Genie, als Visionär und Künstler auch nicht viel weniger als ein moderner Messias. Mal gibt es "Sein oder Nichtsein"-Shakespeare-Einlagen, mal Wagenrennen.

Keine erhoffte Krönung des Schaffens von Filmlegende Coppola

In der großen Unterhaltungsarena der Stadt Megalopolis ist antikes Theater als Film Noir mit psychedelischen und übersinnlichen Episoden und dem Anhalten der Zeit als wiederkehrender Meditation über das Sein, ein bisschen von allem und das alles sehr übertrieben. Definitiv ein imposanter Leinwand-Trip, aber leider gleichzeitig auch ein heilloses Durcheinander aus Einfällen, visuellen Stilmitteln, schauspielerischen Showeinlagen und Referenzen, die zwar alle mit Inbrunst vorgetragen werden, aber nie wirklich zusammenpassen. Ein Film, der gewollt wichtig wirkt, aber es leider nicht ist und auch nicht die erhoffte Krönung des Schaffens von Filmlegende Francis Ford Coppola.

Im etwas länger als zweistündigen Film spielen unter anderem mit: Adam Driver, Giancarlo Esposito, Nathalie Emmanuel, Aubrey Plaza, Shia LaBeouf, Jon Voight, Laurence Fishburne und Dustin Hoffman. Der bundesweite Filmstart steht noch nicht fest.

Mit Text von Patricia Batlle.

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NDR Info | Kultur | 17.05.2024 | 06:55 Uhr

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