Schweine liegen in einem Stall. © picture alliance/dpa/Marijan Murat Foto: Marijan Murat

Tierschützern geht Tierwohllabel nicht weit genug

Stand: 08.06.2022 07:51 Uhr

Der Landestierschutzverband Niedersachsen begrüßt, dass Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) das Tierwohl stärken will. Allerdings findet der Verband die Kriterien des neuen Labels zu lasch.

Der Vorsitzende des Landestierschutzverbandes, Dieter Ruhnke, kritisiert, dass das Tierwohllabel lediglich die Haltungsform der Tiere abbilde. Er plädiert dafür, dass zusätzlich auch die Schlachtung und der Transport dorthin beachtet werden müssten. Außerdem muss das Tierwohllabel aus Runkes Sicht auf alle Nutztiere ausgeweitet werden. Das am Dienstag von Bundesagrarminister Özdemir vorgestellte Tierwohllabel soll im Laufe des kommenden Jahres verpflichtend eingeführt werden - zunächst nur für Schweinefleisch. Verbraucher sollen anhand des Labels sehen können, wie viel Platz das Tier bei der Aufzucht hatte.

Das Tierwohllabel unterscheidet fünf Haltungsformen:

  • Stall: nur die gesetzlichen Mindestanforderungen werden erfüllt
  • Stall+Platz: 20 Prozent mehr Raum für die Tiere als bei Mindestanforderungen
  • Frischluftställe: auf mindestens einer Seite offen
  • Auslauf/Freiland: Tiere dürfen mindestens acht Stunden täglich ins Freie
  • Bio: größere Auslaufflächen und noch mehr Platz im Stall

Landvolk fordert mehr Lösungen

Die Landwirte in Niedersachsen reagierten eher zurückhaltend auf die Pläne Özdemirs. Jörn Ehlers vom Landvolk begrüßte, dass sich in Sachen Tierwohl etwas tue. Aber nach diesem ersten Schritt müssten weitere folgen, sagte er dem NDR Niedersachsen. Unter anderem geht es Ehlers um die Frage, von welchem Geld die Ställe so umgebaut werden, dass die Schweine mehr Platz haben - und darum, wie diese Stallumbauten einfacher genehmigt werden könnten. Özdemir habe diese Probleme zwar angesprochen, er habe aber noch keine Lösungen parat, so Ehlers.

Schweinehalter fordern mehr finanzielle Unterstützung

Heinrich Dierkes von der Interessengemeinschaft der Schweinehalter nimmt Özdemirs Pläne zähneknirschend zur Kenntnis. Auch ihm fehlen Aussagen über Fördergelder. "Wenn ich was will von Landwirten, dann muss ich das auch bezahlen. Wenn ich das Bezahlen unterlasse, dann will ich entweder die Landwirte nicht mehr oder ich will keine Veränderung", sagte Dierkes. Auch für Billig-Fleisch aus dem Ausland forderte Dierkes Regeln. Die niedersächsischen Schweinebauern stehen seit längerem unter Druck. Die Preise für Schweinefleisch sind gesunken, die Kosten dagegen steigen weiter. Viele haben bereits aufgegeben.

Otte-Kinast ist Vorstoß zu wenig

Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) geht der Vorstoß des Bundeslandwirtschaftsministers nicht schnell genug. "Die Landwirte müssen wissen: Können, dürfen wir jetzt umbauen, wer bezahlt es uns?", sagte Otte-Kinast dem NDR Niedersachsen. "Viele wollen bis zum Sommer warten, viele warten noch bis Weihnachten und dann steigen sie aus der Tierhaltung aus."

Stephan Weil fordert langfristige Hilfen

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) begrüßte die Pläne des Bundesagrarministers am Dienstag. Mehr Tierwohl sei dringend notwendig, koste aber auch mehr Geld, so Weil. Er forderte, dass sich Bund und Handel über 2026 hinaus dazu verpflichten, zusätzliche finanzielle Mittel bereitzustellen, um höhere Qualitätsvorgaben einhaltbar zu machen. "Es ist nur gerecht und überfällig, dass landwirtschaftliche Betriebe für mehr Leistung und mehr Platz zugunsten von mehr Tierwohl auch finanzielle Unterstützung bekommen. Anders lassen sich die notwendigen Investitionen nicht bezahlen", sagte Weil dem NDR Niedersachsen.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 08.06.2022 | 09:00 Uhr

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