Digitalisierung im Obstanbau: KI zählt Äpfel und Schädlinge
Es geht immer noch besser, effektiver, sparsamer: Mit dem Obst-Digitalisierungsprojekt SAMSON soll der Apfelanbau optimiert werden. Das Ziel: Weniger Pestizide, weniger Wasserverschwendung im Alten Land.
In fünf Jahren könnte der Obstanbau digital werden. Die Vorteile: mehr Umweltschutz und weniger Ressourcenverbrauch. Das Projekt SAMSON ("Smarte Automatisierungssysteme und -services für den Obstanbau an der Niederelbe") will dafür neue Wege gehen. Aktuell werden dafür Daten auf Obsthöfen des Alten Landes gesammelt.
Kamera und Sensor zählen Äpfel und Schädlinge
Ein Schlepper mit einer Box und einem langen Stab vor dem Führerhäuschen fährt durch die Apfelbaum-Reihen beim Ostbau-Versuchsring in Jork. "Das ist die Sensorbox - ein wichtiger Teil unseres Obst-Digitalisierungsprojektes SAMSON", erklärt David Berschauer. Er ist Informatiker am Fraunhofer IFAM in Stade und hat die Box mitentwickelt, in der sich die Elektronik für den angeschlossenen Kamera-Arm verbirgt. Am Tablet kann Berschauer später genau sehen, was die Kiste am Traktor misst. Sie macht Fotos und wertet sie aus, sammelt also Daten: über die Blüten, Schädlinge und auch die Anzahl der Äpfel an den einzelnen Bäumen.
Digitalisierung im Obstanbau: Kostenfalle pauschalisiertes Handeln
"Es geht darum, durch die gesammelten Daten genau zu verstehen, was auf den einzelnen Flächen passiert", erklärt Projektleiter Benjamin Schulze vom Fraunhofer IFAM Stade. "Wir wollen weg vom sogenannten pauschalisierten Handeln.“ So werde oft, wenn beispielsweise nur eine kleine Stelle von Schädlingen befallen ist, pauschal überall Pflanzenschutzmittel verteilt. Auf großen Flächen sei es anders kaum möglich. Aber das ist teuer: "Man wendet viel mehr an, als man eigentlich braucht." Egal, ob Pflanzenschutzmittel, Frostschutz, Wasser. All das koste Geld und Energie.
Projekt für Umweltschutz und Klimaschutz
"Für die Umwelt und den Klimaschutz ist es natürlich auch wichtig, möglichst wenig Ressourcen einzusetzen und nichts zu verschwenden", so Schulze weiter. Genau da setzt das Projekt SAMSON an. "Durch alle Daten, die wir sammeln, wollen wir zeigen: Wo genau findet was auf meinem Feld statt? Wo muss ich handeln? Wo nicht?" Den Landwirtinnen und Landwirten helfe das auch wirtschaftlich.
Künstliche Intelligenz zählt jeden Apfel eines Baumes
Projektleiter Schulze ist überzeugt von SAMSON: "Ich habe bislang noch kein Projekt gesehen, das innerhalb eines Jahres schon solch einen technischen Fortschritt geleistet hat", sagt der Wirtschaftsingenieur. Die Projektmitarbeitenden forschen derzeit noch an der Bilderkennung per Künstlicher Intelligenz. Wenn die Tests und Entwicklung erfolgreich sind, "können wir zum Beispiel im Vorbeifahren jeden Apfel am Baum erkennen und zählen", sagt der Mechatroniker Jiahua Wei von der TU Harburg, die die KI entwickelt hat. Auch Blüten und Schädlinge könnten dann erkannt werden.
Digitale Landwirtschaft: Hohe Nachfrage
Und auch in der Praxis komme das gut an, die Nachfrage unter Obstbauern sei da. "Sogar die Älteren sprechen uns darauf an", erzählt Schulze. "Die sagen, es muss digital werden im Generationswechsel der Betriebe. Denn diese Landwirte kämpfen schon seit Jahrzehnten zum Beispiel damit, dass die Apfelbäume in einem Jahr gut tragen, im nächsten aber schlecht." Diese sogenannte Alternanz in den Griff zu bekommen, dazu soll das Projekt mit seiner Blütenerkennung auch beitragen.
Landwirte können Prototypen leihen
Allen Beteiligten ist der Wissenstransfer zwischen Forschung und Praxis extrem wichtig. So sollen sich Landwirte ab dem Sommer den Prototypen einer Sensorbox ausleihen können, um sie zu testen. "Unsere Module sind wie Legosteine, die man einzeln an seinen Schlepper bauen kann", sagt Projektleiter Schulze. Wann solche Sensorboxen im großen Stil eingesetzt werden können, kann Schulze noch nicht sagen. Er schätzt, dass das noch rund fünf Jahre dauern könnte.
Gefördert vom Bundeslandwirtschaftsministerium
Das Projekt SAMSON läuft seit ungefähr einem Jahr und ist bis Dezember 2025 finanziert. Projektträger ist die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, gefördert wird es mit 2,8 Millionen Euro vom Bundeslandwirtschaftsministerium. Insgesamt arbeiten daran in Voll- und Teilzeit rund 50 Menschen vom federführenden Fraunhofer IFAM aus Stade, von der HAW Hamburg, der Hochschule 21 aus Buxtehude und der TU Harburg.