Schröder gibt Ehrenbürgerwürde zurück: Gemischte Reaktionen
Der frühere Bundeskanzler Schröder verzichtet auf die Ehrenbürgerwürde der Stadt Hannover. Das Echo fällt geteilt aus. Der Ukraine-Botschafter erklärt Schröders Vermittlungen als gescheitert.
Gerhard Schröder informierte den Oberbürgermeister von Hannover, Belit Onay (Grüne), am Dienstag in einem Brief, den er auch im Karrierenetzwerk LinkedIn veröffentlichte. Dort steht: "Ihr Schreiben vom 11. März 2022 habe ich erhalten. Danach soll der Rat der Stadt Hannover mir die Ehrenbürgerwürde entziehen." Diesem Schritt will der Altkanzler offenbar zuvorkommen: "Ich verzichte unwiderruflich auf die Ehrenbürgerwürde der Stadt Hannover", schreibt Schröder weiter. Im Büro des Oberbürgermeisters gibt man sich bedeckt, denn dort ist das Schreiben des Altkanzlers, der seit 2006 die Ehrenbürgerwürde hat, noch gar nicht eingegangen.
Unterschiedliche Reaktionen im Stadtrat
Der Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion, Lars Kelich, findet, dass Schröders Verzicht auf die Ehrenbürgerwürde Respekt fordere. Der Altkanzler habe lieber selbst die Ehre abgegeben als noch im Stadtrat zur Schau gestellt zu werden. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Felix Semper hätte es dagegen besser gefunden, hätte Schröder auf die Freundschaft zum russischen Präsidenten Wladimir Putin und auf den lukrativen Aufsichtsratsposten beim russischen Gaskonzern Rosneft verzichtet. So aber sei das ganze ein Trauerspiel, sagte er.
Ministerpräsident Weil: "Das tut mir insgesamt leid"
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), selbst ehemaliger OB von Hannover, sagte: "Das tut mir insgesamt leid. Es ist nicht gut für die Stadt Hannover, und es ist nicht gut für Gerhard Schröder." Weil hatte seinem Amtsvorgänger Schröder in den vergangenen Wochen mehrfach nahegelegt, sich von seinen Aufgaben in russischen Unternehmen zurückzuziehen. Schröder ist Aufsichtsratschef beim staatlichen russischen Energiekonzern Rosneft und hat Führungspositionen bei den Erdgas-Pipeline-Projekten Nord Stream und Nord Stream 2.
Stadt Hannover prüft, ob Verzicht ausreicht
Die Stadt Hannover lässt nun juristisch prüfen, ob Schröders Verzichtserklärung auf die Ehrenbürgerschaft ausreicht oder ob noch ein formaler Verwaltungsakt zum Entzug der Ehrenbürgerwürde notwendig ist. Ein Beschluss über den Entzug der Ehrenbürgerschaft war für den 31. März geplant.
Ukrainischer Botschafter enttäuscht vom Vermittlungsversuch
Unterdessen hat der ukrainische Botschafter in Deutschland, Schröders Vermittlungsbemühungen im Ukraine-Krieg für gescheitert erklärt. Schröder war in der vergangenen Woche nach Moskau gereist, um mit Putin über den Krieg in der Ukraine zu sprechen. Dazu sagte der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk jetzt: "Die Sache ist für uns endgültig erledigt." Für die Ukraine machten weitere Gespräche Schröders gar keinen Sinn. Es sei traurig zu beobachten, wie die ganze Sache schiefgelaufen sei.
Ukraine hatte gewisse Hoffnung in Schröder gesetzt
Melnyk betonte noch einmal, dass Schröder die Initiative für die Vermittlungsbemühungen ergriffen habe. Am Sonntagnachmittag habe Schröder persönlich einen ukrainischen Mittelsmann über die Gespräche mit Putin informiert. "Es gab schon gewisse Hoffnung auf Resultate, sonst hätte sich keiner in der Ukraine bereit erklärt, ihm Gehör zu schenken", sagte Melnyk. Die Ergebnisse seien aber "absolut nutzlos" gewesen. Es sei nichts berichtet worden, was die Ukraine nicht schon aus eigenen Gesprächen mit der russischen Seite gewusst habe, so Melnyk. Er sprach von einem "Trauerspiel" und sagte, es sei "sehr schade, dass diese Chance vergeudet wurde".