Verfassungsschutz: Abteilung für Rechtsextremismus führungslos
Innenministerin Behrens will den Rechtsextremismus in Niedersachsen entschlossen bekämpfen. Doch eine Schlüsselstelle im Verfassungsschutz ist seit mehr als einem Jahr unbesetzt. Das sorgt für Kritik.
"Rechtsextremismus ist die größte Gefahr für die Demokratie": Das betont Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) immer wieder. Doch der zuständige Bereich im Verfassungsschutz hat seit einem Jahr weder Chef noch Chefin.
Themen wie "Reichsbürger", Neonazis und AfD im Fokus
In dem Referat geht es um Gruppen von "Reichsbürgern", um Neonazis, um die umtriebige rechtsextreme Musikszene - Themen, die derzeit bei Sicherheitsbehörden hoch im Kurs stehen und Teilen der Gesellschaft große Sorgen bereitet. Und es geht dort um die AfD, die vom Verfassungsschutz in Niedersachsen bislang als Verdachtsfall eingestuft ist. Im Mai steht die gesetzlich vorgeschriebene Entscheidung an, ob es bei dieser Bewertung bleibt.
Stelle ist seit März 2023 vakant
Doch ausgerechnet die Leitung dieser wichtigen Abteilung ist nicht mehr besetzt, nachdem der vorherige Chef im Februar 2023 in den Ruhestand gegangen war. Ein Politik- und Sozialwissenschaftler, dessen Analysen im Verbund der deutschen Verfassungsschutzämter für ihre Präzision hoch im Kurs standen.
Externe Bewerber offenbar unerwünscht
Die Stelle wurde auch nicht öffentlich ausgeschrieben. In Kreisen rot-grüner Innenpolitiker sorgt das nach Informationen des NDR für deutliche Irritationen, nimmt sich das Amt damit doch die Möglichkeit, wissenschaftliche Expertise und neue Impulse ins Haus zu holen. Das Innenministerium antwortet auf Anfrage, eine Ausschreibung sei nicht zwingend erforderlich, es gebe auch die Möglichkeit einer Umsetzung innerhalb der Landesverwaltung. Diese solle "so schnell wie möglich" erfolgen.
Kritik von der FDP
Kritisch sieht das Konstantin Kuhle, FDP-Parteichef und als Parlamentarier im Bundestag auf Sicherheitsthemen spezialisiert. "Wichtige Führungspositionen müssen zügig besetzt werden", sagte Kuhle dem NDR. "Der Staat muss gegenüber gewaltorientierten, extremistischen Bestrebungen die Zähne zeigen. Wenn der Rechtsextremismus nach Aussagen der Innenministerin oberste Priorität hat, darf die entsprechende Aufstellung des niedersächsischen Verfassungsschutzes nicht weiter auf sich warten lassen."
Innenministerium: "Referat ist voll handlungsfähig"
Das Innenministerium hält diese Kritik für unbegründet. Der Fachbereich sei personell gut aufgestellt und verfüge "über gut geschultes und sehr kompetentes Personal". Die aktuelle Stellvertretung verfüge über mehrjährige Erfahrung im Referat. Im offiziellen Organigramm allerdings ist derzeit niemand benannt, der mit der Wahrung der Geschäfte der Referatsleitung betraut ist.