Schlossfestspiele: Mozart up platt in Schwerin
Die Schlossfestspiele Schwerin haben mit einer niederdeutschen Fassung der Mozart-Oper "Bastian et Bastienne" begonnen. Bis zum 17. Juli stehen neun weitere Produktionen an Spielorten in der ganzen Stadt auf dem Programm.
"Bastian hett sin Söcken vergäten". Und während seine reizende Barbara sogleich losläuft, um ihm die fehlenden Socken zu holen, verführt ihn "das Fräulein vom Schloss" hinter der Scheune. So nimmt das Unheil seinen Anfang. Die Fritz-Reuter-Bühne hat frei nach Mozarts Oper "Bastian et Bastienne" ein zauberhaftes kleines Singspiel entwickelt - und dabei das Original ohne Scheu vollkommen umgestaltet. Sowohl das Libretto als auch die Musik lassen sich wohl noch erahnen, aber der Charme des Stückes liegt gerade in seiner freien Interpretation.
Schon vor einigen Jahren hatte Manfred Brümmer, der langjährige Dramaturg des niederdeutschen Ensembles, das Libretto der Mozart-Oper ins Plattdeutsche übertragen - einfach aus Freude an dem Werk und weil es sich anbietet. Denn das Stück spielt auf dem Lande, wo die eifersüchtige Schäferin Bastienne (in Schwerin heißt sie Barbara), mit Hilfe des vermeintlichen Zauberers Colas (in Schwerin: Kohlhaas), ihren Liebsten, der gern mal nach anderen Mädchen schaut, ganz für sich gewinnen will.
Kombination aus platt- und hochdeutschen Dialogen
Die Inszenierung von Henriette Sehmsdorf erweitert die Handlung und stellt dem Schäferpaar einen Herzog und seine Fürstin gegenüber. Sie sind in einen Streit darüber geraten, wer grundsätzlich Schuld (auch am eigenen, vielfachen) Treuebruch sei: der Mann oder die Frau. Ein Experiment mit ihren treuherzigen Untertanen Bastian und Barbara soll Aufschluss darüber bringen. So plant der Herzog als Zauberer Kohlhaas, die unschuldige Barbara zu verführen, während die Fürstin sich an den schlichten Bastian heranmacht. Dabei greift die Regisseurin auch Motive aus der berühmten Romanverfilmung "Gefährliche Liebschaften" auf, zum Beispiel wörtlich die prägnante These: "Dagegen bin ich machtlos".
Die Kombination aus diesen Werken sowie der Wechsel von platt- und hochdeutschen Dialogen sorgen für einen abwechslungsreichen, flotten und unterhaltsamen Abend, der mit wenig Ausstattung auskommt. Unkonventionelle Aufführungen mit geringem Budget sind eine Spezialität von Henriette Sehmsdorf, die viele Jahre lang die Opernale Vorpommern auf diese Weise gestaltet hat und dabei stets die Besonderheiten des Spielortes nutzte. So auch bei "Bastian un Barbara", der ersten Produktion im Rahmen der Schweriner Schlossfestspiele.
Premierenabend in herrlicher Kulisse
Die Handlung scheint im Freilichtmuseum Schwerin/Mueß am authentischen Ort zu spielen. Die Museumsanlage ist geprägt von alten Bauernhäusern, Scheunen und Werkstätten, von Obstwiesen, Bienenkästen und Schafen. Die Aufführung spielt vor einem alten Maschinenunterstand, im Hintergrund blöken die Schafe, die Besucher sitzen unter Kirschbäumen in der Abendsonne - ein Premierenabend in herrlicher Kulisse. Ein paar Bündel Stroh und vom Rokoko inspirierte, detailverliebte Kostüme für die Protagonisten, viel mehr Aufwand war nicht erforderlich.
Sogar das vom 12-jährigen Mozart ursprünglich vorgesehene Kammerorchester lässt sich in Schwerin auf ein Trio aus Akkordeon, Klarinette/Bassklarinette und Bratsche reduzieren. Eine ungewöhnliche Besetzung mit einem für Mozart völlig untypischen Klang. Auch wurde die Komposition im Arrangement vom musikalischen Leiter Friedrich Bassarak und von Micheal Ellis Ingram, dem Ersten Kapellmeister in Schwerin, ebenso frei interpretiert wie das Libretto von der Dramaturgie.
Überraschende musikalische Effekte
Mozarts klassische Motive verbinden die Musiker undogmatisch mit Stilelementen von Jazz und Swing, Welt- und Tanzmusik, Rock & Pop und sogar Heavy Metall. Das Publikum hat viel Spaß an den überraschenden musikalischen Effekten. Die ebenfalls kostümierten Musiker sitzen unmittelbar im Bühnengeschehen und reagieren spontan auf die Schauspieler der Fritz-Reuter-Bühne, die auch sehr intonationssicher singen.
Deutlich spürbar ist die Freude des Ensembles an dieser Produktion und das überträgt sich am Premierenabend auch auf das Publikum, das die Vorstellung aufmerksam und mit viel Gelächter begleitet. Der Dramaturg Manfred Brümmer konnte diesen Abend nicht mehr erleben, er verstarb im vergangenen Jahr. Dass seine Bearbeitung in diesem Sommer sogar die Schweriner Schlossfestspiele eröffnete, wäre ihm mit Sicherheit ein Vergnügen gewesen.
"Bastian et Bastienne" zwölf Mal im Freilichtmuseum Mueß
Bis zum 17. Juli wird das Stück noch zwölf Mal im Freilichtmuseum Mueß gezeigt. Außerdem stehen im Rahmen der Schlossfestspiele Schwerin noch neun weitere Produktionen auf dem Spielplan, unter anderem die Uraufführung der Naturoper "Wölfe" im Großen Haus des Mecklenburgischen Staatstheaters. Darin geht es um die aktuelle Debatte um die Ansiedlung von Wölfen in Mecklenburg-Vorpommern.
Im Schlosshof wird die Shakespeare-Komödie "Wie es euch gefällt" gezeigt. Und ein neuer Spielort ist die Schwimmende Wiese im Burgsee, dort gibt die Mecklenburgischen Staatskapelle Freiluftkonzerte mit Gästen, zum Beispiel mit Stewart Copeland, dem Schlagzeuger von The Police.
Schlossfestspiele: Mozart up platt in Schwerin
Die Schlossfestspiele Schwerin haben mit einer niederdeutschen Fassung der Mozart-Oper "Bastian et Bastienne" begonnen.
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Freilichtmuseum Mueß
Alte Crivitzer Landstraße 13
19063 19063 Schwerin