"Heimat to go": Doku über Schrebergärten im NDR Fernsehen

Stand: 23.05.2023 17:00 Uhr

Der international preisgekrönte Regisseur Stanislaw Mucha zeigt in "Heimat to go" den liebenswerten Mikrokosmos der Schrebergärten. Die Dokumentation lief in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch im NDR Fernsehen.

von Thorsten Mack

Noch ist sie wirklich überall in Deutschland: Die Welt der Schrebergärten. Hier geht es um mehr als nur ein bisschen Gemüse oder Blumen. Es geht um Kultivierung, um Freiheit, Gemeingut und Gemeinschaft. Der Künstler und Schrebergärtner Alexander von Agoston erzählt: "Das ist Kultur. Das gehört zu unserem Land. Und das ist eines der großartigsten Dinge, die es gibt - etwas, das man unbedingt bewahren muss."

Spießertum war gestern: "Jetzt gärtnern andere Leute"

Sibylle Dawson vom Schrebergarten Gartendorf in Hamburg beschreibt das, was die Kleingärten für sie ausmacht, so: "Man kommt mit Leuten zusammen, die man im Alltag nicht trifft. Die Leute kommen aus allen Schichten, Altersgruppen und Berufen. Der Schrebergarten ist somit ein Mikrokosmos unserer Gesellschaft. Vor drei Jahren war es, glaube ich, das letzte Mal, dass ich hören musste: 'Schrebergarten? Das ist doch eine Spießerveranstaltung!' Das ist vorbei. Das Bild des Schrebergärtners ändert sich dadurch, dass jetzt andere Leute gärtnern." 

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Ein Kleingarten mit vielen Blumen und Gartenhaus. © imago images / blickwinkel

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Der Schrebergarten ist Lebensraum und sozialer Rückzugsort, auch für nicht so Betuchte.  Allerdings verschwinden immer mehr dieser Kleinode - so musste Kleingärtnerin Dawson ihr voriges Grundstück verlassen. "Hamburg ist als Stadtstaat räumlich limitiert. Das bringt das Problem mit sich, dass Schrebergärten, überhaupt auch Parks und Grünflächen, benutzt werden, um darauf Wohnungen zu bauen. Das ärgert uns. Es stört uns nicht, dass auf unserem Garten gebaut worden ist, wenn da sozialer Wohnungsbau entstanden wäre. Auf dem Gelände hatten halt auch viele ältere Menschen einen Garten, die früher nicht so ein großes Einkommen hatten."

Moritz Schrebers Idee: Ein eigenes Karree zur Naherholung 

Die Schrebergärten entstanden meistens an Bahnlinien. Die Idee dahinter war, eine Naherholung für Städter zu schaffen. Das hatte Mitte des 19. Jahrhunderts der deutsche Orthopäde und Hochschullehrer Moritz Schreber im Sinn: ein eigenes Karree mit frischer Luft, gut erreichbar und vor allem für alle bezahlbar. Ein Träumchen.

Das kleine Stück Nutzfläche wurde so etwas wie eine neue Heimat, nach dem Zweiten Weltkrieg sogar ganz wörtlich, als Wohnraum. "Wir haben im Wohnzimmer geschlafen und zwei Kinderzimmer dann gebaut", erinnert sich Kleingärtnerin Gisela Mollenhauer. "Das war eigentlich nicht erlaubt, weshalb wir Besuch von der Baupolizei kriegten. Wir sollten das wieder abreißen. Die Garagen unten wiederum durften gebaut werden."

"Heimat to go": Im NDR Fernsehen und in der 3sat-Mediathek

Die Dokumentation "Heimat to go" zeigt einen liebenswerten Mikrokosmos. Sie dokumentiert das große Glück im kleinen Garten, mit all seinen Auswüchsen. Es sind Einblicke in einen Raum, bei dem es nicht um Profit und nur selten um Effizienz geht. Dabei wird klar: Schrebergärten sind gleichzeitig ein ziemlich deutsches und ein sehr schützenswertes Gemeingut. Das NDR Fernsehen zeigt den Film in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch um 0 Uhr. Außerdem ist er noch bis zum 8. August in der 3sat-Mediathek abrufbar. 

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Dieses Thema im Programm:

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Dokumentarfilm

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