"Science Illustration": Zeichnungen, die die Welt erklären
Der Bildband "Science Illustration" präsentiert geballtes Wissen vom 15. Jahrhundert bis heute, fast vier Kilo schwer, auf über 430 Seiten - gezeichnet in anschaulichen Illustrationen.
Wir sind umgeben von Illustrationen. Auf dem Handy zum Beispiel - die kleinen Icons von Instagram, der Kamera oder anderen Apps. Illustrationen sind aber auch in Form von Piktogrammen im Supermarkt, der S-Bahnstation oder auf dem Flughafen zu finden. Sie helfen, komplizierte Dinge und Sachverhalte schnell und ohne viele Worte verständlich zu machen. Das gleiche Ziel verfolgen auch wissenschaftliche Zeichnungen: Auch hier sind Illustrationen manchmal hilfreicher als längere Vorträge, um schnelles Verständnis und leichtes Wissen zu vermitteln. Ein voluminöser neuer Bildband aus dem Taschen Verlag versammelt spektakuläre Illustrationen aus mehr als sechs Jahrhunderten.
Präzise Zeichnungen von Galileo Galilei bis John James Audubon
Werden heutzutage oft Fotos und Computersimulationen für eine bessere Verständlichkeit herangezogen, so waren es vor Jahrhunderten Zeichnungen: Mathematiker, Physiker, Ärzte, Ingenieure, Chemiker oder Biologen mussten ihre Ideen und Entdeckungen erklären, um sie glaubhaft machen zu können. So konnte Galileo Galilei 1609 mit seinen Teleskop-Prototypen die Mondphasen beobachten und beweisen, dass der Mond weder perfekt noch regelmäßig gerundet ist. Seine beigen Aquarell-Zeichnungen, die heute wie charmante Zeichenkurs-Skizzen wirken, haben dazu beigetragen, die moderne Astronomie zu entwickeln.
Nicht alle Schaubilder im Buch sind charmant und hinterlassen ein Staunen. Es finden sich anatomische Ausarbeitungen von Gehirnen und Innereien, Darstellungen von Kuhpocken oder Lithographien von Schussverletzungen. Daneben gibt es aber auch viel Mechanisches zu entdecken: die ersten Illustrationen vom Wechselstrom-Generator von Nikola Tesla zum Beispiel. Natürlich darf die Dampflok nicht fehlen, aber auch Elektromagnetisches, wie das erste Telefon von Alexander Graham Bell.
Sind diese Zeichnungen in Schwarzweiß gehalten, faszinieren die Grafiken zur Flora und Fauna durch ihre Farbkraft. So finden sich zwei Abbildungen aus dem monumentalen Werk des US-amerikanischen Ornithologen John James Audubon. In "Birds of America" stellt er die Vogelwelt Amerikas im Maßstab eins zu eins dar. Sechs seiner darin dargestellten Arten sind heute ausgestorben, wie der Riesenalk, ein pinguin-ähnlicher Wasservogel oder der Elfenbeinspecht mit seinem feuerroten Häubchen. Sein Buch war so außergewöhnlich, dass es zu Lebzeiten Audubons 1.000 Dollar gekostet hatte und damit zu den teuersten Werken wissenschaftlicher Illustration überhaupt zählte.
Spannende Begleittexte
Alle Illustrationen sind von einer erstaunlichen Präzision und Meisterschaft. Kein Wunder, ein falscher Strich und die wissenschaftliche Glaubwürdigkeit wäre dahin, wie bei den geografischen Abbildungen von Landkarten und Kontinenten. Heute schmunzelt man manches Mal, wenn zum Beispiel in einer Illustration Islands aus dem Jahr 1585 bizarre Seeungeheuer um die Insel herum aufploppen wie lauter kleine Nessis.
"Science Illustration", so der Titel dieser XL-Ausgabe vom Taschen-Verlag, stellt nicht nur die großartigen Zeichnungen vor, sondern präsentiert auch durch erklärende Begleittexte die dazugehörigen Wissenschaftler. Bekannte wie Isaac Newton und Marie Curie, aber auch unbekannte wie Mathieu Orfila. Zum Einfach-nur-drin-Rumblättern ist dieses Schwergewicht sicher nicht geeignet, zu schnell bleibt man an den filigranen Zeichnungen und den spannenden Beschreibungen hängen. Das Buch beweist einmal mehr, dass Wissenschaft Spaß machen kann, wenn sie gut vermittelt wird.
Science Illustration
- Seitenzahl:
- 436 Seiten
- Genre:
- Bildband
- Zusatzinfo:
- A History of Visual Knowledge from the 15th Century to Today
- Verlag:
- Taschen
- Bestellnummer:
- 978-3-8365-7332-0
- Preis:
- 60 €