HSV-Stürmer Robert Glatzel © IMAGO/Eibner-Pressefoto Foto: Marcel von Fehrn

Datenanalyse zum HSV: Wie Torjäger Glatzel noch wertvoller werden könnte

Stand: 14.12.2023 16:44 Uhr

Der HSV droht mal wieder, den Bundesliga-Aufstieg zu verfehlen - Trainer Tim Walter steht in der Kritik. Dabei spielt Torjäger Robert Glatzel so stark wie noch nie. Doch es wäre noch mehr möglich, wenn Walter ihn besser einsetzen würde. Die Datenanalyse

von Florian Neuhauss

Die Daten von GSN sprechen eine klare Sprache: Hamburg erlebt gerade den stärksten Robert Glatzel, seit der 29-Jährige vor zweieinhalb Jahren von Cardiff City an die Elbe gewechselt ist. Und das soll etwas bedeuten: In seiner Premierensaison schoss er 22 Tore für den HSV, im vergangenen Jahr waren es 19 und jetzt sind es auch schon wieder elf. Dazu fünf Vorlagen. Der gebürtige Münchner führt aktuell die Torschützen- und auch die Scorerliste der Liga an.

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Aber: Nach der jüngsten 1:2-Niederlage gegen den SC Paderborn ist der HSV Dritter in der Tabelle und hat mittlerweile vier Punkte Rückstand auf das Spitzenduo St. Pauli und Holstein Kiel. Auch im sechsten Anlauf gibt es mittlerweile große Zweifel, ob der HSV es diesmal zurück in die Bundesliga schafft. Wie passt das damit zusammen, dass der beste Spieler in Höchstform ist?

Ziele verfehlt, aber glücklich in Hamburg

Glatzel ist ein Getriebener, ein Unvollendeter. Nach seinen 13 Treffern für Heidenheim in der Saison 2018/2019 standen dem damals 25-Jährige viele Türen offen. Er entschied sich für Cardiff, das damals in der zweiten englischen Liga spielte. Dort wurde der 1,93-Meter-Mann aber genauso wenig glücklich wie bei seiner halbjährigen Leihe zu Bundesligist Mainz 05.

Mit seinem aktuellen GSN-Index von 68,74 ist Glatzel ein Spieler für die fünf großen Ligen in Europa. Trotzdem wechselte er 2021 in die Zweite Liga zum HSV - und hat den Transfer nie bereut.

"Obwohl wir in den letzten zwei Jahren leider unser großes Ziel verpasst haben, hatte ich die mit Abstand glücklichste Zeit in meiner bisherigen Karriere", sagte Glatzel im Sommer, nachdem er sich gegen einen möglichen Wechsel in die Bundesliga und für den HSV entschieden hatte. "Ich habe mich bei einem Verein noch nie so wohl gefühlt."

Liste von Glatzels Stärken ist lang

Er ist ein Arbeiter, sehr stabil im Zweikampf, spielt mutig, findet oft die richtigen Räume, hat einen sehr guten ersten Kontakt am Ball und einen starken eigenen Abschluss. Außerdem ist der Mittelstürmer - Typ "Zielspieler" - nicht zuletzt wegen seiner Sprungkraft extrem gut im Kopfball. Kurz: Die Fans im Volksparkstadion lieben ihren "Bobby". Und eigentlich wünscht sich auch jeder Trainer einen Spieler wie ihn.

Verwunderung nach öffentlicher Kritik vom Trainer

Und doch musste sich Glatzel kürzlich öffentliche Kritik von Tim Walter gefallen lassen. Ausgerechnet nach seinem Doppelpack in Kiel (Endstand 2:4) machte der Coach die Niederlage nicht zuletzt am Angreifer fest. "Wir kommen sehr gut zurück, das ist eine Qualität der Mannschaft", erklärte der HSV-Coach, nachdem der HSV zunächst einen 0:2-Rückstand ausgeglichen hatte.

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"Da war endlich das zu sehen, was ich von ihnen erwarte, dass der Stürmer in der Box bleibt. Das hat er dann getan und sich damit auch selbst belohnt", fügte Walter hinzu. "Aber wenn ich das nicht über 90 Minuten mache, dann bekomme ich dafür die Quittung."

Walter vermied es, den Namen Glatzel in den Mund zu nehmen. Es war jedoch jedem klar, dass eben dieser gemeint gewesen war.

Glatzel könnte noch deutlich erfolgreicher sein

Mit einem Performance-Score von 65,33 ist Glatzel aktuell der beste Mittelstürmer der Liga. In Summe aller Statistiken spielt er bisher seine beste Saison im HSV-Trikot. Die Daten verraten allerdings: Mit einer wirklich auf ihn zugeschnittenen Spielweise könnte er noch deutlich erfolgreicher sein!

Besonders seine Kopfballstärke kommt kaum zum Zug. Gerade einmal 0,11 Abschlüsse per Kopf sind pro 90 Minuten notiert. Passgenaue Flanken gibt es im Hamburger Spiel viel zu selten. Bakery Jattas Streuung bei den Versuchen ist ziemlich groß. Jean-Luc Dompé pendelt in dieser Saison zwischen Startelf und Ersatzbank. Dabei weist der Wert für die "Player chemistry", die anzeigt, wie gut die Spieler zusammenpassen, für dieses Trio mit 91,93 eigentlich einen sehr guten Wert aus.

HSV-Trainer Walter setzt nicht auf Idealformation

Idealerweise würden Immanuel Pherai und Laszlo Bénes das Offensiv-Quintett komplettieren - und die "Player chemistry" sogar auf 96,05 steigen lassen. Aber: Lediglich zweimal hat Walter alle Fünf gemeinsam in die Startelf berufen. Was sich nur in einigen Fällen mit Verletzungen oder Sperren erklären lässt.

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Das erste Mal stand das Quintett beim 2:4 in Kiel gemeinsam von Beginn an auf dem Platz. Und angesichts der beschriebenen Personalkonstellation leuchtet es ein, dass Walter sich aufgeregt hat, dass sein Mittelstürmer nicht einfach im Strafraum auf Zuspiele gelauert hat. Beim 2:1 gegen Braunschweig sprang zumindest ein Sieg heraus, an dem Glatzel mit einem Assist beteiligt war.

Glatzel kaum ins HSV-Spiel eingebunden

Die Daten zeigen aber auch deutlich, dass Glatzel es schlicht nicht gewohnt ist, vorn lauern zu können. Die 1,38 erhaltenen Schlüsselpässe pro Partie sind noch okay. 13,83 selbst gespielte Pässe und lediglich 9,47 erhaltene Pässe zeigen allerdings, dass er grundsätzlich nur wenig ins Spiel seines Teams eingebunden ist.

Dabei liegt es nicht etwa daran, dass er so viele Bälle verlieren würde (im Schnitt nur 8,38 pro Spiel), seine Passquote von 81 Prozent gehört zu den besten unter den Stürmern der Zweiten Liga, bei den Pässen nach vorne ist er sogar der Beste der Liga.

Eigentlich ist es eine gute Sache, wenn eine Mannschaft variabel in seinem Spiel und nicht zu sehr von einem einzelnen Spieler abhängig ist. Aber der HSV lässt viel Potenzial ungenutzt, wenn Glatzel nicht besser in die Offensive eingebunden wird.

Rettet ausgerechnet Glatzel Walter den Job?

Vor dem Auswärtsspiel beim 1. FC Nürnberg am Sonnabend (13 Uhr/im NDR Livecenter) wird in den Medien für den Fall des Misserfolgs bereits über das Aus von Coach Walter spekuliert. In bisher acht Auswärtsspielen hat der HSV nur einen Sieg gefeiert. Der HSV könnte bis auf Rang fünf abrutschen.

Lange wurden die Hamburger als der absolute Aufstiegsfavorit gehandelt. Mittlerweile ist die errechnete Aufstiegswahrscheinlichkeit auf 43 Prozent gesunken. Sowohl die Chancen auf die Rückkehr in die Bundesliga als auch die für Walter, seinen Job zu behalten, dürften enorm steigen, sollte Glatzel in Nürnberg wieder mal in Gala-Form auftreten.

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Dieses Thema im Programm:

Sportclub | 17.12.2023 | 22:50 Uhr

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