Werder Bremens Marvin Ducksch (r.) mit Dortmunds Niclas Füllkrug bei der Nationalmannschaft © picture alliance / DPA / Kessler-Sportfotografie
Werder Bremens Marvin Ducksch (r.) mit Dortmunds Niclas Füllkrug bei der Nationalmannschaft © picture alliance / DPA / Kessler-Sportfotografie
Werder Bremens Marvin Ducksch (r.) mit Dortmunds Niclas Füllkrug bei der Nationalmannschaft © picture alliance / DPA / Kessler-Sportfotografie
AUDIO: Ducksch und Füllkrug beim DFB: Die "hässlichen Vögel" sind zurück (2 Min)

Datenanalyse: Diese Rolle kann Marvin Ducksch im DFB-Team spielen

Stand: 18.11.2023 09:18 Uhr

Die Nationalmannschaft sucht unter Neu-Bundestrainer Julian Nagelsmann ihre Identität. Welche Rolle kann Bremens Marvin Ducksch im DFB-Team spielen, was bringt die Wiedervereinigung seinem ehemaligen Werder-Sturmpartner Niclas Füllkrug? Das sagen die Daten.

von Tobias Knaack

"Hässliche Vögel goes international": Was klingt wie der Fortsetzungs-Film einer seichten US-Komödie Mitte der 1990er, ist Füllkrugs Art, seine Freude darüber auszudrücken, dass er mit Ducksch seinen kongenialen Sturmkollegen und Freund aus gemeinsamen Zeiten in Bremen nun in der Nationalmannschaft wiedersieht.

Ducksch erstmals für die DFB-Auswahl nominiert

Werder-Stürmer Ducksch ist von Bundestrainer Nagelsmann für die Testspiele gegen die Türkei heute in Berlin (20.45 Uhr) und drei Tage später in Wien gegen Österreich erstmals in den DFB-Kader berufen worden. Das von Füllkrug einst selbstironisch als "hässliche Vögel" betitelte Duo könnte also bald gemeinsam den Bundesadler auf der Brust tragen.

Für Ducksch, der weite Teile seiner Karriere in der 2. Liga bei Holstein Kiel, St. Pauli und Hannover 96 spielte und sich erst nach Werders Aufstieg 2022 als Bundesliga-Stürmer etablierte, ist es im Alter von 29 Jahren die Chance, sich als Spätberufener in den Kader für die Heim-EM im kommenden Jahr zu spielen.

Ducksch und Füllkrug - zusammen besser

Er hoffe darauf, "dass ich meine Chance bekomme, mich zu zeigen", sagte er unter der Woche. Und das gerne an Füllkrugs Seite. Denn der betont: "Wir haben eine Verbindung aufgebaut, die ich noch zu keinem anderen Spieler hatte." Ein Blick auf den Performance-Score stützt seine Wahrnehmung.

In der Zweitliga-Saison 2021/2022, der ersten gemeinsamen der beiden beim SVW, lag Füllkrugs Wert bei 63,01, wenn Ducksch an seiner Seite stand, bei 60,40, wenn nicht. In der darauffolgenden Spielzeit, nun in der Bundesliga, verhielt es sich ähnlich: Füllkrug mit Ducksch bei 62,77, ohne bei 60,98.

Der Werder-Angreifer ist ein "solider Bundesligaspieler"

Eine Aussage, die umgekehrt aber auch für Ducksch gilt. 2021/2022 lag sein Performance-Score mit Füllkrug bei 61,43, ohne ihn bei 58,37. Und in der folgenden Spielzeit bei 59,71 mit und 58,47 ohne den gebürtigen Hannoveraner.

Aktuell, mit deutlich mehr Last auf seinen Schultern nach Füllkrugs Abgang zum BVB, erreicht der gebürtige Dortmunder Ducksch bei fünf Toren und vier Vorlagen in wettbewerbsübergreifend elf Partien einen Wert von 64,54, was ihn als "soliden Bundesligaspieler" einstuft. Zum Vergleich: An der Spitze dieses Rankings liegen die Stuttgarter Serhou Guirassy und Deniz Undav mit 74,04 respektive 70,31 sowie Bayern Münchens Harry Kane mit 69,06.

Ein "solider Bundesligaspieler" als eine der Hoffnungen für die Heim-EM: Ist das Verzweiflung oder schlicht die Zustandsbeschreibung des deutschen Fußballs im Herbst 2023?

"Ich bin der klassische Bolzplatzspieler, schön mit Steinen auf der Asche." Werder Bremens Marvin Ducksch

Mitnichten. Aus Sicht von Nagelsmann kann es in seinem Versuch, "erst einmal ein System zu perfektionieren", durchaus Sinn ergeben, Ducksch und Füllkrug in der Nationalmannschaft wiederzuvereinen - und deren gutes Verständnis füreinander zu nutzen.

Ducksch beschrieb sich unter der Woche als "Freigeist" mit Wurzeln im Straßenfußball - und Nagelsmann hatte zuvor bereits geäußert, der gebürtige Dortmunder solle einen "guten Grad an Verrücktheit" einbringen. "Ich bin der klassische Bolzplatzspieler, schön mit Steinen auf der Asche", sagte der 29-Jährige: "Ich will mit einem, maximal zwei Kontakten nach vorne."

VIDEO: Werder Bremens Marvin Ducksch glänzt gegen Eintracht Frankfurt (1 Min)

Duckschs besonderes Stürmer-Profil

Die GSN-Daten untermauern Duckschs besonderes Profil. Für einen Stürmer seiner Größe (1,88 Meter) hält er sich sehr wenig im gegnerischen Sechzehner auf (1,87 Ballkontakte - Rang 47 unter allen Bundesliga-Stürmern). Auch bei Zweikämpfen, Laufwerten, Pressing-Situationen oder dem offensiven Eins-gegen-eins erreicht er keine besonders guten, im Zweikampfverhalten sogar unterdurchschnittliche Werte.

Ferner stellt sich die Frage, ob Ducksch überhaupt in Nagelsmanns System passt. Die klare Antwort: nicht per se, denn der Bundestrainer bevorzugt taktisch ein 4-2-3-1 oder auch ein 3-4-2-1. Situativ lässt er auch mal ein 3-1-4-2 oder 4-4-2 spielen wie zuletzt gegen Mexiko (da allerdings mit Thomas Müller und Leroy Sané ohne echten Stürmer).

Bedeutet für Ducksch, dass er wohl eher situativ zum Einsatz kommen wird, wenn auf zwei Spitzen umgestellt wird. Als alleiniger Angreifer ist er gerade aufgrund der fehlenden Körperlichkeit zu schwach.

Duckschs Stärken im Passspiel, bei Standards und der Raumfindung

Was also qualifiziert Ducksch, der sich gerne im linken Halbraum oder auch hängend im Mitteldrittel des Spielfeldes aufhält, für Einsätze in der DFB-Elf?

Es sind unter anderem seine Beweglichkeit, seine Raumfindung und Kreativität, eine gute Präzision und Effizienz bei seinen Abschlüssen, vor allem aber auch seine Distanzschüsse und Standards. Speziell bei direkten und indirekten Freistößen, einem Feld, das nahezu schon chronisch brachliegt, könnte er der Nationalelf weiterhelfen.

Hinzu kommen Duckschs Passqualitäten. Er ist auch als Stürmer in der Lage, lange Bälle zu spielen (3,08 pro 90 Minuten - Platz zwei im Bundesliga-Angreifer-Ranking). Er funktioniert dann ideal, wenn er in einer Doppelspitze mit einem körperlich präsenten Stürmer agiert - wobei Ducksch hier klar die Rolle des Zulieferers und nicht die des Verwerters einnimmt: 3,41 Pässe ins letzte Drittel (Rang fünf) und 3,75 Pässe in den gegnerischen Sechzehner (Rang 12) pro Partie belegen das.

Das Zweikampfverhalten muss besser werden

Um wirklich ein Kandidat für die Europameisterschaft im kommenden Jahr zu sein, muss der international komplett unerfahrene Ducksch aber seine Zweikampfführung und sein Zweikampfverhalten verbessern - gerade, weil diese Wettbewerbe sehr oft eine nochmal gesteigerte Intensität mit sich bringen.

In Kombination mit einem zweiten Stürmer aber könnte er durchaus weiterhelfen. Und dass der Werder-Angreifer "den Fülle sehr, sehr gut" kennt, sei zumindest "eine Komponente" in den Überlegungen des Trainerteams gewesen, wie Nagelsmann wissen ließ.

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Und auch Ducksch sagt durchaus selbstbewusst, dass die DFB-Auswahl "hinter Niclas Füllkrug noch auf Stürmersuche" sei. Die Rolle kennt er ja. An das Niveau beim viermaligen Weltmeister habe er sich zügig gewöhnt. "Ich habe mich relativ schnell anpassen können. Ich will immer was dazulernen."

Jenseits der Spiel-Daten haben die (erfolgreichen) Jahre der DFB-Elf gezeigt, dass Freunde in der Nationalmannschaft hilfreich sein können für das wichtige Binnenklima: Bleibt also abzuwarten, ob "Hässliche Vögel goes international" im kommenden Sommer ein Kassenschlager wird. Ducksch wird von heute an alles dafür tun.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 2 Sport | 18.11.2023 | 23:03 Uhr

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