NDR Radiophilharmonie
Donnerstag, 10. November 2022, 20:00 bis
22:00 Uhr
Am 3. November war die Pianistin Yeol Eum Son zu Gast bei der NDR Radiophilharmonie und Chefdirigent Andrew Manze - und trat zum ersten Mal gemeinsam mit dem Orchester im Großen Sendesaal des NDR in Hannover auf. Vor acht Jahren war sie mit der NDR Radiophilharmonie auf einer China-Tournee aufgetreten.
Das Konzert in Hannover war ein Heimspiel für die südkoreanische Pianistin, die zwar überall auf der Welt auftritt, aber in Hannover noch immer eine Wohnung hat. Denn hier hat sie studiert, bei Arie Vardi, der auch im Konzert war, wie so viele andere, dass der Große Sendesaal bis auf den letzten Platz gefüllt eine besondere Atmosphäre verströmte.
Musik als Therapie
In diese besondere Atmosphäre hinein spielte Yeol Eum Son das zweite Klavierkonzert von Sergej Rachmaninow, das heute so enorm populäre Werk, das dem Komponisten einst half, über die misslungene Uraufführung seiner ersten Sinfonie hinwegzukommen. Rachmaninow bekam während der Komposition Unterstützung von dem Psychiater und Hypnotiseur Nikolai Dahl.
Er sprach in Formeln zu Rachmaninow: "Du wirst dein Konzert schreiben … du wirst mit großer Leichtigkeit arbeiten … Das Konzert wird von exzellenter Qualität sein …". Mit diesen Sätzen half Dahl Rachmaninow, sein Trauma zu überwinden. Das Konzert gehört heute in seinem schwelgerischen Duktus zu seinen beliebtesten Werken.
Triumph des menschlichen Geistes
Auch Sergej Prokofjews fünfte Sinfonie ist eine seiner besonders populären Kompositionen, umjubelt in vielen Teilen der Welt, unter außergewöhnlichen Umständen uraufgeführt am 13. Januar 1945 in Moskau. An diesem Tag überschritt die Rote Armee die Weichsel - es war der Beginn der finalen Offensive gegen Hitler-Deutschland.
Zwischen Lob und Schmähung
Wie Schostakowitsch wurde Prokofjew in der Sowjetunion gefeiert wie geschmäht. Aber während Schostakowitsch sich am System aufrieb, war Prokofjew, wie der legendäre Cellist Mstislaw Rostropowitsch es einmal formulierte, "zu seinem Glück ein großer Egoist; außer seiner Musik interessierte ihn nichts".
Prokofjew opponierte weder, noch passte er sich vollends an. So lässt er auch in seiner Aussage über die Fünfte Sinfonie als Werk des "Triumphs des menschlichen Geistes" offen, ob es mit Blick auf die sowjetische Gesellschaft oder/und die universale Menschheit geschaffen wurde.
Klangliche Härten, martialisch-heroischer Ausdruck, aber auch sensible Melodien wie seltsam Groteskes prägen die Fünfte. Eine Sinfonie, die fasziniert - und in unserer aktuellen Gegenwart zugleich irritiert, erschreckt, Fragen aufwirft, das Hören zu einem Wechselbad der Gefühle werden lässt.
Eine Sendung von Raliza Nikolov.