40 Jahre Lampenfieber: Die Henneberg-Bühne in Hamburg-Poppenbüttel
Nach einer langen Corona-Pause kann die 1982 gegründete Henneberg-Bühne endlich wieder Theater spielen und ihr Publikum begeistern. In der Jubiläumssaison 2022 wird im Herbst Hans-Helge Otts Komödie "Huus an't Meer" gespielt
Die Henneberg-Bühne wurde von der Corona-Pandemie besonders hart getroffen. Zum einen stand im März 2020 das Stück "Huus an't Meer“ kurz vor der Premiere, als der Theaterbetrieb abgebrochen werden musste. Zum zweiten arbeitet die Henneberg-Bühne in einem sensiblen Bereich: Proben, Aufführungen, Fundus, Werkstatt - alles, was die Amateurbühne aus Poppenbüttel im Hamburger Nordosten macht, findet in der Altenwohnanlage Hospital zum Heiligen Geist statt, wo viele Menschen aus "vulnerablen Gruppen" leben und deswegen strenge Corona-Maßnahmen durchgeführt werden mussten und müssen.
"Dornröschen-Schlaf" nennt "Huus an't Meer"-Regisseurin Martina Prostak den fast zwei Jahre dauernden Zustand, in den die Henneberg-Bühne fiel. Bis dann im Frühjahr 2022 dank gelockerter Corona-Regeln wenigstens ein kleiner hochdeutscher Einakter ("Eine Leiche zum Kaffee") aufgeführt werden konnte.
Ein Zeitungsaufruf am Anfang
Eine Henne auf einem Berg zeigt das Logo der Poppenbütteler Amateurbühne. Es erinnert an Otto Henneberg, einen verdienten Hamburger Bürger und Förderer aus den Anfangstagen des Vereins. Im Oktober 1981 fand sich durch einen Zeitungsaufruf der theaterbegeisterten Ruth Redetzki eine Gruppe von rund 20 Leuten, die Lust aufs Theater spielen hatten - aber noch nicht ahnten, wie groß der Aufwand sein würde.
Start im März 1982
Start war im März 1982 mit dem Stück "De Radikalkur" von Max König. Die Aufführungen fanden in den Anfangsjahren in Schulen statt - und zusätzlich als "Sommer-Theater" im Park der Hennebergs. Und die Wanderbühne fuhr auch zu auswärtigen Gastspielen, bei denen Tiefpunkte nicht ausblieben: ganze zwei Zuschauer in Hamburg-Ohlstedt, 20 Leute in einem riesigen Theater in Hannover.
Unterstützung von Ohnsorg-Star Edgar Bessen
Lange Jahre war der Vereinsvorsitzende Günter Müller das Herz der Bühne. Durch ihn entstand auch der Kontakt zu Ohnsorg-Star Edgar Bessen, der in Poppenbüttel wohnte. Das langjährige Vereinsmitglied Hella Ahrendsen erinnert sich gern an die Jahre mit Edgar Bessen als Henneberg-Fan, der auch gern mal demonstrierte, wie man es nicht machen sollte: "Wenn Edgar uns wat wiest hett, denn kunn man fix wat lernen! Un ik mutt ehrlich seggen, he weer en ganz, ganz grote Hölp för uns, bet to’n Schluss." Auch Martina Prostak hat schon gleich bei ihrer ersten Rolle von Edgar Bessen profitiert, denn sie sollte Tango tanzen und "Edgar hett mi dat bibröcht."
Auch ein Shanty-Chor gehört zum Verein
Vorbei sind heutzutage die Jahre als Wanderbühne. Seit 1994 hat die Poppenbütteler Amateurbühne ihre feste Bleibe im Hospital zum Heiligen Geist - für die Henneberger ein komfortables Dasein, verglichen mit vielen anderen Amateurbühnen. Mit zum Verein gehört auch ein Shanty-Chor, der 2023 sein 30-jähriges Bestehen feiern kann. Sogar acht Konzerte in Australien verzeichnet die Vereins-Chronik. Insgesamt besteht der Verein Henneberg-Bühne aus rund 170 Mitgliedern. Die Vorstandsarbeit teilen sich Carsten Stiesch, Katrin Grzesiak und Dirk Gosau.
Langsamer Wechsel ins Hochdeutsche
Während die alljährlichen Weihnachtsmärchen schon immer auf Hochdeutsch stattfanden, prägte die plattdeutsche Sprache den Spielplan für die Erwachsenen-Stücke. Hier findet nun ein langsamer Wandel statt. Mit hochdeutschen Aufführungen wie "Die Mausefalle" oder "Eine Leiche zum Kaffee" will sich die Henneberg-Bühne neue Publikumsgruppen erschließen, und für jüngere Schauspielerinnen und Schauspieler ist der Sprung vom hochdeutschen Weihnachtsmärchen in die Erwachsenen-Stücke weniger groß, wenn sie erstmal eine Rolle in ihrer vertrauten Muttersprache spielen können.
Erstes Stück wurde zum Jubiläum neu einstudiert
Ihr 40-jähriges Bestehen hat die Henneberg-Bühne schon im Juni 2022 gefeiert, mit einer Jubiläums-Gala aus Theater, Gesang und Tanz im Festsaal des Hospitals zum Heiligen Geist. Unter anderem wurde ein Ausschnitt des allerersten Henneberg-Stücks "De Radikalkur" neu einstudiert.
Das Herbststück 2022 "Huus an'’t Meer" spielt in der Gegenwart und enthält auch hochdeutsche Passagen, bei denen im Plattdeutschen noch ungeübte Zuschauerinnen und Zuschauer ein bisschen verschnaufen können. Carsten Marón spielt die Hauptfigur, den Mittfünfziger Bodo Schumann. Er erbt von seiner Tante ein Haus am Meer, das er selber bewohnen und auch an Feriengäste vermieten will. Doch das Haus ist nicht unbewohnt, denn die Haushälterin der verstorbenen Tante lebt dort nach wie vor. Und Bodo bleibt nichts anderes übrig, als diese Haushälterin zu "übernehmen". Weitere Personen tauchen auf, das Zusammenleben wird turbulent und nimmt unerwartete Wendungen. Premiere ist am Freitag, 16. September, gespielt wird bis Sonntag, 2. Oktober.
Viele Maleschen vor dem Premieren
Die Rolle der robusten Haushälterin spielt Anne-Christa Petersen. Am Amateurtheater begeistert sie besonders die Gemeinschaft, die jedes Mal neu zusammenwachsen muss, um ein gutes Ergebnis zu erzielen. Genauso geht es auch Regisseurin Martina Prostak, die immer wieder fasziniert davon ist, wie das "Henneberg-Wunder" entsteht: viele Maleschen vor der Premiere, aber "wenn dat denn ernst warrt, denn klappt dat ümmer." Seine nun schon 60. Rolle spielt in "Huus an't Meer" Carsten Marón. Und den Kampf gegen das Lampenfieber hat er mittlerweile aufgegeben, denn Theater spielen ohne Nervosität bleibt wohl eine Illusion: "Also, Edgar Bessen, den hebb ik mol froogt, wo dat is, wannehr dat ophöört, dat mit dat... Beenzitteree un mit dat Hartkloppen un dat na Tantemeier (hochdt.: zur Toilette) gohn un so. Un denn hett he mi seggt: Wenn dat ophöört, denn bruukst du nich mehr op de Bühn!" Und so kann man der Henneberg-Bühne für ihr nächstes Jahrzehnt wohl am besten "allzeit weiche Knie und nasse Hände" wünschen.