Hannover: Umstrittenes Lüpertz-Fenster ist ein Besuchermagnet
Sieben Jahre hat es gedauert, bis das umstrittene Reformationsfenster des Künstlers Markus Lüpertz in der Hannoveraner Marktkirche eingeweiht wurde. Nun entwickelt es sich zum Besuchermagneten - und mittlerweile komplett durch Spenden finanziert.
Die Türen der Marktkirche klappern, Menschen zücken Handys und Kameras. Sie kommen von überall - teilweise reisen sie aus Basel oder den Niederlanden an. "Nach meiner Schätzung kommen mindestens 100 Menschen pro Tag", sagt der Pastor der Marktkirche, Marc Blessing. "Wenn wir noch die besonderen Konzerte und Kulturveranstaltungen dazu zählen, sind es mehr als 1.000 pro Woche."
Mehrheit der Besucher vom Fenster von Markus Lüpertz begeistert
Seit dem Reformationstag ist das umstrittene Fenster rechts vom Altar zu sehen, knallbunt, mit unter anderem dicken Fliegen und einem rot-schwarzen Gerippe. Das Fenster polarisiert. Auf einer extra dafür aufgestellten Pinnwand sammeln sich Kommentare wie "Ein großer Gewinn" oder "Wer spendet für die anderen Fenster?". Aber auch Kritik: Das Fenster sei banal oder uninspiriert. "Viele sagen, dass es großartige Kunst ist. Das ist die Mehrheit", meint Blessing.
Rechtsstreit um das Fenster
Der Erfolg des Fensters stand in den vergangenen sieben Jahren mehrfach auf der Kippe. Im Jahr 2016 wollte der ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder der Marktkirche ein Kunstwerk schenken. Nach ersten Gesprächen stand fest: Der Künstler Markus Lüpertz soll ein Kirchenfenster entwerfen.
Das gefiel aber dem Inhaber der Urheberrechte der Architekten der Marktkirche, Dr. Georg Bissen, nicht. Er lehnte die Pläne und weitere Gespräche ab. Der Kirchenvorstand ließ daraufhin das Fenster produzieren, wollte aber mit dem Einbau warten, bis der Streit beigelegt ist. Der Rechteinhaber zog vor das Landgericht in Hannover. Nach drei Jahren entschied das Oberlandesgericht Celle, das Fenster dürfe eingebaut werden.
Kontroverse Schröder - Fenster ist durch Privatspenden
Doch damit war das Drama ums Fenster nicht beendet. Russland griff im Februar 2022 die Ukraine an, und Gerhard Schröder distanzierte sich nicht von seinem Freund Wladimir Putin. Damit war klar: Die Marktkirche wird die Spende vom Altkanzler nicht fürs Fenster nutzen und stattdessen für humanitäre Hilfe in der Ukraine geben. Rund ein Dutzend Privatleute, überwiegend aus dem Großraum Hannover, hätten insgesamt 125.000 Euro gespendet, sagte Marktkirchen-Pastor Marc Blessing am 13. Februar dem Evangelischen Pressedienst. Damit seien die Herstellungskosten vollständig abgedeckt.
Aufgrund des hohen Andrangs möchte die Kirche die Kunstführungen von Ehrenamtlichen weiterhin anbieten. Außerdem wird eine eigene Predigtreihe über das Fenster für den nächsten Reformationstag im Jahr 2024 geplant.