Schriftstellerin Nancy Salchow: Rummel der Buchmesse ist nichts für sie

Stand: 21.03.2024 06:00 Uhr

Ein Autorenleben in Mecklenburg-Vorpommern: Das klingt nach Ruhe und viel Freiraum für die eigenen Ideen. Das ist auch das, was die Schriftstellerin Nancy Salchow so liebt und für ihre Arbeit braucht. Was ist ihr Erfolgsrezept?

von Carlo Ihde

Schätzungsweise eine halbe Millionen E-Books hat sie seit 2011 verkauft. Damit ist sie vermutlich die meistgelesene Autorin aus Mecklenburg-Vorpommern. Hinter dem alten Bauernhaus zischt gelegentlich ein ICE vorbei. In die Stille danach fallen die Hühner und Enten von Nancy Salchow ein. Landidylle mit Mann und Kind, Hunden und Katzen. Hier entstehen Liebesromane, die zigtausendfach gelesen werden. "Das Wort Karriere finde ich immer etwas befremdlich, aber das kann man wohl sagen, wenn man davon lebt. 2011 habe ich das erste Buch über Droemer-Knaur veröffentlicht, es war aber nur elektronisch. Seit Februar 2017 mache ich das hauptberuflich."

Die Autorin vermarktet ihre Bücher online

Ein Wettbewerb über eine Verlagsplattform brachte vor 13 Jahren den Stein ins Rollen. Nach dem ersten Achtungserfolg schlossen sich Verträge über gedruckte Bücher an. Schon als kleines Mädchen träumte Nancy Salchow davon, mal ein eigenes Buch in den Händen zu halten. "Die ganze Welt wartet auf meine Bücher: Das war natürlich nicht so. Ich hatte aber noch Kurzromane in der Schublade, und dann habe ich gedacht: Mensch immer mehr Selfpublisher fangen jetzt an, ihre Bücher für 99 Cent anzubieten. Dann habe ich meine Sachen einfach hochgeladen und geguckt, was passiert." Im ersten Monat hat sie 400 Euro verdient, im zweiten 700 und im dritten Monat über 1.000 Euro."

Leipziger Buchmesse ist nichts für Nancy Salchow

Nancy Salchow klappt ihren Laptop auf. Ein kurzer Blick in die Langzeitstatistik ihres Autoren-Accounts bei Amazon verrät: 90 Millionen Seiten haben Nutzer digital von ihr gelesen. Die gedruckten Bücher sind darin nicht erfasst, machen aber auch nicht den großen Anteil aus. Die 42-Jährige hat ihre knapp 80 Werke größtenteils als Selbstverlegerin veröffentlicht. Sie gestaltet die Cover selber und lädt die Texte bei verschiedenen Anbietern hoch. Selbstvermarktung betreibt sie nebenbei online. Zu den Buchmessen, wie diese Woche in Leipzig, fährt Nancy Salchow schon lange nicht mehr hin. "Ich war früher auch auf Buchmessen. Aber irgendwann habe ich erkannt: Das brauche ich nicht." Die langen Reisen seien verschwendete Energie. "Mich als Super-Autorin zu präsentieren, wo ich mir eigentlich sage: Mein Gott, ich schreibe einfach nur Bücher, dafür muss ich mich jetzt nicht feiern lassen. Ich kann schon verstehen, dass das auch Spaß macht, aber ich mag diesen ganzen Wirbel nicht." Der Stress zahle sich für Autoren wie sie nicht aus. Ihre Leser findet Nancy Salchow sowieso auf digitalem Weg. Sie kann frei arbeiten, ohne vom Verlag diktierte Deadlines, Lesetermine oder Themenvorgaben zu bekommen.

Neuster Roman: "Inselsterne verglühen nicht" spielt in der Wismarer Bucht

Vor wenigen Wochen erschien ihr neuester Liebesroman, "Inselsterne verglühen nicht". Schauplatz ist die Wismarer Bucht. Die Hauptfigur Ronja will hier ihre schmerzhafte Scheidung verarbeiten und kehrt dafür aus der Großstadt in die mecklenburgische Heimat zurück.

Ich bin wieder hier. Nach über sieben Jahren bin ich tatsächlich wieder auf meiner Insel Poel. So eilig ich es damals hatte, hier wegzukommen, so warm wird mir jetzt ums Herz, mit jedem Meter, den ich mich der Brücke nähere. Links von mir grasen die Pferde auf den Landzungen. Wie ein Daumenkino ziehen die orangefarbenen Metallstäbe der Brückenbrüstung in meinem Augenwinkel vorbei.

Auf der Insel verliebt sich Ronja unerwartet neu. Die Liebe: Das ist und bleibt Nancy Salchows großes Thema.

Ihren Mann Peter hat sie in der Psychiatrie kennengelernt. Sich von schweren Schicksalsschlägen und Depressionen zu befreien, dabei hat ihr auch das Schreiben geholfen. Ihr Buch "Das Leben, Zimmer 18 und du" war 2013 ein regelrechter Bestseller, wurde auch als Hörbuch veröffentlicht. Das gab ihr viel Kraft. "Durch diese Schicksalsschläge habe ich besser erkannt, was mir gut tut. Mein Zwillingsbruder und meine Mutter sind vor zwölf Jahren kurz hintereinander an Krebs gestorben. Als ich in dieser Klinik war, habe ich gemerkt, was mir im Alltag nicht gut tut. So sein, wie ich bin, keine Erwartungen, keine Pressetermine, einfach nur schreiben, schreiben, schreiben. Das ist für mich das Paradies." Und wie im Paradies bekommt jede ihrer Liebesgeschichten ein Happy End verpasst. Beim Schreiben der schönen Schlüsse geht Nancy Salchows Blick durchs Fenster, auf Bahngleise, pickende Hühner und in der Sonne dösende Katzen.

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