Till Brönners Blick aufs Ruhrgebiet
Als Jazz-Trompeter steht Till Brönner seit vielen Jahren auf den Bühnen der Republik. Durch Zufall entdeckte er eine zweite Leidenschaft: das Fotografieren. Vor fünf Jahren erschien ein Buch mit Porträt-Aufnahmen, die er von berühmten Kolleginnen und Kollegen machte. Nun hat es Brönner mit einem neuen Projekt bis ins Museum geschafft. Im Auftrag des Museums Küppersmühle in Duisburg hat er Fotos vom Ruhrgebiet gemacht. "Melting Pott" heißt das Ergebnis - Pott mit Doppel-T. Die Fotos sind noch bis zum 6. Oktober im Museum Küppersmühle ausgestellt.
Ein Bergmann mit Helm und Grubenlampe auf dem Kopf, sein schmutziges Gesicht schaut direkt in die Kamera. Aus zwei Fenstern schauen drei kostümierte Gestalten heraus. Ein Mann mit Glitzerhut, einer im groß-geblümten 70er-Jahre-Hemd und eine Frau mit schwarzem Hexenhut. Es sind Fotografien des Jazz-Trompeter Till Brönner, der für das Projekt "Melting Pott" ein Jahr mit seiner Kamera im Ruhrgebiet unterwegs war und Momente wie diese einfing.
"Ich glaube, man muss den Mut haben, es so zu zeigen, wie es einem begegnet. Ich hatte zu Anfang das Gefühl, wissen zu wollen, welche Fotos ich denn machen möchte. Auch die Recherche hat Dinge ergeben, bei denen ich dachte: Da fährst du mal hin und machst jetzt ein Foto. Und dann bin ich oft mit leeren Händen zurückgekommen und habe mich gefragt, warum. Irgendwann fiel mir auf: Wenn ich mit dem Suchen aufhöre, das feste Bild im Kopf aufgebe und einfach das fotografiere, was mir begegnet, dann komme ich dem Ruhrgebiet viel, viel näher", so Brönner.
"Melting Pott": Ein Spiel mit Klischees?
Auf seinem Streifzug durch den Pott entstanden hunderte Fotos in Schwarz-Weiß. Viele Bilder sind aber auch farbig: das vom Duisburger Hafen zum Beispiel. Das Hafenbecken liegt unberührt da, der Arm eines Krans schwebt über einem Schiff. Aus einem Fabrikschlot im Hintergrund entweicht viel Dampf, die Sonne scheint von links ins Bild - unmöglich zu sagen, wo der Qualm der Fabrik aufhört und die Wolken beginnen. Ein ausdrucksstarkes Bild, aber zeigt es nicht ein Klischee? "Ich glaube, dass das Ruhrgebiet mit vielen Klischees über sich selbst konfrontiert worden ist - und das manchmal nicht so gut findet. Meine Aufgabe war es, diese Klischees vielleicht nicht zu hundert Prozent zu beleuchten, sondern meine ganz persönliche Till-Brönner-Sicht zu zeigen“, sagt Brönner.
Es ist die Sicht eines Außenstehenden, auch wenn Brönner am Niederrhein geboren wurde. Neugierig und empathisch erforscht er das Ruhrgebiet. Versucht Stimmungen und Emotionen einzufangen, die Einmaligkeit des Moments. Das verbindet die Fotos mit seiner Musik, dem Jazz. Und ein Thema darf natürlich nicht fehlen, wenn es ums Ruhrgebiet geht: Fußball. Es gibt über 30 Fotos von Stadiontrompetern, Einlaufkindern, Trainern, Spielern - und Fans. Till Brönner hat seine Fußballbilder alle in Schwarz-Weiß aufgenommen. So kann man als Betrachter oft nicht auf den ersten Blick erkennen, ob es sich um Schalke 04 oder Borussia Dortmund handelt - ein witziger Einfall!
Till Brönner fotografiert Sönke Wortmann und Dunja Hayali
Die Menschen im Pott sind Till Brönner wichtig, das spürt man an vielen Stellen. Er zeigt die Gesichter der "einfachen Leute": den Besitzer einer Currywurst-Bude, die Pudel-Frisörin und den Taubenvater. Für den letzten Abschnitt des Buchs holte er zahlreiche Promis vor seine Kamera: unter anderem Sönke Wortmann, Elke Heidenreich und Dunja Hayali. Die Menschen seien schließlich die DNA des Ruhrgebiets - ehrlich und gradlinig, sagt Till Brönner. Und das gefalle ihm.
Brönner zeigt in "Melting Pott" das Nebeneinander von arm und reich, Industrie und Natur, Schönheit und Schäbigkeit. Ein subjektiver, lohnenswerter Blick aufs heutige Ruhrgebiet, an dem man sich als Betrachter aber auch reiben kann.
Melting Pott
- Seitenzahl:
- 224 Seiten
- Zusatzinfo:
- Verlag:
- Wienand Verlag
- Veröffentlichungsdatum:
- 17.07.2019
- Bestellnummer:
- 978-3-86832-538-6
- Preis:
- 35,00 €