Norddeutsche Verlage auf der Buchmesse: Endlich wieder netzwerken
Seit zwei Tagen läuft die Frankfurter Buchmesse. Man trifft viele Besucher*innen aus dem In- und Ausland und hört unterschiedlichste Sprachen. Doch auch einige norddeutsche Verlage und Autor*innen präsentieren sich in Frankfurt.
Die Frankfurter Katharinenkirche am gestrigen Nachmittag: Knapp 100 Menschen sitzen verstreut in den hölzernen Bänken. Vorne vor dem bronzenen Altar - wie immer ganz in schwarz - der Kieler Autor Feridun Zaimoglu. Er stellt hier seinen neuen Roman "Bewältigung" vor. Das Buch handelt vom Versuch eines Autors, ein Buch über Adolf Hitler zu schreiben. Das sorge regelmäßig für interessierte und verstörte Fragen der Leserinnen und Leser. "'Wie weit sind Sie gegangen in diesem Buch?', 'Verkörpern Sie Hitler in diesem Buch und wieso machen Sie das eigentlich?', 'Wollen Sie uns auf die Nerven gehen mit diesem Buch?' Es kommen dann tatsächlich Fragen über die Gegenwart. Das ist ja das Schöne", sagt Feridun Zaimoglu.
Autorin Romy Fölck als Botschafterin für die Elbmarsch
"Die Rückkehr der Kraniche" heißt der Familienroman der Schriftstellerin Romy Fölck, der - wie alle ihre Bücher - in der Elbmarsch in Schleswig-Holstein spielt, wo die Autorin seit zehn Jahren lebt. "Ich möchte raus in die Welt gehen und sagen: Guckt mal, wie schön es bei uns ist", sagt die Autorin. "Es wäre schön, wenn ich so eine kleine Botschafterin für diese schöne neue Heimat sein könnte."
Romy Fölck hat ihre Lesungen bereits hinter sich und freut sich nun auf einen ganzen Tag Messegetümmel: "Es ist einfach ein Branchentreffen. Ich hoffe, Kollegen zu treffen, ich hoffe, Büchermenschen zu treffen, Bücher-Blogger*innen. Ich bin total gespannt, wer mir über den Weg läuft. Es ist Aufregung pur."
Netzwerken auf der Frankfurter Buchmesse - endlich wieder vor Ort
Auch Franziska Otto, Verlegerin bei der Edition Nautilus in Hamburg, will sich die Zeit nehmen, um über die Messe zu bummeln: "Ich werde mir den Spanien-Auftritt auf jeden Fall anschauen und dann schaue ich mich bei den Kollegen um. Das ist auch ein Aspekt: Ich bin froh, dass die Messe wieder stattfindet und wir uns alle wiedersehen können. Und die Neuerscheinungen der Kolleg*innen will ich auf jeden Fall ansehen."
Außerdem begleitet sie den spanischen Autor José Ovejero bei seinen Auftritten im Rahmen des Gastlandauftritts. Die Zeit auf der Frankfurter Buchmesse nutze ihr Verlag vor allem zum Netzwerken: "Wir machen vielleicht nicht die ganz großen Deals hier im Agent Center, aber das ist immer ein wichtiger Punkt: die Verlage zu treffen, die vielleicht ein ähnliches Programm haben, um sich auszutauschen, um dann Titel einzukaufen oder zu erwägen, sie übersetzen zu lassen oder ins Ausland zu verkaufen."
Existenzbedrohliche Situation für kleine Verlage
Der Greifswalder Katapult-Verlag setzt zusätzlich noch auf eine weitere Karte: "Wir haben einen recht auffälligen Stand. Man erlebt, dass Leute aufmerksam werden, die uns noch nicht kannten. Das ist immer eine große Freude. Das war letztes Jahr hier in Frankfurt auch schon so und scheint sich jetzt wieder zu bestätigen", erklärt Sebastian Wolter vom Verlag. Das können sich aber nicht mehr alle Verlage leisten - schon gar nicht die kleineren.
Der Merlin-Verlag aus dem niedersächsischen Gifkendorf hat sich deshalb entschieden, an einem Gemeinschaftsstand vertreten zu sein. Bei aller Freude, wieder auf der Buchmesse zu sein, macht sich Verlegerin Katharina Eleonore Meyer aber auch große Sorgen: "Wir sind im Prinzip ganz gut durch die Pandemie gekommen - die ersten zwei Jahre. Letztes Jahr war ganz wunderbar und dieses Jahr ist ein kompletter Einbruch. Wir haben jetzt eine extreme Situation, die tatsächlich auch nach allem, was man von den Kollegen hört, für viele existenzbedrohend ist."
Unsichere Zeiten durch hohe Papier- und Energiepreise
Die hohen Papier- und Energiepreise machten es schwierig, Bücher zu kalkulieren. Da sind sich die Verleger*innen einig. Aufgeben sei aber keine Option: "Die Konsequenz ist, dass man sich zurückzieht und nur noch die Sachen abverkauft, die man gemacht hat. Aber das ist nicht das, was wir wollen", sagt Katharina Eleonore Meyer. "Ich möchte gerne Bücher machen, tolle Bücher, die ich schon entdeckt habe und von denen ich glaube, dass deutsche Leser sie lesen sollten."
Deshalb fordert Katharina Eleonore Meyer schnelle, strukturelle Unterstützung von der Politik für ihre Branche. Inzwischen mehren sich auch die Stimmen, die sich dafür aussprechen, Bücher teurer zu machen. "Wie sich in den letzten 40 Jahren die Preissteigerung entwickelt hat und wie viel teurer Bücher geworden sind, steht eigentlich in keinem Verhältnis. Bücher sind tatsächlich zu billig, die müssten teurer sein", findet Sebastian Wolter vom Katapult-Verlag. "Aber inwiefern das den Leuten zu vermitteln ist, für einen Roman vielleicht 26, 28 Euro bezahlen zu müssen, da bin ich auch sehr unsicher. Es kann sein, dass das nicht funktioniert."
Der Buchbranche stehen also unsichere Zeiten bevor - und das betrifft sowohl die Verlage, als auch Autoren wie Feridun Zaimoglu: "Es kommen auch unangenehme Zeiten für uns Schreiber", sagt er. "Da müssen wir uns auch von alten Gewohnheiten mal schleunigst verabschieden."