Die erste veröffentlichte Aufnahme des James Webb Teleskops zeigt den Galaxienhaufen SMACS 0723. © Space Telescope Science Institut/NASA/ESA/CSA/dpa

James Webb Telescope: 13 Milliarden Jahre in die Vergangenheit

Stand: 12.07.2022 17:20 Uhr

Die NASA hat erstmals ein Bild aus dem Weltall gezeigt, dass das James-Webb-Space-Teleskop aufgenommen hat. Das Teleskop war im Dezember gestartet und soll Blicke in die Vergangenheit ermöglichen.

von Florian Mayer

Ein Blick in die Vergangenheit - so weit, dass nicht weniger zu sehen sein soll, als die Geburtsstunde unseres Universums. Mit diesem Versprechen ist das James-Webb-Space-Teleskop (JWST) am 25. Dezember 2021 ins Weltall gestartet. Mit entwickelt hat es auch ein gebürtiger Deutscher: Ralph Mollerick. Der heute 91-Jährige lebte als Kind kurze Zeit in Hamburg, ehe er mit seiner Schwester vor den Nazis in die USA flüchtete. Am Dienstag wurden einige Bilder, die das Teleskop gemacht hat und die laut der NASA die Wissenschaft für immer verändern werden, erstmals gezeigt.

James-Webb-Space-Teleskop: Entwicklung dauerte 20 Jahre

NASA's James-Webb-Space-Teleskop enthüllt kosmische Klippen, glitzernde Landschaft der Sternengeburt. © Space Telescope Science Institut/NASA/ESA/CSA/STScI
NASA's James-Webb-Space-Teleskop enthüllt kosmische Klippen, glitzernde Landschaft der Sternengeburt.

Spricht man vom James-Webb-Space-Teleskop kommt man um Superlative nicht herum. Es besitzt mit sechs einhalb Metern Durchmesser den größten Spiegel, den die Menschheit je ins All geschossen hat. Seine Instrumente arbeiten bei Temperaturen von minus 223 Grad Celsius, kurz vor dem absoluten Nullpunkt. Über 20 Jahre hat seine Entwicklung gedauert. 10 Milliarden Dollar hat es gekostet. Das James-Webb-Space-Teleskop ist das größte, mächtigste und komplexeste Teleskop, das jemals gebaut wurde, erklärte NASA-Sprecherin Laura Betts im Oktober 2021, knapp drei Monate vor dessen Reise ins All. Mit mehreren extrem sensiblen Messgeräten, nimmt das JWST Infrarotstrahlung aus dem All auf und kann dadurch quasi in die Vergangenheit schauen. Es kann Licht aufnehmen, das 13 Milliarden Jahre durch das ganze Universum gereist ist. "Das heißt, es liefert Bilder und Messdaten aus der Zeit kurz nach dem Urknall, als sich das Universum mit seinen Galaxien und Planeten zu formen begann", erklärte NASA-Sprecherin Betts.

James-Webb-Space-Teleskop zeigt Bilder, die weiter ins Weltall reichen, als jemals zuvor

Das Weltall in schwarz mit vielen hellen Sternen und großen hellen Punkten in der Mitte. © Space Telescope Science Institut/NASA/ESA/CSA/STScI
In einem riesigen neuen Bild enthüllt das James Webb Space Telescope der NASA nie zuvor gesehene Details der Galaxiengruppe "Stephan's Quintet"

Es ist ein Gemeinschaftsprojekt der europäischen ESA, der kanadische CSA und der US-amerikanische NASA. Und alle drei Raumfahrtorganisationen sind sich sicher, die Bilder, die das JWST geliefert hat und noch liefern wird, werden die Wissenschaft grundlegend verändern. "Es wird der Menschheit einen Blick auf das Universum geben und zwar einen, den wir bisher noch nie gesehen haben", sagte NASA-Chef Bill Nelson in einer Telefonkonferenz. Darunter ist eine Aufnahme, die weiter in das Weltall hineinreicht, als jemals zuvor. Zu sehen sind auch Hunderte von Sternen, die noch nie zuvor zu sehen waren.

Techniker heben den Spiegel des James-Webb-Weltraumteleskops mit einem Kran im Goddard Space Flight Center an. © Laura Betz/NASA/AP/dpa
Vor dem Start: Techniker heben den Spiegel des James-Webb-Weltraumteleskops mit einem Kran im Goddard Space Flight Center an.

Der Weg bis zu diesem Moment war voller Hürden. Einen Monat nach dem Start erreichte das JWST seinen Arbeitsplatz. Den Lagrange Punkt 2. 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt, 'steht' das Teleskop. Die Anziehungskraft zwischen Sonne und Erde ist an diesem Punkt exakt so groß, wie die Fliehkraft des Teleskops. Von der Erde aus betrachtet, steht es quasi still. Es bewegt sich zusammen mit der Erde um die Sonne und wird vom Erdschatten vor den Lichtstrahlen der Sonne geschützt.

300 Schritte waren nötig, um Teleskop auszurichten und zu synchronisieren

Der südliche Ringnebel, aufgenommen mit dem James-Webb-Space-Teleskop. © Space Telescope Science Institut/NASA/ESA/CSA/STScI
Der südliche Ringnebel, aufgenommen mit dem James-Webb-Space-Teleskop.

300 einzelne Schritte waren von Januar bis Anfang Juli notwendig, um die 18 hexagonalen Spiegel, die zusammen einen großen ergeben auszurichten und zu synchronisieren. Ein Fehler, bei einem dieser Schritte hätte das JWST zu 10 Milliarden teurem Weltraumschrott gemacht. Der 12. Juli markiert damit den Start des ersten Forschungsjahres für das Weltraumteleskop. 19 weitere sollen folgen. So lange reicht der Treibstoff für die Schubdüsen, die dabei helfen, das Teleskop auszurichten, sagte die stellvertretende NASA-Chefin und Ex-Astronautin Pamela Melroy. "20 Jahre, in denen sich verschiedene Wissenschaftsteams nun abwechseln werden, um erstmals auf Bildern und Messdaten zu sehen, wie unsere Welt, unsere Galaxie und alles um uns herum, entstanden sind."

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Matinee | 12.07.2022 | 12:20 Uhr

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Luft- und Raumfahrt

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