Jemand hält eine Handvoll verschiedener Mikroplastik-Teilchen in die Kamera. © picture alliance / APA / picturedesk.com Foto: Georg Hochmuth

Mikroplastik: Was ist das genau und wo ist es drin?

Stand: 29.04.2024 11:37 Uhr

Mikroplastik ist seit 2023 in der EU in einigen Kosmetika verboten. Die winzigen Partikel sind ein Problem für die Umwelt und - das zeigt die Studie einer Forschergruppe der Universität Marburg - gesundheitsgefährdend. Wie kann man sie vermeiden?

Ob in der Tiefsee oder im Schnee der Antarktis: Mikroplastik - schwer abbaubare, kleine Plastikteilchen mit einer Größe unter fünf Millimetern - findet sich mittlerweile überall auf der Welt. Die winzigen Kunststoffteilchen geraten über Abwasser und Regenwasser in die Meere. Dort reichern sich die Partikel in Tieren, etwa in Fischen und Schalentieren, an und gelangen über die Nahrungskette in Lebensmittel - und damit auch in den menschlichen Körper. Im Schnitt nehmen wir jede Woche rund fünf Gramm Mikroplastik zu uns, so eine Studie der Universität Newcastle in Australien - das entspricht ungefähr der Menge einer Kreditkarte.

Wie gefährlich ist Mikroplastik für die Gesundheit?

Überall im menschlichen Körper ist Mikroplastik zu finden, unter anderem im Blut, in der Leber, im Darm, im Herzen und neueren Studien zufolge sogar im Gehirn.

Bei Versuchen an Mäusen zeigte sich, dass die Partikel zu Verhaltensänderungen bei den Tieren führen, Entzündungen hervorrufen und die Fruchtbarkeit senken können. Inwieweit diese Erkenntnisse auf den Menschen übertragbar sind, ist noch nicht final erforscht. Der Marburger Biologe Dr. Karsten Grote und sein Team sehen Mikroplastik aufgrund der Ergebnisse ihrer Untersuchungen als einen neuartigen Risikofaktor für Gefäßerkrankungen bei Menschen. Daher halten sie eine neue Risikobewertung für Mikroplastik erforderlich.

Mikroplastik zieht Umweltgifte an

Hinzu kommt, dass Mikroplastik aufgrund seiner Oberflächeneigenschaften Umweltgifte anzieht, wie der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) berichtet. Diese reichern sich in hohen Konzentrationen auf der Kunststoffoberfläche an und werden dann von den Meerestieren aufgenommen.

Mikroplastik: Wo steckt es drin?

Mikroplastik findet sich in einer Vielzahl von Produkten. In Kosmetika steckt es etwa in Peelings, Duschgels, Sonnencremes oder Lippenstiften. Auch in Weichmachern und Waschmitteln ist es enthalten, außerdem in Spielzeug, Dünger und Arzneimitteln. Große Mengen Mikroplastik enthält das Granulat auf Kunstrasenplätzen und Sportanlagen.

Verbot von Mikroplastik in Glitzer gilt seit Oktober

Die EU hat ein stufenweises Verbot für Mikroplastik beschlossen. Am 15. Oktober 2023 trat zunächst ein Verbot für Mikroplastik in losem Glitzer, den unter anderem Nagelstudios oder Make-Up-Artists verwenden, in Kraft. Nicht betroffen sind Produkte, bei denen der Glitzer Teil des Produkts ist, wie etwa glitzernder Lidschatten oder Glitterkleber. Außerdem seit Mitte Oktober vergangenen Jahres verboten sind sogenannte Mikroperlen, wie sie beispielsweise Peelings zugesetzt wurden.

Verbot für Granulat auf Sportplätzen

Ein Fußballer spielt auf einem Kunstrasenplatz, dabei wird Granulat aufgewirbelt. © IMAGO / Funke Foto Services Foto: Socrates Tassos
Auf Sportplätzen ist Mikroplastik erst ab 2031 verboten, um Betreibern eine Übergangsfrist zu gewähren.

Nach und nach soll Mikroplastik in den kommenden Jahren in mehreren weiteren Produkten wie Waschmitteln, Dünger, Spielzeug und Arzneiprodukten verboten werden. Ein Verbot für Granulat aus Mikroplastik auf Kunstrasenplätzen und Sportanlagen soll erst ab 2031 in Kraft treten. Den Angaben zufolge werden derzeit in der EU jährlich insgesamt 42.000 Tonnen Mikroplastik bewusst freigesetzt, weltweit sollen es Schätzungen zufolge bis zu fünf Millionen Tonnen sein.

So kommt Mikroplastik in die Umwelt

Je nachdem, wie das Mikroplastik in die Umwelt kommt, unterscheidet man primäres und sekundäres Mikroplastik. Primäres Mikroplastik wird direkt an die Umwelt abgegeben. Dazu zählen neben bewusst zugesetztem Mikroplastik wie etwa Granulat auf Sportplätzen und Partikeln in Kosmetik auch Reifenabrieb beim Fahren oder Mikroplastik, das beim Waschen synthetischer Kleidung entsteht. Sekundäres Mikroplastik entsteht, wenn größere Kunststoffgegenstände wie etwa Plastiktüten, Flaschen oder Fischernetze in der Umwelt durch die Einwirkung von Sonne, Wind und Wellen zerfallen.

Mikroplastik vermeiden - so geht's

Jeder einzelne kann versuchen, Mikroplastik zu vermeiden. So geht's:

  • Auf Kosmetika, Wasch- und Reinigungsmittel mit Polyethylen verzichten - diese Kunststoffe werden häufig als Mikroplastik zugesetzt.
  • Auf Waschmittel mit den Siegeln "Blauer Engel" oder "Ecolabel" sowie auf zertifizierte Naturkosmetik zurückgreifen. Diese sind frei von Mikroplastik. Alternativ auf den Aufdruck "mikroplastikfrei" achten.
  • Shampoo und Seifen in fester Form ohne Plastikverpackung kaufen.
  • Plastikverpackungen bei Lebensmitteln wie Brot, Gemüse und Obst sowie Einwegflaschen vermeiden.
  • Müll richtig trennen, sodass Plastik fachgerecht recycelt werden kann.
  • Seltener mit dem Auto fahren und auf eine defensive Fahrweise achten, um Reifenabrieb zu reduzieren.
  • Kleidung aus Synthetikfasern möglichst selten waschen.
  • Flusensieb von Waschmaschine und Trockner niemals in den Abfluss, sondern in den Hausmüll entleeren. 
  • auf Putz- und Spültücher aus Mikrofaser verzichten.

Eine Möglichkeit, um einen großen Teil des Mikroplastiks zu entfernen, wäre eine zusätzliche Filterung des Abwassers. Einem WHO-Bericht zufolge könnten dadurch bis zu 90 Prozent der Partikel aus dem Wasser entfernt werden.

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Dieses Thema im Programm:

Die Tricks | 06.05.2024 | 21:00 Uhr

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