Alte Kartoffelsorten: So vielfältig und lecker sind sie
Sie sind gesund, schmecken einzigartig und werden immer beliebter. Alte Kartoffelsorten gibt es in großer Vielfalt, aber nicht überall im Handel. Man findet sie auf Wochenmärkten oder baut sie selbst an.
Die Kartoffel ist immer noch das beliebteste Grundnahrungsmittel der Deutschen. Im 16. Jahrhundert wurden die ersten Kartoffeln aus Südamerika nach Europa importiert und hier zunächst hauptsächlich als Zierpflanze angesehen. 1744 befahl Preußenkönig Friedrich der Große, Saatkartoffeln zu verteilen und ließ sie auf den Feldern bewachen. Das machte die Knollen interessant.
Weniger Sorten als früher
So entwickelte sich die Kartoffel in den folgenden Jahren zu einem wichtigen, beliebten Lebensmittel - mit einer großen Vielfalt an Farben, Formen und Geschmacksrichtungen. Ein Blick in die Supermarktregale und auf Marktstände zeigt, dass es heute nur noch eine überschaubare Zahl der immer gleichen Kartoffelsorten gibt. Denn in der modernen Kartoffelzucht ist es wirtschaftlicher, nur wenige Sorten in großem Stil anzubauen.
Biobauer züchtet und erhält alte Sorten
Ausnahmen bilden kleine Betriebe, wie der des Bio-Landwirts Karsten Ellenberg aus Barum im Landkreis Uelzen. Er ist fasziniert von der Vielfalt alter, längst vergessener Kartoffelsorten. Gelbe Schale und buttriger Geschmack, rosa Schale und Fleisch mit würzigem Geschmack, schwarze Schale und cremiger Geschmack: Kartoffel-Raritäten wie "Ackersegen", "Rosa Tannenzapfen" oder "Schwarze Ungarin" baut er an und verkauft sie an eine wachsende Abnehmerschaft.
Traditionelle Formen und Geschmacksrichtungen
Rund 5.000 Sorten waren längst in die Genbank in der Nähe von Rostock verbannt, als Ellenberg in den 90er-Jahren begann, wieder traditionelle Formen und Geschmacksrichtungen auf den Tisch zu bringen. Inzwischen zieht der Landwirt auf seinen Äckern etwa 100 historische Sorten, darunter auch eigene Züchtungen. "Ich wollte wissen, wie alte Sorten, die früher auch ohne Kunstdünger gediehen, auf Bio-Böden wachsen. Nicht alle waren gut, ein Teil aber viel besser, interessanter und vielfältiger im Geschmack als das, was es heute gibt." Der Kartoffelbauer nennt Nuancen wie cremig, nussig und buttrig. "Es ist wie beim Wein: Jeder muss seine Sorte selber finden." Und nicht jede Sorte eignet sich für jedes Rezept.
Alte Sorten sind im Ausland verbreitet
Auch ins Ausland hat Ellenberg Kontakte geknüpft. So lieferte ihm die Scottish Agricultural Science Agency im schottischen Edinburgh Material der Sorte "Edzell Blue". Die runde Knolle mit blauer Schale und weißem Fleisch wurde 1890 in Schottland gezüchtet. Wenig später gedieh die schwarz-violette "Shetland Black" mit lila Ring im gelben Fleisch zum ersten Mal auf den Shetland-Inseln. Zusammen mit der rotschaligen Französin "Roseval" und der blauen Amerikanerin "Sharon Blue" bilden sie einen bunten Kartoffelteller.
Während in Deutschland die meisten der rund 200 zugelassenen Sorten relativ jung sind, schaffen es Franzosen, Engländer und Österreicher, alte Sorten bis heute anzubauen und zu verkaufen. So ist die mehr als 130 Jahre alte "La Ratte" in Frankreich immer noch beliebt. In Deutschland findet man sie in gut sortierten Supermärkten oder auf Wochenmärkten. Eine ähnliche Sorte sind die aus Franken stammenden "Bamberger Hörnchen".
Behörde entscheidet über die Zulassung
Verantwortlich für die Zulassung von Pflanzensorten ist das Bundessortenamt in Hannover. Hier muss jede Sorte angemeldet und geprüft werden, ehe sie gewerbsmäßig angebaut werden und in den Regalen liegen darf. Dieses Verfahren ähnelt einem Patent und schützt das geistige Eigentum an Pflanzenzüchtungen. Hat eine Sorte alle Instanzen erfolgreich durchlaufen, wird sie in die Beschreibenden Sortenlisten aufgenommen und darf in Deutschland und EU-weit vertrieben werden. Der Antrag auf Zulassung muss allerdings nach einigen Jahren erneuert werden.
Liebhaber züchten alte nicht zugelassene Sorten
Vereine und engagierte Hobbygärtner haben alte Kartoffelsorten wieder populär gemacht und die Vielfalt und die Stärken traditioneller Sorten aufgezeigt. Allerdings sind die meisten der alten und bunten Sorten in der Sortenliste nicht oder nicht mehr vertreten - wegen des zu geringen Ertrags oder weil sie wegen ihrer Form industriell nicht verarbeitet werden können. Solche Sorten werden in Genbanken aufbewahrt. Laut Saatgutverkehrsgesetz dürften viele der alten Sorten nicht mehr im Handel sein. Erlaubt ist aber der Anbau zu Züchtungs-, Forschungs- und Ausstellungszwecken, was auch die Weitergabe zur Erhaltung der Art einschließt. Wer die alten Knollen selber anbauen möchte, kann Saatgut bei Vereinen, Initiativen und Freizeitgärtnern beziehen.