Stand: 20.02.2017 10:37 Uhr

Die Handelskammer - Hamburgs graue Eminenz

Aus Deputation wird Kammer

Dutzende Männer mit Zylinder stehen um 1841 in einem Saal der Handelskammer Hamburg (Motiv einer historischen Postkarte) © Handelskammer Hamburg Archiv
Zu festlichen Anlässen lädt die Kammer damals wie heute in ihre repräsentativen Säle ein.

Nach mehr als 200 Jahren wechselt die Commerz-Deputation 1867 ihren Namen und gibt sich die Bezeichnung, die noch immer gilt: Handelskammer. Kurz zuvor hatte sie einmal mehr einen Versuch des Rates abgewehrt, die Deputation unter behördliche Aufsicht zu stellen. 1880 verabschiedet der Rat ein "Gesetz betreffend die Handelskammer und die Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns". Darin wird unter anderem festgelegt, dass die Aufgaben der Versammlung, die seit 1517 besteht, weitgehend auf die Handelskammer übergehen. Im Gegenzug erstattet die Handelskammer ihren einstigen Gründern, der Versammlung der Kaufmänner, bis in die Gegenwart einen Jahresbericht über die Tätigkeit und zur wirtschaftlichen Gesamtlage.

Verteidiger des Freihandels

Im 19. Jahrhundert wachsen die Warenströme, die im Hamburger Hafen umgeschlagen werden. Sichtbares Zeichen dafür ist die 1888 eingeweihte Speicherstadt, in der Importgüter aus aller Welt lagern. Als Teil des Freihafens gilt dort das angestammte Recht der Kaufleute, importierte Waren zollfrei aufzubewahren und zu verarbeiten. Hartnäckig hatte sich die Handelskammer dafür eingesetzt, dieses Privileg zu bewahren und einen möglichst großen Freihafen zu schaffen. Ganze Stadtviertel müssen am Ende dem Hafenbau weichen.

Handelskammer intern

Die Kammer ist die Pflichtvertretung von rund 166.000 Hamburger Unternehmen aus Handel, Industrie und Dienstleistung. Handwerk und Freie Berufe wie Rechtsanwälte gehören nicht dazu.

Die Mitglieder wählen alle drei Jahre das Plenum. 13 Wahlgruppen - von Banken bis Güterverkehr - stehen je nach Größe der Branche eine feste Anzahl von Sitzen zu. Die größte Gruppe, Industrie, stellt neun der insgesamt 56 direkt gewählten Mitglieder des Plenums. Gewählt werden kann nur, wer auch wählen darf: Unternehmer, Geschäftsführer oder Prokuristen.

Das Plenum wählt aus seinem Kreis einen Präses und sechs Vizepräsides, die gemeinsam das Präsidium bilden und die Geschäfte führen.

Die Kammer beschäftigt rund 300 hauptamtliche Mitarbeiter, Tausende Freiwillige aus den Mitgliedsfirmen engagieren sich in Arbeitskreisen und bei Aktionen.

Die Industrie kommt ins Boot

Anfang des 20. Jahrhunderts stehen für die Handelskammer weichenstellende Veränderungen an. 1907 erhält sie das Recht, auch Industriebetriebe zu vertreten. Bislang hatte sich der traditionelle Kaufmannsgedanke gehalten. Doch vor der zunehmenden Bedeutung der Industrie kann sich die Kammer nicht verschließen. Allerdings behält sie bis heute den Namen Handelskammer, während die bundesweit 79 vergleichbaren Einrichtungen in anderen Städten die Bezeichnung Industrie- und Handelskammer tragen. Eine zweite Ausnahme gibt es nur bei der Handelskammer Bremen.

Beiträge werden zur Pflicht

Seit 1919 darf die Handelskammer von allen Unternehmen, die in ein Handelsregister eingetragen sind, Beiträge erheben. Diese Pflichtbeiträge existieren noch immer und sorgen für eine - wie Kritiker meinen - üppige Finanzausstattung. Die Rücklagen sollen 2014 rund 50 Millionen Euro betragen haben. Die rund 166.000 Mitgliedsunternehmen der Kammer in Hamburg zahlen pro Jahr 0,22 Prozent ihres Ertrages. Während die Firmen im Schnitt, dank vieler Kleinunternehmen, rund 300 Euro im Jahr berappen, werden größere Betriebe mit Tausenden Euro belastet. Nur Minifirmen, die höchstens 5.200 Euro Gewinn im Jahr erzielen, sind von den Beiträgen befreit.

Die Weltkriege

Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914 entwickelt sich die Wirtschaft der Hansestadt erfolgreich weiter. Dann folgt ein drastischer Einbruch. Die britische Seeblockade bringt die Hafenwirtschaft weitgehend zum Erliegen. Bald leiden Zehntausende Menschen in Hamburg Hunger. Um Unternehmen vor der Pleite zu bewahren, gründet die Handelskammer gemeinsam mit dem Senat die Hamburger Bank von 1914. Gleichzeitig wendet sie sich gegen die staatliche Zwangsbewirtschaftung mit Gütern jeder Art.

Während der NS-Zeit bekommen Nationalsozialisten auch in der Kammer die Oberhand. 1933 werden jüdische Mitglieder ausgeschlossen. Als "Gauwirtschaftskammer" organisiert sie die Rüstungsproduktion in der Hansestadt - vielfach mit Zwangsarbeitern. Im Zweiten Weltkrieg wird bei Bombenangriffen auf die Hansestadt auch die Börse schwer getroffen, Hunderte Bücher der Commerzbibliothek verbrennen.

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