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RT DE startet Fernsehsender: Medienanstalt leitet Verfahren ein

Stand: 17.12.2021 19:01 Uhr

RT DE war am Donnerstagmorgen, 16.12., mit einem Fernsehprogramm auf Sendung gegangen. Jetzt erklärte die Medienanstalt Berlin-Brandenburg, dagegen ein Verfahren eingeleitet zu haben.

von Inga Mathwig und Konstanze Nastarowitz

Nachdem RT DE erst am 16.12. seinen neuen deutschsprachigen Fernsehkanal lanciert hat, könnte dieser schon bald wieder Geschichte sein. Denn nach nur einem Tag hat die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb) ein Verfahren eingeleitet. Es sei fraglos, dass es sich beim neuen Sender um Rundfunk handle, so mabb-Direktorin Eva Flecken in einer Mail an ZAPP. Dafür sei bei der mabb weder eine Rundfunkzulassung beantragt noch erteilt worden. Dagegen habe man nun - Stand 17.12. - ein "förmliches Verfahren" eingeleitet: "Die Veranstalterin hat bis Ende des Jahres Zeit, sich zur Sache zu äußern", erklärt Flecken. RT DE kontert kurzerhand mit einem Artikel auf der eigenen Webseite. Der großspurige Titel: "Europäisches Lizenzrecht: Ein Auffrischungskurs für unerfahrene Regulierungsbehörden". Die serbische Lizenz sei laut RT DE auch in Deutschland gültig. Der Sender beruft sich dabei auf das Europäische Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen, ECTT.

Fernsehlizenz aus Serbien

Noch streamt RT DE sein Fernsehprogramm über die eigene Website. Rund um die Uhr gibt es dort "Live-Nachrichtensendungen, Debatten, preisgekrönte Dokumentarfilme und eigene Sendungen" zu sehen, so die Eigenauskunft auf der Webseite. Zuschauer können das Programm zusätzlich über einen Satelliten empfangen. Die RT DE übergeordnete Organisation "TV Novosti" hat nach einem gescheiterten Antrag in Luxemburg im August schließlich in Serbien eine Lizenz dafür erhalten. Davon erfuhren Medien und Öffentlichkeit erst zeitgleich mit dem Start des Programms am Donnerstag. Der Empfang via Satellit gestaltet sich jedoch schwierig - RT DE verbreitet dazu eine Anleitung: "Um über Satellit fernzusehen, müssen Sie möglicherweise die Einstellungen auf Ihrem Gerät anpassen oder sich an einen Spezialisten wenden."

Zweifel an juristischen Grundlagen

Tobias Schmid, Europabeauftragter der Medienanstalten © Landesanstalt für Medien NRW
Tobias Schmid, Europabeauftragter der Medienanstalten.

Bei der Debatte um die Sendelizenz spielt auch der Standort des neuen Fernsehsenders eine Rolle, erklärte der Europabeauftragte der Medienanstalten, Tobias Schmid, im Interview mit ZAPP. Er zweifelt an den juristischen Grundlagen, auf die sich RT DE im Hinblick auf die serbische Sendelizenz beruft: "Unserer Einschätzung nach ist das handelnde Unternehmen weiterhin das Unternehmen mit Sitz in Berlin und damit unterliegt es der deutschen Rechtshoheit, sodass die Lizenz wenn dann in Deutschland zu erteilen ist und hier müsste auch der Antrag gestellt werden."

Keine politische Entscheidung

Bereits wenige Stunden nach dem Sendestart von RT DE besprach sich Schmid als Europabeauftragter der Medienanstalten mit den zuständigen Kollegen von der Medienanstalt Berlin-Brandenburg, mabb, über das weitere Vorgehen. Dabei betont er im Gespräch mit ZAPP, dass es hierbei nicht um eine politische Entscheidung gehe: "Das ist eine Entscheidung von in diesem Fall staatsunabhängigen Aufsichtsbehörden, also der Medienaufsicht, und die richtet sich auch nicht an der Frage aus, ob man das Programm von RT jetzt blöd oder nicht blöd findet." Es handele sich um eine juristische Einschätzung und basierend auf dieser Einschätzung werde man dann auch handeln.

RT antwortet auf ZAPP-Anfrage

RT DE hat auf Nachfrage von ZAPP ein Statement der stellvertretenden Chefredakteurin von RT, Anna Belkina, geschickt. In der Anfrage, die bereits gestern an RT DE rausging, hatte sich ZAPP noch nicht auf das nun eingeleitete Verfahren der mabb bezogen. Dennoch bezieht auch Belkina sich auf den Standort der Medienhäuser: "Der Hauptsitz von RT und dem RT DE TV-Kanal ist in Moskau. Das RT DE-Programm wird in Moskau, Berlin und an anderen Orten produziert und wir senden es aus Moskau via Serbien in alle Länder, in Übereinstimmung mit rechtlichen und regulatorischen Rahmenvereinbarungen, die schon lange etabliert sind. Diese Rahmenvereinbarungen erlauben den Zugang zu jeglicher linearer Übertragungslösung und unser aktueller Satellit, sowie die Online-Verbreitung und App-Verbreitung sind der Start eines sich erweiternden Distributionsnetzwerks für RT DE", heißt es darin.

Youtube hat den Fernsehkanal bereits gesperrt

Eine Distributionsmöglichkeit war jedoch bereits am Donnerstag, nur fünf Stunden nach Sendestart, weggebrochen: YouTube. Noch am Donnerstagmorgen hatte RT DE den Kanal "RT auf Sendung" auch dort eröffnet. YouTube sperrte ihn nach wenigen Stunden. Auf Anfrage von ZAPP erklärte ein YouTube-Sprecher: "RT DE wurde im September auf YouTube für das Umgehen unserer Nutzungsbedingungen gekündigt. Wenn ein Kanal gekündigt wird, darf der Kanalinhaber keine anderen YouTube-Kanäle nutzen, besitzen oder erstellen. Als Resultat dieses Umgehungsversuchs wurde der neue Kanal 'RT auf Sendung' wegen der Verletzung der YouTube Nutzungsbedingungen dauerhaft entfernt."

Daraus generiert der Sender auf seiner Homepage sogleich eine Meldung: "ohne Vorankündigung" oder "Warnung" sei man gesperrt worden, moniert RT DE. Dabei waren die YouTube-Kanäle von RT DE Ende September wegen einer ganz ähnlichen Praktik gesperrt worden. Das Medienunternehmen hatte damals versucht, eine Sperre von YouTube zu umgehen, indem es die Inhalte auf einen Zweitkanal hoch lud. Hätte RT DE also nicht damit rechnen müssen, dass der YouTube-Kanal gesperrt würde? Womöglich schon. Und vielleicht hat man es genau darauf angelegt, getreu dem Motto: any publicity is good publicity. Auch nach der Youtube-Sperre hatte ZAPP RT DE gefragt. Im Statement der stellvertretenden RT-Chefredakteurin Anna Belkina heißt es dazu: "Dass man jetzt kurzerhand, ohne triftigen Grund und Warnung den neuen RT DE Live-Kanal von YouTube entfernt hat, demonstriert mehr als je zuvor den Wunsch ausländischer Mächte, die redaktionelle Kontrolle über RT zu übernehmen."

RT DE: Russland will sich erklären

Dass RT DE am Berliner Standort Großes vorhat, konnten Reporterinnen von ZAPP im Oktober diesen Jahres bei einer Studioführung selbst erleben. Im Interview erklärte die RT DE Geschäftsführerin Dinara Toktosunova die ambitionierten Pläne: "Für Russland ist es sehr wichtig, erklärt zu werden." Und der Programmdirektor Alexander Korostelev antwortete auf die Frage nach der Unabhängigkeit des Senders, der aus dem öffentlichen Haushalt Russlands finanziert wird: "Das ist immer der Vorwurf, dass, wenn ein Medium aus einem Haushalt finanziert wird, dass es automatisch, wie es die deutsche Presse darstellt, zu einem Instrument wird. Das entspricht nicht der Realität. Wir, hier vor Ort, bestimmen, welche Themen von Relevanz sind." Sein Programm wird sich an dieser Ansage nun messen lassen müssen - so lange es noch gesendet wird.

Eher kein Massenphänomen

Der Europabeauftragte der Medienanstalten Tobias Schmid hat eine klare Einschätzung: Da YouTube den Kanal bereits gesperrt hat und auch der Empfang via Satellit mit erheblichen Hürden verbunden ist, glaubt er nicht daran, dass der Fernsehsender von RT DE ein Massenphänomen werden könnte: "Das ist vor allem viel Getöse und ein echtes Ärgernis und wir werden uns darum kümmern."


17.12.2021 18:58 Uhr

In einer früheren Version hatten wir an einer Stelle Anna Belkina als RT-Chefredakteurin bezeichnet. Sie ist allerdings stellvertretende Chefredakteurin.

 

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