Nahrungsergänzungs-Mittel: Weniger kontrolliert als Medikamente

Stand: 09.01.2024 10:10 Uhr

Nahrungsergänzung in Form von Pillen oder als Pulver sieht aus wie Arzneimittel. Doch in Bezug auf die Zulassung und Kontrolle gibt es enorme Unterschiede. Welche Vorschriften gelten?

von Jennie Radü

Arzneimittel haben den Zweck, Krankheiten zu heilen oder zu verhüten und Beschwerden zu lindern. Rechtliche Grundlage ist das Arzneimittelgesetz. Das regelt unter anderem, dass Arzneimittel von einer Behörde zugelassen werden müssen. In dem langjährigen Zulassungsverfahren müssen Wirksamkeit, Qualität und Unbedenklichkeit des Arzneimittels nachgewiesen werden. Auch später wird die Qualität jeder produzierten Arzneimittel-Charge geprüft. Die Wirkstoffe in dem Produkt dürfen nicht mehr als fünf Prozent von den Angaben auf der Verpackung abweichen. All das gilt nicht für Vitaminpräparate und andere Supplemente.

Nahrungsergänzungsmittel: Kein Zulassungsverfahren vorgesehen

Nahrungsergänzungsmittel fallen nicht unter das Arzneimittelgesetz, denn sie zählen zu den Lebensmitteln. Für sie gibt es kein behördliches Zulassungsverfahren, sie müssen lediglich beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) angezeigt werden. Sobald die Anzeige abgeschlossen ist, dürfen sie verkauft werden. Ob die Produkte gesundheitlich unbedenklich sind, liegt allein in der Eigenverantwortung der Hersteller. Die Überwachungsbehörden vor Ort kontrollieren nur stichprobenartig.

Health-Claims: Nur wenige Gesundheitsaussagen zugelassen

Nahrungsergänzungsmittel haben keine heilende Wirkung. Ihr Zweck ist einzig und allein Nährstoffe zuzuführen, um die normalen Körperfunktionen zu erhalten. Werberechtlich gilt seit 2006 wie für Lebensmittel die Health-Claims-Verordnung, in der die erlaubten Formulierungen zur Beschreibung ihrer Funkion genau festgelegt sind. Zulässig sind beispielsweise Aussagen wie "Vitamin C trägt zu einem normalen Energiestoffwechsel bei" oder "Calcium wird für die Erhaltung normaler Knochen benötigt". Die Anbieter von Nahrungsergänzungsmitteln dürfen bei potenziellen Kunden aber nicht den Eindurck erwecken, sie wären zur Therapie oder zur Verhütung von Krankheiten geeignet.

Botanicals: Keine Gesundheitsversprechen erlaubt

Pflanzenstoffe und Pflanzenteile wie Spirulina, Kurkuma oder Aronia-Beeren sind in der Health-Claims-Verordnung nicht aufgeführt. Mit positiven Effekten für die Gesundheit solcher "Botanicals" darf daher auch nicht geworben werden. Eine entsprechende Liste soll zwar bereits seit 2006 auf EU-Ebene erarbeitet werden, doch wann sie veröffentlicht wird, ist nicht absehbar.

Welche Effekte durch den Einsatz solcher Inhaltsstoffe zu erwarten sind, können Verbraucher als Orientierungshilfe in den Stofflisten der Arbeitsgemeinschaft Stoffliste des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittel einsehen. Die Arbeitsgemeinschaft erstellt die Listen unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Rechtlich bindend sind sie nicht.

Keine Höchstmengen für Vitamine und Nährstoffe

Von den Mengenangaben auf der Verpackung von Nahrungsergänzungsmitteln darf die tatsächliche Menge im Produkt bis zu 50 Prozent abweichen. Auch wenn unumstritten ist, dass eine Überdosierung von einigen Vitaminen und Nährstoffen auch schwere gesundheitliche Folgen haben kann, gibt es keine gesetzlich vorgeschriebenen Höchstmengen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat aber konkrete Vorschläge für Höchstmengen erabeitet, an denen sich Verbraucherinnen und Verbraucher orientieren können. Die Vorschläge gelten nicht nur für Nahrungsergänzungsmittel, sondern auch für angereicherte Lebensmittel.

Zentralstelle für Kontrolle von Nahrungsergänzungsmitteln

Um im Internet gehandelte Nahrungsergänzungsmittel kontrollieren zu können, haben die Bundesländer beim BVL eine gemeinsame Zentralstelle "Kontrolle der im Internet gehandelten Erzeugnisse des LFGB und Tabakerzeugnisse", kurz G@ZIELT, eingerichtet. Die Ergebnisse von den dort veranlassten Risiko orientierten Recherchen werden an die jeweils zuständige Behörde in Deutschland weitergeleitet.

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