Eine Gruppe junger Leute sitzt an einem langen Tisch und jeder schaut auf sein Smartphone. © Colourbox Foto: Ikostudio
Eine Gruppe junger Leute sitzt an einem langen Tisch und jeder schaut auf sein Smartphone. © Colourbox Foto: Ikostudio
Eine Gruppe junger Leute sitzt an einem langen Tisch und jeder schaut auf sein Smartphone. © Colourbox Foto: Ikostudio
AUDIO: Digital Detox - Weg in die Einsamkeit? (25 Min)

Digital Detox: Tipps für eine Pause von der digitalen Welt

Stand: 16.11.2023 10:03 Uhr

Das Internet ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Die Informationsflut und das Gefühl, immer verfügbar sein zu müssen, verursachen aber oft Stress. Eine digitale Entgiftung hilft, wieder zur Ruhe zu kommen.

von Christina Maciejewski

Fast vier Stunden verbrachten die Deutschen 2022 täglich im Internet, so eine Onlinestudie von ARD und ZDF, in der Menschen zu ihrer Internetnutzung befragt wurden. Auch die Bildschirmzeit der Deutschen zeigt eine Tendenz nach oben. Kein Wunder: von A nach B hilft der Onlineroutenplaner, in Kontakt mit Freunden und Familie bleibt man per Messengerdienst und die sozialen Medien liefern Zerstreuung aller Art, um nur einige der möglichen Anwendungen zu nennen. Das Smartphone ist zum täglichen Begleiter geworden.

Stress durch die eigene Mediennutzung

Die Vorteile von Smartphone, Laptop und Tablet sind unbestritten. Sowohl beruflich als auch privat sind die Geräte allgegenwärtig und erleichtern Arbeitswelt und Alltag. Der Griff zum Handy in vermeintlichen Pausen ist für viele zur festen Gewohnheit geworden, denn das Smartphone bietet alles: soziale Kontakte, Unterhaltung und Informationen. Das ist grundsätzlich nicht falsch. Doch die "Always on"-Mentalität und der hohe Medienkonsum verursacht bei vielen Menschen Stress. Da ist zum einen der soziale Druck, auf Nachrichten sofort zu reagieren. Zum anderen werden tiefe Konzentrationsphasen oft von eingehenden Push-Nachrichten unterbrochen. Die Flut der Neuigkeiten kann ebenfalls zur Belastung werden.

Neuer Trend: Digital Detox

Laut einer Onlinestudie von ARD und ZDF haben zwei von drei der befragten jungen Menschen schon einmal oder häufiger ihren Onlinekonsum bewusst reduziert. Digital Detox, also eine Auszeit vom Smartphone, vom Internet und all seinen Vor- aber auch Nachteilen, wird zunehmend zum Trend. Das geht so weit, dass Hotels mit Digital Detox-Programmen um digital Gestresste werben. Auch werden verschiedene Apps angeboten, die den Usern helfen sollen, ihren Medienkonsum zu reduzieren.

Ein Mann sitzt auf einer Wiese an einen Baum gelehnt und liest ein Buch. © Colourbox Foto: Alen
Wieder mehr Bücher zu lesen oder in der Natur sein zu wollen, kann ebenfalls ein guter Anlass für eine digitale Entgiftung sein.

Für eine digitale Entgiftung braucht es nicht unbedingt einen mehrtägigen Hotelaufenthalt. Mit ein paar Tipps kann jeder sein eigenes Digital-Detox-Programm durchführen und zwar kostenlos. "Eine digitale Entgiftung kann ein guter Einstieg sein, um den eigenen Medienkonsum zu reflektieren und sinnhaft zu verändern," so das Internetportal Klicksafe. Die EU-Initiative für mehr Sicherheit im Netz hat sich unter anderem der Förderung des digitalen Wohlbefindens verschrieben.

Gründe, um bewusst offline zu gehen

Neben einem erhöhten Stresslevel kann es auch andere Gründe für eine digitale Auszeit geben. Manche Menschen möchten ein altes Hobby wiederentdecken, wie zum Beispiel Bücher zu lesen. Andere möchten einen Ausgleich zur Bildschirmzeit schaffen und sich mehr bewegen. Und einige sind auch einfach neugierig, ob sie überhaupt noch ohne Smartphone zurecht kommen würden.

Konzentrationsschwäche als Folge des digitalen Dauerbeschusses

Ein Nachteil des digitalen Dauerbeschusses mit Bildern, Videos und Texten ist, dass das Gehirn keine echten Ruhephasen mehr erhält. DIe Folge: Die Konzentrationsfähigkeit lässt nach, es wird immer schwieriger die nötige Aufmerksamkeit für bestimmte Aufgaben zu erreichen. Gerade wenn man mehrere Medien gleichzeitig nutzt (also etwa am Smartphone shoppt, während man vor dem Fernseher sitzt), kommt es zu einem Verlust der Arbeits- und Genusstiefe.

Doch gerade diese Tiefe "ist essentiell, um eine Arbeit richtig gut zu machen, aber auch um kreativ und entspannt zu sein. Fehlt diese Tiefe und werden Reize nur noch oberflächlich verarbeitet, sinken Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit dauerhaft," erläutert die Techniker Krankenkasse und empfiehlt Menschen mit Konzentrationsproblemen eine Reflexion ihrer Mediennutzung.

Auf einem Café-Tisch liegen mehrere Smartphones, im Hintergrund trinken Leute Tee. © Colourbox Foto: #1104
Selbst bei Treffen mit Freunden sind Smartphones fast immer präsent.

Neurowissenschaftler Dr. Volker Busch veranschaulicht die Vorgänge im Gehirn: "Konzentration ist ein Energiefresser, sie erschöpft im Alltag schnell. Nach einer guten Stunde ist meist schon Schluss." Die gute Nachricht sei: Konzentration ist wie ein Akku, wiederaufladbar. Während einer geistigen Pause fließe Energie zurück, dafür sei jedoch eine echte Pause nötig. Schaut man während einer kurzen Pause aufs Handy, checkt seine Nachrichten oder bucht den nächsten Urlaub, erhält das Gehirn nicht die Ruhe, die es braucht, um anschließend wieder leistungsfähig zu sein. Der Akku werde weiter beansprucht, statt zu regenerieren, so Busch. Die Folge: Das Gehirn steht unter Daueranspannung und das führt zu einem Gefühl von Stress.

Das Gehirn braucht also Ruhephasen, um all die Reize zu verarbeiten, Gelerntes zu konsolidieren, neue Verknüpfungen zu bilden und Unnützes zu löschen. Dies gelingt am besten im Schlaf. Doch auch in Wachphasen kann man sich digital entkoppeln.

Fünf Tipps für ein erfolgreiches Digital Detox

Eine Umfrage des Branchenverbands Bitkom zeigt, dass 14 Prozent der Befragten in 2023 einen oder mehrere Tage auf bestimmte Geräte oder Apps verzichten wollten. 20 Prozent wollten dies gleich für mehrere Wochen tun. Für 51 Prozent kam ein Verzicht allerdings überhaupt nicht infrage, so das Umfrageergebnis. Digitaler Stress ist offenbar ein sehr individuelles Thema. Sich über das eigene Medienverhalten bewusst zu werden, ist jedoch in jedem Fall ein wichtiger Schritt um selbstbestimmt mit der täglichen Informationsflut und den Vor- und Nachteilen der digitalisierten Welt umzugehen. Folgende Tipps können dabei helfen:

1. Sozialen Druck erkennen und reduzieren

Die Sichtbarkeit in sozialen Netzwerken suggeriert, immer sofort antworten zu müssen, wenn eine Nachricht kommt - auch wenn es gerade gar nicht passt. Hier kann es helfen, die jeweilige App so einzustellen, dass für andere nicht mehr zu sehen ist, ob man eine Nachricht schon gelesen hat oder wann man zuletzt online war.

2. Eigene Bildschirmzeit im Blick behalten

Um herauszufinden wie viel Zeit man eigentlich am Smartphone verbringt, ist es hilfreich, zu checken wie lange man in den verschiedenen Anwendungen verweilt. Das vom Bundesministerium des Innern und für Heimat geförderte Portal Digitalführerschein (DiFü) empfiehlt, hierfür datenschutzkonforme Appszu verwenden. Diese dokumentieren die Bildschirmzeit und man kann selbst Zeitlimits für bestimmte Apps festlegen, sodass man zum Beispiel sein liebstes Onlinespiel wirklich nur so lange spielt, wie man es geplant hat. So könne man einen Überblick über seine tatsächliche Bildschirmzeit bekommen, so das Portal Klicksafe, und anfangen, sie bewusst zu reduzieren.

3. Technische Einstellungen nutzen

Um nicht ständig verführt zu werden, aufs Smartphone zu schauen, ist es sinnvoll, Push-Meldungen zu deaktivieren. Manche Apps kann man vorübergehend auch ganz sperren, wenn man eine tiefe Konzentrationsphase ohne Ablenkung braucht. Auch bei sozialen Kontakten kann es helfen, wenn nur Nachrichten von wichtigen Personen mit einem akustischen oder einem Vibrations-Signal angekündigt werden. Alle anderen werden stumm geschaltet, sodass man selbst entscheidet, wann Zeit ist, darauf zu reagieren.

4. Bewusst digitale Freiräume schaffen

Ein Handy liegt auf einem Teller mit Besteck daneben und ein paar Kräutern auf dem Tisch. © Colourbox Foto: #228088
Medienfasten kann helfen, die eigenen digitalen Gewohnheiten zu überprüfen und bewusst anzupassen.

Die Verführung durchs Smartphone ist groß. Vielen hilft es, bewusst smartphonefreie Phasen einzuplanen, wie zum Beispiel während der Familienzeit oder beim Treffen mit Freunden. Auch konkrete Zeiten, wie eine Stunde am Vormittag oder einen Nachmittag am Wochenende kann man wählen, um medienfreie Zeit zu erhalten. Smartphonefreie Räume können helfen, den Konsum bewusst zu reduzieren. So kann das Schlafzimmer und der gemeinsame Esstisch zur handyfreien Zone erklärt werden. In diesen Zeiten ist es sinnvoll, das Smartphone außerhalb des Sichtfeldes aufzubewahren, um es sich selbst leichter zu machen.

5. Soziales Umfeld einbeziehen

Um seine digitale Entgiftung möglichst erfolgreich durchzuführen, ist es bestärkend, das soziale Umfeld mit ins Boot zu holen. Andere zu informieren, um Unterstützung zu bitten und gegebenenfalls mit einer anderen Person gemeinsam eine Zeitlang das "Medienfasten" auszuprobieren, ist wertvoll, um nicht in alte Muster zu verfallen.

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