Ein Krankenpfleger schiebt einen Wagen über einen Flur im Krankenhaus Siloah in Hannover. © NDR Foto: Mandy Sarti
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AUDIO: AOK und TK melden Zunahme von Behandlungsfehlern in SH (1 Min)

Behandlungsfehler in Schleswig-Holstein nehmen zu

Stand: 05.03.2024 13:04 Uhr

Die Zahl der Behandlungsfehler in Schleswig-Holstein ist gestiegen. Allein bei der AOK gingen in den letzten drei Jahren knapp 600 Meldungen ein. Jeder fünfte Verdacht bestätigte sich als Behandlungsfehler.

243 mal Verdacht auf einen Behandlungsfehler meldet die AOK für das vergangene Jahr. Das sind laut AOK fast 100 mehr als im Vorjahr. Auch die Techniker Krankenkasse verzeichnet steigende Zahlen. Die meistens Behandlungsfehler tauchen laut Techniker mit 33 Prozent in der Chirurgie auf. Das betrifft auch die Operationen im Bereich Orthopädie, Gynäkologie oder Zahnbehandlungen. Das Spektrum der Behandlungsfehler reicht dabei von falschen Medikamenten über vergessenes OP-Besteck im Bauchraum bis zu einer Behandlung des falschen Körperteils, beispielsweise linkes statt rechtes Bein.

Im Zweifel bei der Krankenkasse melden

Allerdings würden sich nicht alle Verdachtsfälle bestätigen, manchmal müsse die AOK auch aufklären: "Es kommt immer wieder vor, dass nach einer Operation eine Komplikation auftritt die völlig normal ist, wie Schmerzen nach einem neuen Knie- oder Hüftgelenk zum Beispiel", sagt Jens Kuschel von der AOK Nordwest. Trotzdem sollten die Patientinnen und Patienten sich bei ihrer Krankenkasse melden, wenn sie den Verdacht haben, dass etwas nach einem Eingriff nicht stimmt - nur so könne der Fall geprüft werden. Von dort kann die Krankenkasse den Fall weiter an den medizinischen Dienst geben, der dann weitere Gutachten erstellt.

Verfahren können Jahre dauern

Laut Techniker Krankenkasse zeigen Studien eine erhebliche Dunkelziffer von Behandlungsfehlern, weil viele Betroffene diese gar nicht erkennen könnten und sich nicht bei ihrer Krankenkasse melden. Tun sie es doch, kann es sein, dass das Verfahren Jahre dauert. Angestrebt sei zwar eine außergerichtliche Einigung, wenn das nicht klappt würde die Krankenkasse auch Klage einreichen, sagt Jens Kuschel.

Patienten müssen für sich selbst klagen

Das Problem daran: die Kassen dürfen nur für sich klagen, nicht für die Versicherten. So hat die AOK in den vergangen Jahren rund 12 Millionen Euro zurück fordern können, die aufgrund eines Behandlungsfehlers entstanden waren. "Die Versicherten müssen dann für sich selbst klagen, bekommen aber von uns dann die Gutachten und Unterlagen gestellt, damit haben wir gute Erfahrung gemacht", sagt die AOK. Laut Ärztekammer sei mit einer durchschnittlichen Verfahrensdauer von 12-18 Monaten zu rechnen. Doch laut AOK dauere es manchmal sogar so lange, dass die Patientinnen oder Patienten bereits verstorben seien wenn das Urteil gesprochen wird.

AOK Nordwest fordert Verbesserung des Patientenrechtegesetz

Hilfe und Informationen erhalten Patientinnen und Patienten bei Vereinen wie Patientenombudsmann e.V., der Schlichtungsstelle der Ärztekammer oder dem Bundesministerium für Gesundheit. Es müsse sich aber grundsätzlich etwas ändern, sagt ein Sprecher der AOK und fordert deshalb, dass beim Patientenrechtegesetz nachgebessert wird. Insbesondere dürfe es nicht mehr in der Verantwortung der Betroffenen liegen Behandlungsfehler beweisen zu müssen. Außerdem hält die AOK es für sinnvoll, wenn eine Haftpflichtversicherung für die Behandelnden im Gesundheitswesen verpflichtend eingeführt wird, weil es offenbar immer wieder vorkommt, dass diese nicht ausreichend versichert sind.

Es fehle laut AOK an einem Bewusstsein, dass die Zahl Behandlungsfehler hoch ist. Damit sich das ändert müsse sich auch ein Umgang mit Fehlern im Gesundheitswesen ändern und schon als Teil der Ausbildungskultur begriffen werden. Denn immer wenn Menschen behandeln könnten auch Fehler passieren - daraus sollte für die Zukunft gelernt werden, um die Zahlen wieder zu verringern.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 05.03.2024 | 13:00 Uhr

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