Stand: 19.12.2016 17:59 Uhr

Zeichen der Emanzipation im Hamburger Rathaus

von Ruth Asseyer

Wie werden Frauen im Hamburger Rathaus dargestellt? Das wollten die Historikerinnen Rita Bake und Brigit Kiupel wissen und haben sich auf die Suche nach Darstellungen von Frauen gemacht. Eine neue Broschüre der Landeszentrale für politische Bildung fasst ihre Ergebnisse zusammen.

Titelbild der Broschüre: Von realen und idealen Frauen im Hamburger Rathaus
Über dem Hamburger Rathaus-Portal thront die Stadtgöttin Hammonia mit Hermelinpelz und Mauerkrone.

Über dem Rathaus-Portal thront die Stadtgöttin Hammonia, königlich gekleidet mit Hermelinpelz und Mauerkrone auf dem Kopf. Das Steuerrad in ihren Händen beweist: Die Dame hat Führungsqualität und lenkt sicher die Stadtrepublik. "Hamburg hatte ja keine Fürstin, das heißt, es gibt hier keine fürstliche Landesmutter in Hamburg", erklärt Kiupel. "Meine These ist, dass Hammonia diese Funktion übernommen hat." Die Hammonia ist nach dem Vorbild antiker Stadtgöttinen gestaltet.

Tugendhaftigkeit besonders wichtig

Solche antiken Anleihen finden sich überall im Rathaus: Die Göttinnen der Gnade und der Gerechtigkeit flankieren den Eingang ins Senatsgehege. Im Bürgermeistersaal sitzt Clio, die Muse der Geschichtsschreibung, auf dem Kaminsims und schreibt in ein großes dickes Buch. Wandgemälde umschließen den runden Turmsaal. Darauf zu sehen sind sehr sinnliche, teilweise halb nackte Frauengestalten. Sie stellen die Stadtrepubliken Venedig, Amsterdam Athen und Rom dar. Die wurden damals allerdings alle ausschließlich von Männern regiert.

Wenn es um die Darstellung realer Frauen geht, war und ist die Frage der Tugendhaftigkeit besonders wichtig. Schauspielerinnen oder gar Prostituierte abzubilden, ist ausgeschlossen. Auf der Frauensäule in der Rathausdiele sind nur die Porträts von Hamburgerinnen zu sehen, die sich durch Wohltätigkeit ausgezeichnet haben, wie etwa die streng protestantische Amalie Sieveking oder die Demokratin Charlotte Paulsen.

Zigarette als Zeichen der Emanzipation

Lange hat es gedauert, bis Frauen nicht nur als dekoratives Bild der Tugend, sondern auch als Machtträgerin ins Rathaus zogen. 1919 gab es zum ersten Mal weibliche Bürgerschaftsabgeordnete. Paula Karpinski war 1946 die erste Senatorin, ihr Porträt hängt im Flur des Senatsgeheges. Und die Abgeordnete und Vorsitzende der Verbraucherzentrale Elsbeth Weichmann hat es auf einem Doppelporträt mit ihrem Mann, dem ehemaligen Bürgermeister Herbert Weichmann, ins Empfangszimmer geschafft, sagt Birgit Kiupel.

"Sie sitzt vor einer roten Wand", beschreibt Kiupel, "Sie hat eine sehr kapriziöse Haltung, das heißt, die Beine übereinandergeschlagen, in einem roten Kleid mit einem Perlenkettchen und in der rechten Hand eine Zigarette mit Spitze." Die Zigarette als Zeichen der Emanzipation, das hat 1987, als das Bild aufgehängt wurde, noch funktioniert.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | Kulturjournal | 19.12.2016 | 19:00 Uhr

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