Stand: 11.07.2012 13:00 Uhr

Netzausbau: Bürger an Westküste fordern Erdkabel

Um den Strom aus erneuerbaren Energien von Norden nach Süden transportieren zu können, müssen laut der Deutschen Energie-Agentur (dena) 3.800 Kilometer neue Höchstspannungsleitungen in den nächsten zehn Jahren gebaut werden. In Schleswig-Holstein sind Hunderte Kilometer neue Überlandleitungen geplant. Unter anderem will Netzbetreiber Tennet zwischen Brunsbüttel und Niebüll eine 380-Kilovolt-Freiland-Leitung bauen. Dagegen erhebt sich heftiger Bürgerprotest. Viele Anwohner haben Angst vor Elektrosmog und fürchten um ihre Gesundheit. Andere fürchten, dass ihre Eigenheime durch die Leitungen an Wert verlieren.

Bürgerinitiative: "Unsere Forderung ist ganz krass"

Die Bürgerinitiative "Westküste trassenfrei" fordert deshalb die Verlegung von Erdkabeln. "Unsere Forderung ist ganz krass - nämlich die Trasse unter die Erde zu legen. Das heißt, wir fordern im Grunde ein Pilotprojekt auch für unseren Bereich", sagt Sprecher Andre Tesch. Allerdings sind unterirdische Höchstspannungstrassen noch nicht ausreichend erprobt. In Deutschland gibt es bislang vier Pilotprojekte, um die komplexe Technik zu testen. Schleswig-Holstein ist jedoch nicht dabei. Umweltminister Robert Habeck (Grüne) hatte sich am Montagabend mit Stromtrassen-Kritikern getroffen. Der Grünen-Politiker versteht die Sorgen, aber er sieht auch Probleme mit der Verlegung von Erdkabeln: "Die Möglichkeit gibt es. Nur sind die Kosten enorm. Sie ist technisch noch nicht so ausgefeilt, dass man sagen kann, das ist die Lösung für alle Probleme. Häufig schafft es Probleme."

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Hochspannungsmasten bei Sonnenuntergang © dpa Foto: Daniel Karmann

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Kosten für Erdkabelverlegung enorm

Die Verlegung von Erdkabeln ist laut Bundesnetzagentur vier - bis achtmal teurer als der Bau von Freileitungen - je nach Beschaffenheit des Untergrundes und des Geländes. So würde die geplante Überlandtrasse von Brunsbüttel nach Niebüll etwa 1,2 Millionen Euro pro Kilometer kosten. Bei einer Erdverkabelung lägen die Kosten etwa zwischen zwei und zwölf Millionen Euro. Nach Angaben des Netzbetreibers Tennet bedeuten Erdkabel auch einen großen Eingriff in die Natur. Weil sich nur kurze Teilstücke des schweren Kabels transportieren und verlegen lassen, muss in regelmäßigen Abständen eine Verbindungsstelle her. Die Gebäude für die sogenannten Muffen seien so groß wie eine Garage. Davon bräuchte man für eine Erdkabel-Trasse mehrere nebeneinander - und das alle 900 Meter, hieß es vom Unternehmen.

Habeck erwägt Verzicht auf Hochspannungsleitung

Robert Habeck auf der Bundesdelegiertenkonferenz der Partei "Bündnis 90 / Die Grünen" in Kiel. © dpa-Bildfunk Foto: Angelika Warmuth
Schleswig-Holsteins Energieminister Robert Habeck will offenbar auf geplante auf Hochspannungsleitungen verzichten.

Unterdessen will Habeck prüfen lassen, ob von den geplanten Hochspannungsleitungen von Kiel und Lübeck nach Göhl in Ostholstein eine verzichtbar ist. "Untersucht werden soll, ob durch den Verzicht auf eine Leitung die Versorgungssicherheit gefährdet ist", hieß es am Dienstag in einer Stellungnahme des Grünen-Politikers zum Netzentwicklungsplan. Dieser beinhaltet für die nächsten Jahre den Strombedarf in Deutschland, die Produktion und die Wege, die der Strom nehmen soll. Die Netzbetreiber sollen nun klären, ob der Verzicht auf eine der genannten 380-KV-Leitungen technisch möglich und sinnvoll wäre.

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