Stand: 13.03.2014 17:47 Uhr

Investorenbauten in der Kritik

Baustelle der JVA Waldeck © picture-alliance Foto: Jens Büttner
Beim Bau der JVA Waldeck in den 1990er-Jahren ging offenbar nicht alles mit rechten Dingen zu.

Korruption, Bestechung und krumme Geschäfte: Als die Justizvollzugsanstalt (JVA) Waldeck bei Rostock in den 1990er-Jahren gebaut wurde, ist möglicherweise nicht alles mit rechten Dingen zugegangen. Der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Wilhelm B., soll die Hand aufgehalten haben, als der Bau-Auftrag des Landes an einen privaten Investor vergeben wurde. Berichte des NDR und von Arte über das zwielichtige Vorgehen des Landes und von Investoren haben eine neue Debatte über Sinn und Zweck von Investorenbauten und öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) angestoßen. Am Donnerstag hat sich der Landtag mit den Kosten und dem Nutzen solcher Bauprojekte beschäftigt - im Detail auch mit den offenen Fragen rund um die JVA Waldeck.

Bündnisgrüne: Welcher Schaden ist dem Land entstanden?

Der Finanzexperte der Bündnisgrünen, Johannes Saalfeld, sparte nicht mit Vorwürfen an die Landesregierung: Sie mauere, erkläre Akten zur Verschlusssache und wisse nicht, wie teuer das Projekt JVA Waldeck am Ende für die Landeskasse wird, so Saalfeld. Immerhin habe die Regierung die Staatsanwaltschaft wegen der Korruptionsvorwürfe eingeschaltet, das aber reiche nicht: "Uns interessiert nicht nur die strafrechtliche Dimension, uns interessiert auch, welcher wirtschaftliche Nachteil oder Schaden für das Land entstanden sein könnte." Die Bündnisgrünen beantragten, dass der Landesrechnungshof die Verträge nochmal überprüfen soll.

Linke zweifelt Kosten-Nutzen-Verhältnis an

Saalfeld sagte, es sei beispielsweise ungeklärt, ob das Land am Ende jene Grundstücke, die sie für eine symbolisch Mark in den 1990er-Jahren an den Investor verkauft hatte, teuer zurückkaufen müsse. Auch Linksfraktionschef Helmut Holter sieht viele offene Fragen bei ÖPP und Investorenbauten. Immerhin zahle das Land zwölf Millionen Euro Miete für insgesamt elf Objekte, aber Details zu den Verträgen gingen an Öffentlichkeit und Parlament vorbei.

"Hinzu kommt, dass es bei weitem nicht bei allen Gebäuden klar ist, wieviel das Land berappen muss, um diese am Ende der Laufzeit zu kaufen. Es muss dann neu verhandelt werden." Das alles zeige, dass bei diesem Thema mehr Transparenz nötig sei. Außerdem seien Kosten und Nutzen der Geschäfte zwischen Land und Investoren zweifelhaft, so Holter. Im Fall Waldeck habe der Bau 55 Millionen Euro gekostet, aber das Land zahle 30 Jahre lang Miete - insgesamt 120 Millionen Euro, rechnete der Linksfraktionschef vor.

Ministerin: Land plant derzeit keine weiteren ÖPP-Projekte

Finanzministerin Heike Polzin (SPD) konterte: Investorenbauten seien kein Teufelszeug. Die Zahlen seien transparent im Haushalt nachzulesen. Als glühende Anhängerin von Investorenbauten gab sich die Finanzministerin allerdings nicht zu erkennen: "Man muss die Wirtschaftlichkeit abwägen. Da sind sicherlich auch gelungene Projekte dabei. Wir für uns als Landesregierung haben zur Zeit nicht die Absicht, ein weiteres in Gang zu bringen."

Land will Polizeizentrum Anklam zurückkaufen

Dagegen plane das Land, das Polizeizentrum Anklam noch in diesem Jahr aus der Hand eines privaten Investors zurückzukaufen, wie Polzin erklärte. Der Komplex wurde im März 2003 als sogenannter Investorenbau fertiggestellt - eigentlich sollte das Land noch bis 2021 eine jährlich Miete von 1,3 Millionen Euro zahlen. Jetzt aber kauft das Land früher - für 15,3 Millionen Euro. Das sei günstiger, so Polzin, die Notarverträge seien bereits unterschrieben. Der frühzeitige Kauf sei aber nur möglich, weil sich der Investor dazu bereit erklärt habe. Bereits in der Vergangenheit hatte das Land vorzeitig Gebäude von privaten Investoren zurückgekauft, zum Beispiel das Justizzentrum in Stralsund.

Opposition scheitert mit Anträgen

Mit Blick auf die Korruptionsvorwürfe im Fall JVA Waldeck sagte Polzin, die Landesregierung habe die Sache schon im vergangenen November der Staatsanwaltschaft übergeben. Den Vorwürfen werde auf den Grund gegangen. Am Ende der Debatte scheiterten Linke und Grüne mit ihrer Forderung nach mehr Transparenz. Die Regierungsmehrheit aus SPD und CDU lehnte die Oppositionsanträge ab.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | 13.03.2014 | 16:15 Uhr

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