Schlaglöcher in SH: Richter spricht von "Land der Buckelpisten"
Friedhelm Röttger ist der Vorsitzende des 7. Zivilsenats am Oberlandesgericht (OLG) in Schleswig und kümmert sich um sogennannte Straßenverkehrssachen. Schleswig-Holstein bezeichnet er als "Land der Buckelpisten".
Seit mittlerweile 30 Jahren arbeitet Röttger als Richter, und zuletzt geht es bei ihm vermehrt um Schlaglöcher. "Die Fälle haben sich in den letzten zwei bis drei Jahren verdoppelt, wenn nicht sogar verdreifacht", schätzt der erfahrene Richter, der landesweit von 50 bis 100 Fällen pro Jahr ausgeht. Und dies seien nur jene Fälle, die vor den vier Landgerichten verhandelt werden. Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen, meint Röttger.
Nach Einschätzung des OLG in Schleswig (Kreis Schleswig-Flensburg) müssen wenig befahrene Straßen mindestens einmal im Monat kontrolliert werden, stark frequentierte Hauptverkehrsadern, zum Beispiel in Städten, mindestens einmal pro Woche. "Problemstrecken" wie die Rader Hochbrücke sollten, so die Forderung des Gerichts, sogar täglich auf Schlaglöcher überprüft werden.
Wann ein Schlagloch als gefährlich gilt
Auf Straßen gilt laut Richter Friedhelm Röttger die Faustregel: 15 Zentimeter sind ein Problem! Auf Radwegen könnten schon vier Zentimeter tiefe "Krater" vermehrt zu Unfällen oder Schäden führen. Auf Fußwegen werde schon ein Schlagloch oder ein "Hubbel" von drei Zentimetern zu einer potenziellen Stolperfalle. Und: Sind solche Schlaglöcher nicht abgesichert, haben Geschädigte im Regelfall Anspruch auf Schadensersatz.
Betroffen? Beweise sichern!
OLG-Richter Röttger empfieht Verkehrsteilnehmern neben einer Kamera auch immer einen Zollstock dabei zu haben. "Nach einem Unfall sollte das Schlagloch ausgemessen und fotografiert werden. Die Chancen eine Entschädigung zu bekommen, steigen natürlich mit der Klarheit der Beweise", erklärt Röttger. In der Regel gehe es um Schäden zwischen 1.000 und 4.000 Euro. Wichtig sei es außerdem, Schlaglöcher bei der Kommune, dem Land oder dem Bund zu melden - je nach Zuständigkeit.
Finanzielles Risiko als Hemmnis für mögliche Klage
Auf die Frage, ob sich eine Klage lohnt, antworten Juristen gern mit: "Das kommt darauf an." In der Regel, sagt Röttger, werde zunächt eine außergerichtliche Einigung angestrebt. Verweigert zum Beispiel bei einer schlaglöchrigen Gemeindestraße die Verwaltung eine Entschädigung, dann muss zunächst vor dem Landgericht geklagt werden. In nächster Instanz wäre dann das Oberlandesgericht in Schleswig zuständig. "Die Erfolgsaussichten hängen tatsächlich vor allem von den Beweisen ab. Zeugen sind dabei natürlich besonders hilfreich", so Röttger. Ohne eine Verkehrsrechtsschutzversicherung bleibe für Betroffene aber immer ein gewisses finanzielles Risiko. Viele würden deshalb lieber auf eine Klage verzichten, sagt der Richter, der trotzdem in den nächsten Monaten und Jahren viel Arbeit auf sich und seine Kollegen zukommen sieht.