SH fördert Grundschul-Ganztagsbetreuung mit 200 Millionen Euro

Stand: 13.10.2023 17:33 Uhr

2026 soll der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen in Schleswig-Holstein kommen. Bildungsministerin Prien hat am Freitag erste Eckdaten im Landtag vorgestellt. Die Opposition sieht noch viele offene Fragen.

von Fabian Boerger

Erst soll er für Kinder der ersten Klassen gelten und dann ausgeweitet werden - 2026 kommt der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen. Das gab Bildungsministerin Karin Prien (CDU) in einer Sitzung des Landtages bekannt. Die Umsetzung sei ein Kraftakt, sagte sie, doch sei es eine wichtige Errungenschaft zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf und hin zu mehr Bildungsgerechtigkeit.

Land übernimmt 85 Prozent der Kosten für neue Plätze 

Um neue Ganztagsplätze zu ermöglichen, will das Land zum einen 85 Prozent der zu investierenden Kosten übernehmen. Rund 200 Millionen Euro werden zu dem Zweck zur Verfügung stehen. Zum anderen sollen die laufenden Betriebskosten zu 75 Prozent vom Land getragen werden. Darauf einigte sich das Land mit den kommunalen Landesverbänden. Außerdem soll die Abrechnung mithilfe einer Pro-Kopf-Pauschale vereinfacht werden.

Opposition: Zu viele offene Fragen 

Zu viele offene Fragen, kritisiert die Opposition. Der Zwischenbericht sei eine sehr pauschale Darstellung, sagt Martin Habersaat, bildungspolitischer Sprecher der SPD. Unklar sei, wie hoch der Beitrag der Eltern sein wird. Offen sei auch, wie groß die Nachfrage insgesamt sei und woher das qualifizierte Personal kommen soll. Christopher Vogt (FDP) kritisiert wiederum, dass bisher die Wünsche der Eltern nicht erfasst worden seien. "Man muss doch den Bedarf kennen, wenn man auf etwas hinarbeitet." 

Prien: Solide Grundlage für Rechtsanspruch ab 2026 

In den kommenden Monaten sollen die Details zur finanziellen Umsetzung sowie zur qualitativen Ausgestaltung gemeinsam mit kommunalen Vertretern ausgearbeitet werden. Dann wird es auch um Betriebskosten und Elternbeiträge gehen. Ein Rahmenkonzept soll bis Ende 2024 vorliegen. Rund 96 Prozent der öffentlichen Grundschulen verfügen laut Bildungsministerium schon jetzt über ein schulisches Ganztags- und Betreuungsangebot. Das sei eine solide Grundlage, so Prien, damit der Rechtsanspruch ab 2026 ermöglicht werden könne.

Studie: Angebot an Ganztagseinrichtungen in Schleswig-Holstein ist ungenügend 

Das Problem ist, dass die Angebote nicht genutzt werden. Nur jedes fünfte Grundschulkind in Schleswig-Holstein besuchte 2021 eine Ganztagsschule. Im Bundesdurchschnitt ist es jedes zweite Kind. Zu diesem Schluss kommt der aktuelle Bildungsmonitor der Initiative "Neue Soziale Marktwirtschaft". Demnach landete Schleswig-Holstein im bundesweiten Vergleich im Mittelfeld. Das Fazit der Studie: Das Angebot an Ganztagseinrichtungen in Schleswig-Holstein sei ungenügend. 

Angebote nicht attraktiv genug

Gründe für das Ergebnis nennt die Studie nicht. Ein Autor der Studie sagte NDR Schleswig-Holstein: Die Erfahrungen würden zeigen, dass die Angebote nicht attraktiv genug seien. Dabei findet das System der ganztägigen Betreuung Anklang: Laut des aktuellen ifo-Bildungsbarometers sprechen sich mehr als die Hälfte der Deutschen (53%) für die Einführung eines Ganztagschulsystems aus. Vor zehn Jahren, 2014, waren es noch 60 Prozent. 

Unterschiedliche Qualität, unterschiedliche Nachfrage 

Die Qualität des Betreuungsangebots sei in Schleswig-Holstein unterschiedlich. Die Nachfrage spiegele das in der Regel wider, heißt es auf Nachfrage vom Landeselternbeirat der Grundschulen und Förderzentren. Gründe seien fehlende finanzielle oder personelle Ressourcen. Hinzu kämen gestiegene Kosten. Die angespannte wirtschaftliche Situation hätte auch die Betreuung teurer gemacht. Das bestärke die Entscheidung vieler Eltern, sich gegen die Ganztagsbetreuung zu entscheiden. 

Auffassung von Ganztagsbetreuung nicht ausreichend

Joachim Karschny, Geschäftsführer des freien und gemeinnützigen Jugendhilfeträgers Kinderwege, kritisiert, dass insgesamt die Auffassung des Landes von Ganztagsbetreuung nicht ausreichend sei. Es werde davon ausgegangen, dass mehr oder weniger unverbindliche Kursangebote die Kriterien der Ganztagsbetreuung erfüllen würden. Dabei sollte Ganztagsbetreuung von einem verbindlichen Rahmen pädagogisch orientierter Gruppenangebote gekennzeichnet sein. Das sei vor allem im Hinblick auf das Thema Bildungsgerechtigkeit wichtig.

Ganztagsangebote sind aktuell unverbindlich 

Bei der ganztägigen Betreuung gibt es aktuell keine konkrete gesetzliche Regelung in Schleswig-Holstein. Vielmehr wird eine Richtlinie angewendet, die das Angebot regelt. Demnach sind offene Ganztagsschulen ein ergänzendes und unverbindliches Angebot zum regulären Unterricht. Schülerinnen und Schüler können sich freiwillig anmelden. Das Angebot muss an mindestens drei Wochentagen stattfinden und jeweils sieben Stunden, inklusive Unterricht, abdecken. Außerdem muss gewährleistet sein, dass die Kinder während dieser Zeit mit einem Mittagessen verpflegt werden. 

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Schleswig-Holstein Magazin | 13.10.2023 | 19:30 Uhr

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