Rinderleasing - Fleischkonsum neu gedacht
Wie kann man Fleischkonsum nachhaltiger und tierfreundlicher gestalten? Das wird aktuell vielfach diskutiert. Eine Möglichkeit ist die Übernahme einer Patenschaft für Rinder, Schweine, Geflügel und Co. bei Landwirten aus der Region.
Ann-Kathrin und Marie Kosemund haben vor 13 Monaten die Patenschaft für den Jungbullen "Tatonka" übernommen. Die Geschwister zahlen 150 Euro monatlich für das Futter und die Tierarztkosten. Dazu kommen noch rund 300 Euro für die Schlachtung. Ihr Wunsch sei es schon länger gewesen, zu wissen wo das Fleisch herkommt und wie das Tier aufgewachsen ist, erzählt Marie Kosemund. Im Preis enthalten ist auch die Arbeit von Landwirt Erik Kolmorgen. Er bietet diesen Kauf auf Raten oder - wie er es nennt - das "Leasing-Modell" auf seinem Hof in Arfrade bei Lübeck seit zwei Jahren an. Damit will er den Kontakt zwischen Mensch und Tier wieder herstellen. Neben Rindern bietet er auch Schweine im Leasing an.
Das gesamte Tier wird verarbeitet
Nach zehn Monaten kann das Rind geschlachtet werden. Dann bekommt die Familie je nach Gewicht und Alter des Tieres rund 100 Kilogramm Fleisch - hat dafür durchschnittlich 2.000 Euro bezahlt. Pro Kilogramm Fleisch sind das 20 Euro. Weil aber das gesamte Tier verarbeitet wird, fallen neben Steak auch Suppenfleisch, Knochen und Pansen an. Davon will die Familie Kosemund unter anderem auch ihre Hunde mitversorgen. Rund ein Jahr kommt die Familie durchschnittlich mit dem Vorrat aus. Überreste wie das Fell werden von Landwirt Erik Kolmorgen weiterverarbeitet und verkauft.
Klima und Umweltaspekte rücken in den Hintergrund
So eine Patenschaft kann sich aber nicht jeder leisten. Laut einer aktuellen Online-Umfrage im Auftrag des Deutschen Instituts für Lebensmitteltechnik (DIL) führen steigende Lebensmittelpreise und Sorge vor Knappheiten dazu, dass Verbraucherinnen und Verbraucher eher auf günstigere Preise oder Sonderangebote beim Einkauf achten. Rund 70 Prozent der Befragten gaben demnach an, dass sie aktuell mehr Geld für Lebensmittel ausgeben als vor dem Krieg in der Ukraine. Klima und Umweltaspekte rücken dadurch aktuell in den Hintergrund.
Alternative: Langfristige Patenschaft auf dem Gnadenhof
Rund einmal im Monat besuchen seine Kunden im Durchschnitt ihre Rinder, erzählt Erik Kolmorgen. Andere Paten verzichten auf regelmäßigen Kontakt - zu groß ist die Sorge, dass die Bindung zwischen Mensch und Tier zu groß wird. In diesem Fall können die Paten entscheiden, das Tier nicht schlachten zu lassen, sondern auf dem Gnadenhof von Erik Kolmorgen unterzubringen. Drei Gnadenhof-Rinder bewirtet der 27-Jährige aktuell. Für Marie Kosemund und ihre Schwester Ann-Kathrin eine Frage der Einstellung: "Wenn wir merken, wir können das eigentlich gar nicht über das Herz bringen, dann müssen wir Vegetarier werden. Weil das eigentlich nicht mehr rechtfertigt, dass wir in den Supermarkt gehen und das Fleisch kaufen, ohne zu wissen, wie es der Kuh ergangen ist."