Das Kernkraftwerk Emsland. © dpa-Bildfunk Foto: Sina Schuldt

Parteien in SH tragen AKW-Entscheidung von Scholz mit

Stand: 18.10.2022 20:37 Uhr

Nach der Entscheidung von Bundeskanzler Scholz, drei Atomkraftwerke noch länger am Netz zu lassen, begrüßen sowohl FDP als auch Grüne in Schleswig-Holstein, dass in der Debatte nun Klarheit herrscht.

Schleswig-Holsteins Energieminister Tobias Goldschmidt (Grüne) hat die Entscheidung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zum Weiterbetrieb der drei verbliebenen Atomkraftwerke bis Mitte April 2023 insgesamt begrüßt. "Der Bundeskanzler hat Klarheit geschaffen und damit die von FDP und CDU geführte Diskussion endlich beendet", sagte der Grünen-Politiker.

Scholz hatte am Montag angeordnet, drei deutsche Atomkraftwerke weiter in Betrieb zu lassen - längstens bis zum 15. April. Neben den Atomkraftwerken Isar 2 in Bayern und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg betrifft diese Entscheidung auch das AKW Emsland. Dabei hatten sowohl Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil und Umweltminister Olaf Lies (beide SPD) in den vergangenen Wochen auf die geringe Notwendigkeit, das AKW bis ins nächste Jahr zu betreiben, verwiesen.

FDP: AKW-Abschaltung wäre verrückt gewesen

Auch Goldschmidt bezeichnete die Entscheidung hinsichtlich des AKWs Emsland als unnötig, sprach aber dennoch von einem "guten, grünen Ergebnis" nach einer langen Debatte. "Die energiepolitische Herausforderungen sind viel größer als die nuklearen Tagträumereien der FDP", so Goldschmidt.

Die FDP in Schleswig-Holstein findet dagegen, die Entscheidung von Scholz sei vor allem "wegen der Starrsinnigkeit der Grünen" notwendig geworden. Der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Christopher Vogt sagte: "Mit Blick auf die hohen Strompreise, die Netzstabilität und auch den Klimaschutz wäre es verrückt gewesen, schon zu Silvester ein funktionierendes Kernkraftwerk vom Netz zu nehmen und damit das Angebot weiter zu verringern."

SPD und Grüne seien nun in der Pflicht, zu erklären, wie sie eine verlässliche und auch bezahlbare Energieversorgung im Winter 2023/24 sicherstellen wollen ohne neuen Brennstäbe zu bestellen wollen.

Grüne wollen keine neuen Brennstäbe und Atomausstieg 2023

Das Kernkraftwerk Emsland. © dpa-Bildfunk Foto: Sina Schuldt
AUDIO: Das sagen die Grünen zu AKW-Entscheidung von Scholz (1 Min)

Dass eben keine neuen Brennstäbe bestellt werden, ist aus Sicht der Grünen aber entscheidend. "Das Wichtige ist, dass nicht noch mehr Atommüll produziert wird", sagte der ehemalige Fraktionsvorsitzende Karl-Martin Hentschel, der in den 70er-Jahren Demonstrationen gegen das Kernkraftwerk Brokdorf mitorganisiert hat.

Goldschmidt betonte, mit Blick auf Schleswig-Holstein sei wichtig, dass eine Reaktivierung abgeschalteter Reaktoren wie eben Brokdorf nicht infrage komme. Außerdem wollen die Grünen unbedingt am Atomausstieg 2023 festhalten. "Für uns ist klar: Kein Ausstieg aus dem Ausstieg, keine neuen Brennelemente", sagte die Landesvorsitzende Anke Erdmann. Sie bezeichnete die Entscheidung über den verzögerten Ausstieg als Kompromiss, der bei den Grünen zwar kein Hurra hervorgerufen habe, mit man aber unterm Strich gut leben könnte.

Hentschel sagte zudem, er gehe nicht davon aus, dass ein Weiterbetrieb in Norddeutschland notwendig sei, weil bereits viel Strom aus Windenergie produziert werde. Das Problem läge vor allem in Süddeutschland, weil dort jahrelang erneuerbare Energie blockiert worden seien.

Die Grüne Jugend in Schleswig-Holstein dagegen ist empört, besonders über die Entscheidung, auch den Atommeiler im Emsland weiterlaufen zu lassen. Dieser sei für die Energieversorgung irrelevant, sagte die Landesvorsitzende Johanna Schierloh. Stattdessen brauche es eine stärkere Fokussierung auf erneuerbare Energien.

Günther: SH wird Entscheidung im Bundesrat mittragen

Die Verlängerung der Laufzeiten der drei Atommeiler muss auch vom Bundesrat beschlossen werden. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) signalisierte nach Rücksprache bei seinem grünen Koalitionspartner bereits im Gespräch mit NDR Schleswig-Holstein, in der Länderkammer mit Ja zu stimmen. Er halte die Entscheidung alle drei Kraftwerke weiterlaufen zu lassen, für richtig, sagte Günther.

Energieforscher hält Weiterbetrieb für politische Entscheidung

Laut Klima- und Energieforscher Dr. Pao-Yu Oei von der Europa-Universität Flensburg ist die Diskussion hauptsächlich politischer Natur. Es wäre aus seiner Sicht ökonomisch nicht sinnvoll neue Brennstäbe zu kaufen und in der kurzen Zeit "sowieso nicht umsetzbar, die zu beschaffen." Der Weiterbetrieb des AKW habe zudem kaum Auswirkungen auf das Gesamtenergiesystem, so Oei. Für die Verbraucherinnen und Verbraucher werde sich kaum etwas verändern, da nur minimal weniger Gas verbraucht werde. Die eingesparte Menge sei nicht annähernd vergleichbar mit dem, was Privathaushalte oder die Industrie einsparen könnten.

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Blick auf das Atomkraftwerk Emsland. © picture alliance Foto: Rupert Oberhäuser

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 18.10.2022 | 19:30 Uhr

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