Ein Gruppenfoto der Mannschaft von den Norderstedter Werkstätten, Teilnehmende der Special Olympics © Michael Richter Foto: Michael Richter

Norderstedter Team startet bei Special Olympics in Berlin

Stand: 20.06.2022 18:59 Uhr

Die Special Olympics sind eine Sportveranstaltung für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung. Bis Freitag treten Menschen aus 13 Ländern an, insgesamt 4.000 Athletinnen und Athleten.

von Elin Halvorsen

Allein aus Schleswig-Holstein kommen rund 350 Athletinnen und Athleten zu den Special Olympics nach Berlin, um bei den Wettkämpfen dabei zu sein. In 20 Disziplinen können sie sich Medaillen holen. Dazu gehört auch eine Mannschaft von den Norderstedter Werkstätten und vom ISN, Inklusiver Sportverein Norderstedt. Trainerin Maike Rotermund kam vor fast 40 Jahren als Erzieherin zu den Werkstätten. Damals gab es noch gar kein Sportangebot für Menschen mit geistiger Beeinträchtigung. Sie hat die Teams nach und nach aufgebaut und trainiert ihre Sportlerinnen und Sportler inzwischen ein- bis zweimal die Woche. Die Trainerin wünscht sich generell mehr Anerkennung für Menschen mit Behinderung. "Die bringen genauso Leistung wie nicht-behinderte Menschen. Es ist doch egal, wer das Tor schießt, Hauptsache, es wird gemacht", sagt sie. Sie will den Menschen durch den Sport zu Selbstbewusstsein und Teilhabe an der Gesellschaft verhelfen. "Wir gehen bei den Special Olympics mit Tennis, Radsport, Leichtathletik und Triathlon ins Rennen", sagt sie. Das Besondere am Sportkonzept der Special Olympics ist die Klassifizierungsrunde. Zuerst werden die Teilnehmenden nach Leistungsvermögen, Alter und Geschlecht in Gruppen eingeteilt. So soll ein vergleichbares Niveau in den Disziplinen erreicht werden. "Wir sind in allen vier Sportarten gut aufgestellt", sagt Maike Rotermund. "Die Special Olympics sind sowohl für mich als Trainerin als auch die Sportler das Highlight des Jahres, darauf haben wir hin trainiert", freut sie sich.

Ein langer Weg zu mehr Inklusion in Norderstedt

Ein Studiofoto von Maike Rotermund, Trainerin der Mannschaft von den Norderstedter Werkstätten © Michael Richter Foto: Michael Richter
Maike Rotermund ist die Trainerin der Mannschaft von den Norderstedter Werkstätten.

Als Trainerin Maike Rotermund vor Jahren damit begann, einfache Sportübungen mit den Menschen in den Norderstedter Werkstätten zu machen, merkte sie schnell, dass die viel mehr können. Rotermund begann mit Leichtathletik und probierte dann immer mehr aus. Später dann wollte sie die Menschen mit geistiger Behinderung in die ansässigen Sportvereine integrieren - aber das Projekt scheiterte bald. "Die haben sich da überhaupt nicht wohlgefühlt", sagt sie. Also baute sie einfach selbst Sportbereiche auf. Heute gibt es durch ihre Arbeit einen inklusiven Verein mit etwa 170 Mitgliedern. Im Verein sind rund 50 Prozent der Menschen mit geistiger Beeinträchtigung und 50 Prozent nicht-behinderte Menschen. Das hat geklappt, weil sie den Spieß einfach umgedreht hat: "Bei jeder neuen Sportart vermittele ich erst das Know-how an die Menschen mit Behinderung, dann kommt die neue Sportart in den Verein und danach kommen Nichtbehinderte dazu", erklärt sie. "Wir integrieren also die Nichtbehinderten", sagt sie.

Teilnahme am Fackellauf im Olympiastadion

Zur Eröffnung der Special Olympics gibt es für das Team Norderstedt dieses Mal etwas ganz Besonderes: Zwei Teilnehmer durften am Sonntag die "Flamme der Hoffnung" eine Runde durch das Olympiastadion tragen. "Das ist schon eine große und unvergessliche Sache", sagt Trainerin Maike Rotermund. 400 Meter legen die beiden Leichtathleten Robin Schmidt und Franz Bechler beim Fackellauf zurück. Am Abend endet der Auftakt der Special Olympics mit der Eröffnungsfeier im Stadion An der Alten Försterei. "Die Sportlerinnen und Sportler können es kaum erwarten, dass es endlich richtig losgeht", erzählt sie. Für Robin Schmidt stehen 100 Meter Sprint und 400 Meter Streckenlauf auf dem Plan. Franz Bichler beginnt ebenfalls mit 100 Meter Laufen und Speerwerfen. Im Team Radsport startet Valentina Beck, die schon bei den Weltspielen 2019 in Abu Dhabi sehr erfolgreich war. In Berlin fährt sie 1 und 2 Kilometer Einzelstrecke und 5 Kilometer Straßenrennen für das Team Norderstedt. Insgesamt sind 20 Sportarten bei den Special Olympics vertreten: Badminton, Basketball, Beachvolleyball, Boccia, Bowling, Freiwasserschwimmen, Fußball, Golf, Handball, Judo, Kanu und Kraftdreikampf, Leichtathletik, Radsport, Reiten, Rollerskating, Schwimmen, Tennis, Tischtennis und Triathlon. "Der Triathlon am Freitag ist schon ein krönender Abschluss", sagt die Trainerin. Sie möchte nie wieder eine andere Arbeit machen, bewundert immer wieder die starke Gemeinschaft. "Ich kenne keinen Bereich, in dem Sportbegeisterte so fair miteinander umgehen wie bei den Special Olympics. Sie sind gleichzeitig voller Leidenschaft und Ehrgeiz und freuen sich aber genauso für Erfolge anderer - das ist was Besonderes in der heutigen Gesellschaft", sagt sie. 

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In einem Stadion sprinten Sportler auf der Laufbahn Helfern entgegen. Auf den Stadionrängen sitzen Zuschauer. © SOD Foto: Florian Conrads

Premiere für die Landesspiele der Special Olympics in Kiel

In Kiel treten am Sonnabend Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung in sportlichen Wettkämpfen gegeneinander an. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Schleswig-Holstein Magazin | 19.06.2022 | 19:30 Uhr

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