Migrationsgipfel in SH: Land schafft Platz in Landesunterkünften

Stand: 10.10.2023 07:34 Uhr

In der Debatte um den Umgang mit Geflüchteten hat das Land Schleswig-Holstein seinen Kommunen umfangreiche Hilfen zugesagt. In den Landesunterkünften soll es mehr Plätze geben - einen Verteilungsstopp hingegen nicht.

von Fabian Boerger

Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) hat am Montagabend nach dem sogenannten Migrationsgipfel in Kiel ein Maßnahmenpaket verkündet, mit dem sie für Entlastung bei den Kommunen sorgen will. So erweitert das Land bis zum Ende des Jahres die Plätze in den Landesunterkünften für Geflüchtete von aktuell 7.800 auf 10.000. Bei Bedarf würden auch mehr Plätze eingerichtet, versicherte die Ministerin. 

Kieler Unterkunft am Niemannsweg wird reaktiviert

Aminata Touré steht für ein Interview vor der Kamera © NDR Foto: Fabian Börger
Immigrationsministerin Aminata Touré und Jörg Bülow vom Schleswig-Holsteinischen Gemeindetag sprachen am Montagabend über die Ergebnisse des Migrationsgipfels.

Unter anderem soll eine ehemalige Unterkunft in Kiel reaktiviert werden, um mehr Plätze zu schaffen. Die alte Militär-Schule am Niemannsweg mit einer Kapazität von 800 Plätzen war bereits 2015 als Unterkunft genutzt worden. Nun sollen wieder Geflüchtete dort einziehen.

Container sollen weitere Kapazitäten schaffen

Zudem kündigte die Ministerin an, dass wieder vermehrt auf Unterkünfte in Containern zurückgegriffen werde. 1.400 weitere Plätze sollen so vornehmlich am Standort in Neumünster entstehen. Ob weitere Container hinzukommen, werde fortlaufend geprüft, sagt die Ministerin.

Ankündigungsfrist zur Verteilung von Geflüchteten wird verlängert

Außerdem soll die Ankündigungsfrist zur Verteilung von Geflüchteten statt drei künftig wieder vier Wochen betragen. Das soll den Kommunen weiter den Druck nehmen. Das sei auch dringend notwendig, hatte Ulf Kämpfer (SPD), Kieler Oberbürgermeister, vor dem Gipfel erklärt: "Der Druck muss nachlassen. Das Ende der Fahnenstange ist bald erreicht."

Bülow: "Wichtige Schritte in die richtige Richtung"

Jörg Bülow, Geschäftsführer des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetages, zeigte sich nach dem Gipfel grundsätzlich zufrieden: "Wir sind wichtige Schritte in die richtige Richtung gegangen." Allerdings mahnte er, dass der Druck vorerst bestehen bleibe. Man könne daher noch nicht sagen, ob die Maßnahmen ausreichen.

Weitere Informationen
Lin, eine junge Geflüchtete aus Syrien, kommt in einer Unterkunft in Ratzeburg an © NDR

Geflüchtete in Schleswig-Holstein: Zwischenstopp in Ratzeburg

Die 16-jährige Lin aus Syrien lebte mit ihrer Familie in der Türkei, wo sie das Erdbeben obdachlos machte. 700 Geflüchtete hat Schleswig-Holstein innerhalb einer Woche aufgenommen. mehr

Auch 2024 müsste der Plan zur Integration weiterentwickelt werden, sagte Bülow: "Wichtig ist, dass die Zuzugszahlen insgesamt nach Deutschland und nach Schleswig-Holstein nicht so hoch bleiben."

Kein Verteilungsstopp für die Kommunen in SH

Einen Verteilungsstopp, wie ihn die Kommunen im Vorfeld forderten, werde es allerdings nicht geben, sagte Touré. Das sei nicht realistisch und nicht umzusetzen. Gemeindetag, Landkreistag und Städteverbandhatten im Vorfeld des Gipfels das Land aufgefordert, die Verteilung von Geflüchteten einmalig und für vier Wochen zu pausieren

Geflüchtete ohne Bleibeperspektive bleiben in Landesunterkünften

Deutlich ist das Land wiederum bei Menschen ohne Bleibeperspektive. "Sie werden ab sofort nicht mehr auf die Kreise und kreisfreien Städte weiterverteilt", sagte Touré. Sie sollen stattdessen in den Landesunterkünften verbleiben.

Weitere Informationen
Die Integrationsministerin von Schleswig-Holstein, Aminata Touré (Bündnis 90/Die Grünen) © picture alliance Foto: Frank Molter

Migrationsgipfel: Kommunen fordern Entlastung durch das Land

Bei dem Treffen sollen Forderungen und Hilfen beraten werden. Neue Aufnahmen-Kapazitäten gelten als wahrscheinlich. mehr

Kommunen und Land standen im Vorfeld des Gipfels mächtig unter Druck. Zu dem Gespräch mit Vertretern der Kommunen kamen neben Touré gleich fünf weitere Ressortspitzen, um über Lösungen zu diskutieren. 

Täglich kommen rund 100 Geflüchtete ins Land

Aktuell sind in Schleswig-Holstein laut Landesamt für Zuwanderung und Flüchtlinge 6.509 der 6.720 zur Verfügung stehenden Plätze belegt (Stand. 4.10.). Die maximale Kapazität liegt - wie oben bereits erwähnt - bei 7.800 Plätzen. Täglich nimmt Schleswig-Holstein knapp 100 Geflüchtete auf. Verteilt werden sie auf kommunale Unterkünfte oder auf eine der insgesamt sechs Landesunterkünfte.

Die Landesunterkünfte - von denen die meisten überbelegt sind - liegen in Boostedt, Rendsburg, Bad Segeberg, Seeth, Neumünster und Glückstadt. Die Erstaufnahme-Einrichtung befindet sich in Neumünster.

Weitere Informationen
Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer am 04.08.2022 in seinem Büro im Rathaus. © picture alliance/dpa | Markus Scholz Foto: picture alliance/dpa | Markus Scholz

Neue Landesunterkunft in Kiel: Das sagt Oberbürgermeister Ulf Kämpfer

In der Landeshauptstadt soll eine neue Erstaufnahmeeinrichtung für bis zu 800 Geflüchtete entstehen. Das Land müsse aber mehr tun, so Kämpfer. mehr

Drei Menschen sitzen in einer Flüchtlingsunterkunft. © NDR Foto: Constantin Gill

Geflüchtete: Der Platz in den Kommunen wird knapp

Kronshagen ist eine von vielen Gemeinden, die immer mehr Flüchtlinge zugewiesen bekommen. Ministerin Touré lädt zu einem Spitzengespräch ein. mehr

Eine Frau sitzt auf ihrem Gepäck im Kieler Ankunftszentrum für Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. © picture alliance/dpa Foto: Frank Molter

Unterbringung von Geflüchteten: Viele Kommunen in SH überlastet

Viele Kommunen sind mit der Unterbringung und Betreuung Geflüchteter teilweise überfordert. Sie fordern mehr Unterstützung. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 09.10.2023 | 19:30 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Migration

Nachrichten aus Schleswig-Holstein

Holstein-Kapitän Philipp Sander wischt sich während der Aufsteigsfeier Tränen aus dem Gesicht. © dpa Bildfunk Foto: Frank Molter

Aufstiegsfeier: Holstein legt Kiel lahm

Wenn Holstein-Spieler eine Reise durch die Stadt machen, gibt es kein Halten mehr. Tausende Fans feiern in den Straßen und auf dem Rathausplatz. mehr

Videos