Zwei Wärmepumpen stehen an einem modernen Einfamilienhaus in der Bauphase. © IMAGO / Zoonar

Kippt die Wärmepumpen-Förderung für alle?

Stand: 19.11.2023 11:15 Uhr

Wo neue Nah- oder Fernwärmenetze entstehen, könnte der Zuschuss für individuelle Wärmepumpen entfallen. Ziel ist, dass sich alle Haushalte anschließen lassen. Doch es gibt Protest dagegen.

von Peer-Axel Kroeske

Bisher ist es nur eine Idee. Jörg Bülow, der geschäftsführende Vorstand des Schleswig-Holsteinischen Gemeindetags, findet sie aber gut. Es geht um die Frage, ob Hausbesitzer künftig noch einen hohen Zuschuss für eine Wärmepumpe bekommen, wenn vor ihrer Tür bald eine Fernwärmeleitung liegt. "Wenn Wärmenetze der Hauptschlüssel für den Klimaschutz werden sollen, dann wird es nur gehen, wenn die Netze wirtschaftlich sind," stellt er fest.

Fernwärme rechnet sich nur, wenn viele mitmachen

Wirtschaftlich sind die Wärmnetze nur, wenn sich möglichst viele Haushalte daran anschließen lassen, weiß Bülow. Die Verbraucher sind dann aber an einen Anbieter gebunden. Das sorgt zum Teil für Unmut: Infolge der Energiekrise sind in vielen kleineren Netzen in Schleswig-Holstein die Wärmepreise vorübergehend auf mehr als 30 Cent pro Kilowattstunde in die Höhe geschnellt.

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Nicht alle geplanten Wärmenetze werden tatsächlich gebaut

Einige Kommunen wie Flensburg haben schon jetzt einen Anschlusszwang. Wärmepumpen sind davon aber ausgenommen. Wenn die Förderung entfällt, die in vielen Fällen 10.000 bis 20.000 Euro ausmacht, haben Hausbesitzer weiterhin Wahlfreiheit, doch die Rechnung ist eine andere. Alexander Blažek vom Eigentümerverband "Haus und Grund" in Schleswig-Holstein spricht von einem "Anschlusszwang durch die Hintertür."

Strom wird schneller klimaneutral als Wärmenetze

In einem Schreiben an mehrere Bundestagsabgeordnete, das NDR Schleswig-Holstein vorliegt, mahnen Immobilienverbände, der Zentralverband des Handwerks sowie die Verbraucherschutzzentralen, die Wärmepumpen-Förderung dürfe nicht gestrichen werden. Tagesspiegel Background hatte hierüber zuerst berichtet. Man könnne nicht alle Gebäude über einen Kamm scheren, ergänzt Blažek. Zudem rechnet "Haus und Grund" damit, dass die kommunalen Wärmepläne nicht überall realisiert werden.

Ein weiteres Argument: Wärmepumpen werden über den Strommix schneller klimaneutral. Dieser sieht für 2030 eine Quote von 80 Prozent regenerativer Energie vor. Die Vorgabe für Wärmenetze liegt zunächst nur bei 30 Prozent.

Energiewendeministerium SH gegen Stopp der Förderung

Das Energiewendeministerium Schleswig-Holstein teilt auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein mit, es lehne ein Stopp der Förderung ab. Grundsätzlich sollten individuelle Lösungen möglich bleiben. Das Ministerium weist aber darauf hin, dass Kommunen einen Anschlusszwang festlegen können. Neben Wärmepumpen fördert der Bund derzeit auch Pelletheizungen (Biomasse) und Solartherie (Sonnenkollektoren) im Eigenheim.

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In Berlin sorgt derweil weiterhin das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes für Diskussionen. Milliarden für den Klimaschutz sind zum Teil gesperrt. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte allerdings betont, die Förderung für den Austausch alter Öl- und Gasheizungen sei nicht von dem Stopp betroffen. Am Freitag hat der Bundestag zunächst das Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung beschlossen. Das Bundeswirtschaftsministerium teilte auf Anfrage von NDR Schleswig-Holstein mit, Änderungen bei der Wärmepumpen-Förderung seien nicht vorgesehen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | 19.11.2023 | 09:00 Uhr

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