Im Norden Nordfrieslands gibt es Glasfaser bis zum Deich
2025 soll Schleswig -Holstein nach Plänen der Landesregierung flächendeckend mit Glasfasernetz versorgt sein. Im Norden Nordfrieslands haben die Menschen schon schnelles Internet. Keine andere Region hat das Breitbandnetz so schnell ausgebaut - dank Eingeninitiative.
Wiesen, Äcker, Schafe, Deich - Plattes Land wohin das Auge reicht. Walter Sieger lebt gerne in Emmelsbüll-Horsbüll im Kreis Nordfriesland an der dänischen Grenze. Er ist der Bürgermeister der 900 Seelen Gemeinde. Oft sitzt er jetzt zu Hause und arbeitet am Laptop. Jetzt geht das, denn er hat schnelles Internet. Vorher sei es eine Zumutung gewesen, Mails mit Anhängen zu verschicken oder auch nur im Netz surfen, sagt er. Schnelles Internet sei für ihn so wichtig, wie der Wasseranschluss. Außerdem sei es Voraussetzung für Tourismus in der Region, betont Sieger: "Ohne schnelles Internet und Wlan - keine Feriengäste."
Private Telekommunikationsunternehmen scheuen Kosten
Glasfaserkabel hierhin zu verlegen, war aber für private Telekommunikationsunternehmen viel zu unwirtschaftlich. Schätzungsweise 10.000 Euro kosten Anschlüsse, die weit entfernt liegen. Das ist etwa dreimal so viel wie rentable Anschlüsse in Ortskernen.
50 Gemeinden der Region wollten die Situation so nicht hinnehmen und schlossen sich zusammen. Bernd Haß vom Amt mittleres Nordfriesland und Südtondern begleitet das Glasfaser-Projekt seit vielen Jahren. "Wir haben nicht gewartet, dass andere einem helfen. Sondern wir haben zusammengehalten", betont er. Privatwirtschaft, Windmüller, Gemeinden und Ämter hätten gemeinsam an dem Projekt gearbeitet. "Wir haben gesagt: Das nehmen wir selbst in die Hand. Wir bauen aus. Denn das ist einfach wichtig", fasst Sieger zusammen.
Zweckverband soll unwirtschaftliche Anschlüsse finanzieren
2016 wurde der deshalb der Breitband Zweckverband gegründet. Seine Aufgabe: Die unwirtschaftlichen Anschlüsse in der Region, wie den von Bürgermeister Walter Sieger, zu finanzieren. Etwa 3.000 solcher unwirtschaftlichen Anschlüsse gab es in der Region. Diese mit schnellem Internet zu versorgen kostete rund 32 Millionen Euro. Etwa 12 Millionen Euro Fördermittel sammelte der Zweckverband von Bund und Land ein. "Ohne diese Finanzspritze wäre das nicht möglich gewesen", so Bernd Haß.
Auch die örtlichen Windenergieunternehmen unterstützen das Glasfaser Projekt finanziell, denn sie brauchen schnelle Glasfaserleitungen. "Also die Windmüller haben auch aus Eigeninteresse gehandelt und haben gesagt: Wir brauchen dieses Glasfaser hier, ansonsten können wir nicht optimal arbeiten", erklärt Haß.
600 Kilometer Kabel
Die gegründete Breitbandnetzgesellschaft begann 2010 mit dem Leitungsbau. Zunächst in den Zentren, dann auf dem Land. 600 Kilometer Kabel mussten in die entlegenen Regionen gezogen werden. 86 Prozent der Haushalte wollten den Anschluss haben, bekamen ihn bis 2022 sogar komplett kostenlos gelegt. Das sei finanziell ein Minusgeschäft gewesen, so Bernd Haß: "Es ist defizitär. Das wissen die Gemeinden aber von Anfang an, und das haben alle akzeptiert. Denn es geht um die Bürger vor Ort", erklärt er.
Nun ist der Norden Nordfrieslands ans Glasfasernetz angebunden - und ein bundesweites Vorzeigeprojekt. Denn, so schnell habe noch niemand ausgebaut, sagt Johannes Lüneberg vom Breitbandkompetenzzentrum in Nordfriesland. Das Zentrum dokumentiert den Ausbau in Schleswig-Holstein und steht den Regionen beratend zur Seite.
Bürgermeister Walter Sieger surft jetzt mit Highspeed durchs Netz. Stolz deutet er auf das weiße Glasfaser Kästchen an seiner Häuserwand. "Das ist die Verbindung in die weite Welt. Wir können jetzt sogar via Skype mit unseren Kindern telefonieren", freut er sich.