Haushaltsentwurf 2024: Die harte Arbeit an den Geldtöpfen

Stand: 07.03.2024 17:49 Uhr

Gesunkene Einnahmen und die vergangenen Krisen bescheren der Haushaltspolitik im Land schwere Zeiten. Das Ringen um den Haushaltsentwurf wirkt wie ein nicht enden wollender Grabenkampf zwischen Regierung und Opposition - so auch heute im Finanzausschuss.

von Fabian Boerger

Schleswig-Holstein befindet sich in haushaltspolitisch schwierigen Zeiten. Das Geld ist knapp geworden. Die Einnahmen reichen nicht, um die Ausgaben zu decken. Es klafft eine Lücke im Haushalt des laufenden Jahres, den die Landesregierung mit Notkrediten stopfen möchte. Das sorgt für Ärger aufseiten der Opposition. Sie kritisiert, dass der Haushaltsentwurf 2024 verfassungswidrig sei. Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) und Vertreterinnen und Vertreter der Koalition widersprechen. Die Fronten verhärten sich zunehmend. So auch heute im Finanzausschuss.

Die Landesregierung musste liefern

..... © NDR Foto: Fabian Boerger
Zahlreiche Mitarbeitende der Fachabteilungen waren gekommen, um die Finanzministerin beim Beantworten der Fragen zu unterstützen.

Es war der vorletzte Ausschuss, bevor in zwei Wochen der finale Haushaltsentwurf dann im Plenum beraten und beschlossen werden soll. Es war ein Tag voller Stellungnahmen und Anträge. Die Abgeordneten hatten Gelegenheit, jeden Einzelposten, jede Zeile des Entwurfs zu hinterfragen - ein penibles Abklopfen auf Plausibilität. Und die Landesregierung musste liefern. Auch deswegen waren die drei Sitzreihen hinter der Ministerin bis auf wenige freie Plätze besetzt. Vom Staatssekretär bis zur Kämmerin: Vertretende aller Ministerien kamen in den Ausschuss.

Denn fiel eine Frage eines Abgeordneten in ihren Zuständigkeitsbereich, kam ihr Einsatz. Dann kämpften sie sich eilig durch die Sitzreihen und nahmen neben der Finanzministerin Platz. Viele trugen große Aktenordner mit sich, die die Antwort liefern sollten auf die vielen Detailfragen der Abgeordneten. Und viele davon gingen ins Mark des Entwurfs: Wie viele Mittel für welche Projekte? Ab wann? Bis wann? Wie lang? Auf der Suche nach den richtigen Zahlen und Infos blätterten sie dann in ihren Akten wie in einem Telefonbuch - und fanden so gut wie immer eine Antwort.

Fraktionen wollen eigene Schwerpunkte einbringen 

Neben den Detailfragen war der Tag wichtig für die Fraktionen, um letzte Änderungen im Entwurf zu erwirken. Dafür konnten sie Anträge einreichen und versuchen, auf den letzten Metern eigene Schwerpunkte zu setzen.

So wollten die Koalitionsfraktionen CDU und Grüne unter anderem bei Sportstätten und der Extremismus-Prävention eigene Schwerpunkte setzen. Zum Beispiel sollen zusätzlich 1,25 Millionen Euro für die Sanierung kommunaler Sportstätten ausgegeben werden, forderte die CDU. Ein weiterer Punkt: die Stärkung des Ostseeschutzes. So soll nach dem Willen von Schwarz-Grün künftig eine integrierte Station - eine Art Leitstelle - die Naturschutzarbeit in der Region besser koordinieren.

Die SSW-Fraktion hat nach eigenen Angaben insgesamt 158 Änderungsanträge gestellt. Ein Schwerpunkt der Fraktion: die Kita-Verpflegung. 75 Millionen Euro sollen zur Verfügung gestellt werden, damit jedes Kind ein Tageseinrichtungen und Kitas eine kostenlose, warme Mahlzeit pro Tag bekommt. Außerdem wollen auch sie eine Verbesserung des Sportangebots im Land. Ob und inwieweit es die Vorschläge in den finalen Entwurf schaffen, muss nun beraten werden.

Scharfe Kritik von der Opposition

Die FDP zeigte sich empört von den Ergebnissen des Finanzausschusses. "Wir sind fassungslos, dass die Landesregierung an ihrem Kurs festhält und keine Korrekturen am Haushaltsentwurf plant. Obwohl ihr inzwischen von allen Seiten vor Augen geführt wird, dass dieser Entwurf nicht auf den Grundsätzen der Verfassung steht", sagte Annabell Krämer, finanzpolitische Sprecherin der FDP. Sie hält die Notkredite, die die Landesregierung einplant, für verfassungswidrig. Notkredite seien dazu da, kurzfristig die Handlungsfähigkeit des Staates zu sichern und nicht, um die Konjunktur anzukurbeln, so Krämer.

Für 2024 plant die Landesregierung Notkredite in Höhe von 1,5 Milliarden Euro aufzunehmen. Das ist rund eine Milliarde mehr, als im ursprünglichen Haushaltsentwurf (Dezember 2023) geplant war. Über die Nachschiebeliste, mit der Änderungen im Haushaltsentwurf vorgenommen werden, hatte die Landesregierung diese Ende Februar erhöht.

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Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) spricht auf einer Kabinetts-Pressekonferenz zur Nachschiebeliste Haushalt 2024. © NDR Foto: Julia Schumacher

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Die vielen Krisen - Corona, Ukraine-Krieg, Ostsee-Sturmflut - sind laut Regierung nicht mit dem regulären Haushalt zu finanzieren. mehr

Der Kritik der FDP schloss sich die SPD an. Die Fraktion zeigte sich irritiert nach dem Finanzausschuss: "Die Landesregierung hat heute ihre Chance verstreichen lassen, die Zweifel auszuräumen. Im Gegenteil: die heutige Ausschussberatung hat weitere Zweifel gesät", sagten Serpil Midyatli, Fraktionsvorsitzende, und Birgit Herdejürgen (beide SPD).

Steuerzahlerbund: "Verfassungsgericht muss angerufen werden"

Der Bund der Steuerzahler Schleswig-Holstein ging noch einen Schritt weiter: Der Präsident des Bundes, Aloys Altmann, forderte das Parlament auf, dem Haushalt nicht zuzustimmen und mahnte, der Entwurf müsse überprüft werden:

"Wenn die Koalition keinen sicher verfassungsfesten und tragfähigen Haushalt aufstellt, müssen die Oppositionsfraktionen das Landesverfassungsgericht anrufen, um den Haushaltsplan für 2024 überprüfen zu lassen." Aloys Altmann, Präsident Steuerzahlerbund SH

Laut Altmann führen steigende Kosten bei Personal, Zinsausgaben und gesetzlich vorgeschriebene Tilgungen für Notkredite dazu, dass Landeshaushalte schon zum Ende der Legislaturperiode nicht mehr ordentlich ausgeglichen werden können. Die Folgen wären zum Beispiel Kürzungen für Vereine, Schulen, Forschungseinrichtungen sowie ausbleibende Investitionen in die Infrastruktur.

Regierung hält an Entwurf fest

Die Landesregierung sowie die regierungstragenden Fraktionen von CDU und Grünen sehen das anders. Sie halten den vorgelegten Haushaltsentwurf der Regierung für verfassungskonform. Es gehe darum, dass das Land am Laufen bleibe und kein Schaden entstehe, so CDU-Finanzpolitiker Ole-Christopher Plambeck im Ausschuss. Finanzministerin Heinold betonte, dass der Etatentwurf der Vorschlag der Landesregierung sei. Die Fraktionen hätten immer die Möglichkeit, Dinge zu verändern. 

Die höheren Notkredite sind laut Heinold notwendig, um die Folgen vergangener Krisen - Corona, Ukraine-Krieg, Ostseesturmflut -, die nicht über den regulären Haushalt zu finanzieren sind, zu stemmen. Um die Kredite aufnehmen zu können hatte das Parlament Ende November eine Notlage für das Haushaltsjahr 2023 und 2024 ausgerufen.

Haushaltsbeschluss noch im März möglich

In der nächsten Sitzung des Finanzausschusses, am 14. März, soll es einen Beschluss geben, bevor der Ausschuss den Haushaltsentwurf in Gänze dem Landtag empfiehlt. Dann ist das Parlament am Zug seinem "Königsrecht des Parlaments" nachzukommen. Aller Voraussicht nach in der Woche um den 20. März könnten die Abgeordneten dann den neuen Haushalt für 2024 beschließen.

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Dieses Thema im Programm:

Schleswig-Holstein Magazin | 07.03.2024 | 19:30 Uhr

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