Cannabis-Legalisierung: Kritik aus SH hat verschiedene Gründe

Stand: 16.08.2023 16:49 Uhr

Es ist so weit: Cannabis wird in Teilen legalisiert. Der Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wurde vom Bundeskabinett verabschiedet. Damit wird Anbau und Konsum bald legal.

von Samir Chawki

In Schleswig-Holstein sind weder Regierung noch Wissenschaftler oder Cannabis-Konsumenten mit dem neuen Gesetz zufrieden, allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Der Besitz von 25 Gramm für erwachsene Privatpersonen wird in Zukunft straffrei sein, und auch der Anbau von bis zu drei Pflanzen ist dann legal.

Nach dem Beschluss im Kabinett muss das Gesetz noch durch Bundestag und Bundesrat. In der Länderkammer ist es nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums aber nicht zustimmungspflichtig. Mit einem Inkrafttreten rechnet das Ministerium bis zum Jahresende.

Gesundheitsministerium SH warnt vor seelischen Erkrankungen

Das Gesundheitsministerium Schleswig-Holsteins lehnt die Teillegalisierung ab. "Fachlich ist hinreichend belegt, dass Cannabis eine Droge ist, deren Konsum schwere körperliche und seelische Erkrankungen zur Folge haben kann", sagt ein Sprecher. Eine Cannabis-Freigabe sei "nicht nachvollziehbar und das falsche Signal insbesondere für junge Menschen".

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Schon vier Cannabis-Clubs in Schleswig-Holstein

Trotzdem könnte demnächst auch in Schleswig-Holstein in neu gegründeten Vereinen Cannabis angebaut werden. Bis zu 500 Personen könnten sich in diesen Clubs organisieren, um dort gemeinsam anzubauen. Dafür müssen sie einen Präventionsbeauftragten benennen, ein Jugendschutzkonzept erstellen und Konsum im Clubheim verbieten. Beim Dachverband deutscher Cannabis Social Clubs (CSCD) findet man bereits vier in Schleswig-Holstein. Für Kiel, Lübeck, Itzehoe (Kreis Steinburg) und Oldenburg in Holstein (Kreis Ostholstein) sind dort schon Clubs registriert, allerdings noch ohne Clubhaus.

Vereine unzufrieden mit Menge und Regelungen

Thorge Schlisio, 1. Vorsitzender des CSC Kiel, erklärt den Sinn seines Clubs: "Wir wollen Cannabis entstigmatisieren und auch junge Konsumenten aufklären." Deshalb ist er noch nicht wirklich zufrieden mit dem neuen Gesetz: "Das ist großer Blödsinn, so passt das alles nicht zusammen, sowohl von der Menge als auch vom Konsumverbot im Clubheim. All das führt dazu, das Konsumenten wieder in den Schwarzmarkt gedrückt werden."

Dabei sieht er in den Clubs auch Vorteile für den Verbraucher: "Wir wollen qualitativ hochwertiges Cannabis verteilen, das gewisse Standards erfüllt. Es darf nicht gestreckt oder verunreinigt sein." Ähnlich sieht das auch sein Lübecker Pendant Peer Bollmeyer. Der CSC Lübeck lege besonderen Wert auf den sozialen Aspekt. Maximal 150 Mitglieder werden nach einem Gespräch mit dem Vorstand um Bollmeyer aufgenommen: "Wir wollen so ein bisschen die Dorfgröße erhalten, jedes Gesicht noch mal ein bisschen kennen und die Person dahinter auch. Ein Social Club mit 500 Leuten ist dabei schwieriger als einer mit 150."

Clubs in Kiel und Lübeck wachsen noch

Aktuell haben sich in Lübeck 49 Mitglieder im Verein gesammelt, auf der Warteliste stehen noch etwa 80. In Kiel sind es nach Angaben des Vereins rund 50. Beide Vereine treffen sich noch digital, da es kein Vereinsheim oder andere Räumlichkeiten gibt. Dabei wäre ein Austausch wünschenswert, wie Peer Bollmeyer erklärt: "Man könnte sich da einfach über 1.000 Themen unterhalten, vom Anbau bis hin zum Konsum. Eine gegenseitige Beratung wäre gut." Noch findet die ausschließlich digital statt.

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Suchtklinik-Chef kritisiert Beratungssituation

Wenn es nach Dr. Jean Hermanns vom Psychiatrischen Krankenhaus Rickling (Kreis Segeberg) geht, sollte das Gesetz schnell geändert werden. Einerseits könne Cannabis schon beim ersten Konsum zu Angststörungen und Psychosen führen. Außerdem sieht Hermanns eine Neukundenberatung in einem der CSC-Clubs kritisch: "Wer soll das machen? Kollegen von mir? Ich kann mir das in der Praxis nicht vorstellen. Wir waren ziemlich überrascht von diesem Modell, weil wir bisher davon ausgegangen waren, dass es über lizensierte Geschäfte laufen würde und nicht über private Vereine."

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Nachrichten für Schleswig-Holstein | 16.08.2023 | 17:00 Uhr

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