Biber bei Geesthacht kämpfen nach Hochwasser ums Überleben
Sturmflut an der Elbe - das neue Jahr war vielerorts mit Hochwasser gestartet. Die Fluten haben nicht nur Deiche beschädigt, sondern auch das Zuhause vieler Biber zerstört.
Ein Wanderweg direkt am Elbufer - die Sonne ist gerade aufgegangen, umgestürzte Bäume liegen im Wasser. Und dann bewegt sich plötzlich etwas in einem Stumpf, keine zehn Meter vom Weg entfernt: hellbraunes Fell, weit aufgerissene Augen und hervorstehende, lange, scharfe Zähne. Biber sind eigentlich nachtaktiv und verstecken sich tagsüber in ihrem Bau, den so genannten Burgen. Die hat das Hochwasser Anfang des Jahres aber weggespült, erzählt Naturschützerin Mona Golly: "Es ist nicht optimal. Sie machen jetzt das Beste daraus und suchen sich Notunterkünfte in Ufernähe."
Das Hochwasser hat fast alle Burgen zerstört
Acht Burgen kannten Mona und Georg Golly vom NABU Geesthacht vor dem Hochwasser. Fast alle sind zerstört. Die beiden Biberbeauftragten bleiben auf dem Wanderweg am Elbufer stehen. Georg Golly holt ein Foto aus seinem Rucksack. "Hier auf dem Foto sieht man die Stelle, an der eine Burg stand", zeigt er. Auf dem Foto ragt ein Berg aus Zweigen und Ästen aus dem Schilf. Davon ist jetzt nichts mehr zu sehen. "Diese Burg kannten wir seit 2017. Das Hochwasser hat alles mitgerissen." Natürliche Feinde haben die Biber zwar nicht. Ihren Nachwuchs können sie ohne Burg aber nur schwer großziehen.
Biber galten in Schleswig-Holstein mehr als 150 Jahre lang als ausgestorben
Mona Golly und ihr Mann Georg vom NABU Geesthacht (Kreis Herzogtum Lauenburg) beobachten das Biberrevier an der Elbe schon seit zehn Jahren. Lange galten die Nager als ausgestorben. Der letzte Biber in Schleswig-Holstein wurde etwa 1840 geschossen. Damals war ihr Fell begehrt und das Fleisch des größten Nagetiers Deutschlands galt als Fisch und durfte damit auch in der Fastenzeit verzehrt werden, erzählt Mona Golly. Bundesweit überlebte nur eine kleine Population an der Elbe in Sachsen-Anhalt. In den 1990ern kamen einige Biber dann in die Nähe von Geesthacht. Bis heute sind sie geblieben und vermehren sich.
Heute leben 20 bis 30 Biber an der Elbe bei Geesthacht
An der Elbe zwischen Geesthacht und Schnakenbek seien die Bedingungen für Biber ideal, sagt Jens Gutzmann vom NABU Geesthacht. Er unterstützt die Gollys beim Suchen nach Burgen. Oft sind sie nur vom Wasser aus zu sehen. Gutzmann fährt das Ufer deshalb regelmäßig mit seinem Kajak ab. "Die Elbe ist zwar eine Schiffsstraße, aber die Ufer sind naturbelassen", erklärt der Naturschützer. Die Biber finden deswegen viel Holz und im Sommer Gräser zum Fressen. Außerdem fördern die vegetarischen Nager die Artenvielfalt. "Da, wo der Biber kleine Bäche aufstaut, können sich andere Arten ansiedeln. Zum Beispiel Fischotter." Auch Insekten befallen die vom Biber abgenagten Bäume, sodass mehr Vögel Nahrung finden.
Biber müssen warten, bis sich das Wasser wieder zurückzieht
Noch immer ist der Wasserstand der Elbe bei Geesthacht fast einen Meter höher als gewöhnlich. Deswegen können die Biber bisher keine neuen Burgen bauen. Der Pegel soll aber noch weiter sinken. "Dann können die Biber wieder loslegen", sagt Georg Golly. Wie lange es noch dauern wird, weiß er nicht. Mit seiner Frau will er ab April wieder Schulklassen durch das Revier führen. Dass sich ein Biber wieder so nah am Weg zeigen wird, sei aber eher unwahrscheinlich. Bis dahin verstecken sie sich tagsüber wieder in ihren wiederaufgebauten Burgen, hofft das Ehepaar.