AKW Brunsbüttel: Rückbau geht in die nächste Phase

Stand: 22.11.2023 15:01 Uhr

Space - so heißt das neue Großprojekt beim Abbau des AKW in Brunsbüttel. Dabei soll die 1.000 Tonnen schwere Vorwärmerbühne zerlegt werden. Das Ziel: Mehr Platz für weitere Abbauarbeiten.

von Marlene Santel

Im Anlagenteil des AKWs wird gehämmert, geflext und gesägt. In voller Schutzmontur zerschneiden die Mitarbeiter des Kraftwerks verschiedene Einzelteile und trennen große Rohrleitungen voneinander. Der Rückbau des Atomkraftwerks in Brunsbüttel (Kreis Dithmarschen) ist in vollem Gange. Nachdem die Zerlegung der Einbauten des Reaktordruckbehälters im vergangenem Sommer erfolgreich abgeschlossen wurde, steht nun ein neues Projekt auf dem Plan: der Abbau der Vorwärmerbühne.

Die rund 1.000 Tonnen schwere und 800 Quadratmeter große Vorwärmerbühne befindet sich im Anlagenteil des Werks. Dort wurde das sogenannte Speisewasser vorgewärmt, um den Wirkungsgrad bei der späteren Dampferzeugung im Reaktor - und damit auch die Effizienz der Energiegewinnung - zu erhöhen. Die Systeme und Einzelteile in diesem Bereich werden aktuell entleert, abgebaut und je nach Strahlenbelastung sortiert. Dazu gehören Anlagenteile wie zum Beispiel Armaturen und Rohre, die dann in spezielle Behälter - die sogenannten Mulden - eingelagert werden. Was nicht in die vorgesehen Mulden passt, wird passend gemacht. Noch vor Ort werden zu große oder unpassende Anlagenteile auseinandergeschnitten oder sogar auseinandergesägt.

Arbeiten sollen bis Herbst 2024 fertig sein

Bereits im September haben die Abbauarbeiten in diesem Bereich begonnen. Im Herbst 2024 soll das Projekt abgeschlossen sein. Das sei zumindest der Plan, erklärt der technische Geschäftsführer Dr. Ingo Neuhaus. Probleme bereitet nämlich die zu Verfügung stehende Fläche. "Abbau und Lagerung, alles atmet zusammen", so Neuhaus weiter. Die kontaminierten Einzelteile aus dem Werk werden unter anderem auch auf dem Gelände des AKWs zwischengelagert, bis sie letztlich ins Bundeslager überführt werden. Stand jetzt sei der Rückbau noch nicht verzögert, aber die Kapazitäten zur Lagerung auf dem Gelände seien zu 95 Prozent ausgeschöpft. Deshalb auch der Name Space. Durch den Abbau der Vorwärmerbühne könne Platz geschaffen werden - ganze 800 Quadratmeter wichtige Staufläche.

Konkrete Dauer des Rückbaus noch unklar

Im Jahr 2011 beschloss die damalige Bundesregierung den Ausstieg aus der Atomenergie. Nach der Katastrophe in Fukushima sollten die ältesten acht Meiler in Deutschland direkt aus dem Betrieb genommen werden. Das Kernkraftwerk in Brunsbüttel ging 1977 ans Netz und hat bis 2007 Strom produziert. Seit 2019 befindet es sich im Rückbau. Das Werk sei "schon seit 2018 brennstoffrei" erklärt der Kraftwerkleiter Markus Willicks. Ob er den vollständigen Abbau noch als Kraftwerkleiter mitbekommen wird? "Vermutlich nicht", antwortet er. Noch etwa 13 Jahre soll der Abbau dauern. Ob das alles aber wirklich so klappt, bleibt noch offen. Der komplizierte Abbau sei aufgrund der vielseitigen Bedingungen und Einflüsse der Strahlung schwierig zu planen.

Viele Gewerke arbeiten für den Rückbau des AKWs zusammen. Viele Mitarbeiter kennen das Werk schon lange - noch aus den Zeiten des Leistungsbetriebes. Für die Rückbauarbeiten mussten einige Mitarbeiter ihre Tätigkeit umdisponieren. Doch das war nicht für alle leicht. "Einige Mitarbeiter, die die Anlagen schon seit Jahren kennen und gepflegt haben, können es nicht einfach so kaputt machen", so Willicks. Für andere ergebe sich aber kaum eine Umstellung. "Kranfahrer brauchen wir auch im Abbau, für die ändert sich gar nichts" ergänzt der Kraftwerkleiter.

Zwischenlager in Brunsbüttel soll im April in Betrieb gehen

Insgesamt fallen beim Rückbau rund 300.000 Tonnen Material an. Der überwiegende Teil von rund 246.500 Tonnen Bauschutt und 21.000 Tonnen Metall soll in den konventionellen Stoffkreislauf zurückgegeben werden. Ein anderer Teil soll außerdem auf dem Gelände gelagert werden - im extra gebauten Lager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle. Das Lager soll voraussichtlich im April nächsten Jahres in Betrieb gehen.

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