Nach Hamas-Angriffen: Solidarität mit Israel in Norddeutschland

Stand: 10.10.2023 10:12 Uhr

Nach den Angriffen der Hamas haben am Montag viele Menschen bei Kundgebungen in Hannover und Hamburg Solidarität mit Israel gezeigt. Politiker, Vereine und Verbände verurteilten den Terror und gedachten der Opfer.

In Hannover versammelten sich nach Polizeiangaben rund 350 Menschen friedlich bei einer Kundgebung auf dem Steintorplatz, zu der die Deutsch-Israelische Gesellschaft mit mehreren anderen Gruppierungen aufgerufen hatte. Die Kundgebung stand unter dem Motto "Solidarität mit dem angegriffenen Staat Israel und seiner Bevölkerung". "Wir sehen Bilder aus Israel, die man kaum glauben kann, die an Grausamkeit nicht zu überbieten sind", sagte Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) bei der Versammlung am frühen Abend.

Neben Vertretern aus der Landes- und Kommunalpolitik nahmen auch der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers, Ralf Meister, der katholische Bischof von Hildesheim, Heiner Wilmer, und der Vorsitzende des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, Michael Fürst, teil. Seit den Angriffen am vergangenen Wochenende habe Fürst eine überwältigende Solidarität mit Israel von Menschen aus ganz Deutschland erfahren, sagte er im NDR Info Interview. Trotz der Angriffe der Hamas sei es wichtig, deutlich zu machen, dass man es mit einer Terrororganisation zu tun habe und sich wohl ein Großteil der "normalen Menschen" unter den Palästinensern den Frieden wünschen würde.

Der CDU-Politiker Roderich Kiesewetter sitzt auf einem Podium vor einem Mikrofon. © dpa picture alliance/Geisler-Fotopress Foto:  Bernd Elmenthaler
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Kundgebung auch auf Hamburger Jungfernstieg

Teilnehmende bei der Kundgebung am Jungfernstieg. © NDR Foto: Finn Kessler
Hunderte Menschen sind in Hamburg auf die Straße gegangen, um sich mit Israel solidarisch zu zeigen.

Auch in Hamburg sind am frühen Montagabend hunderte Menschen auf die Straße gegangen, um ein Zeichen gegen Gewalt und Antisemitismus zu setzen. Die Polizei konnte zunächst keine genaue Teilnehmerzahl nennen, Beobachter gingen von einer vierstelligen Zahl aus. Aufgerufen zu der Kundgebung auf dem Jungfernstieg hatte die Deutsch-Israelische Gesellschaft, die nach eigenen Angaben befürchtet, "dass hierzulande antisemitische Akteure die legitime Verteidigung durch Israel missbrauchen werden, um Gewalt gegen Jüdinnen und Juden auch in Hamburg zu schüren." "In Hamburg ist kein Millimeter Platz für Antisemitismus und Feindseligkeit gegenüber Israel", sagte Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher. Unter den Teilnehmern waren unter anderem auch Hamburgs Landesrabbiner Shlomo Bistritzky, Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne), Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) und CDU-Oppositionsführer Dennis Thering. Fegebank betonte: "Wir brauchen einen parteiübergreifenden Konsens zu der Frage, wie wir eigentlich die Sicherheit der Jüdinnen und Juden in unserem Land sicherstellen können."

"Wir stehen ohne Wenn und Aber hinter Israel und den Menschen in Israel", sagte Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) am Montag bei einer Kundgebung vor dem Bremer Rathaus, an der sich 350 Menschen beteiligten. Für Dienstagabend um 18 Uhr lädt die Deutsch-Israelische Gesellschaft im niedersächsischen Oldenburg zu einer Solidaritäts-Demonstration ein. Bereits am Sonntagabend waren auf dem Theater-Vorplatz in Osnabrück laut Polizei rund 170 Menschen zusammengekommen, um ihre Solidarität mit Israel zu bekunden. Auch in Kiel versammelten sich Menschen zum Gedenken.

Anwohner stehen auf einer Straße und blicken nach einem Raketenangriff auf ausgebrannte Autos. © dpa-picture alliance Foto:  Ilia Yefimovich
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Landesweite Beflaggung in Niedersachsen

Die niedersächsische Staatskanzlei hatte am Montagmittag eine landesweite Beflaggung angeordnet. Vor der Staatskanzlei wehte die israelische Flagge bereits seit Sonntag. Nach Möglichkeit soll sie vor allen öffentlichen Gebäuden bis einschließlich Mittwoch gehisst werden, wie eine Sprecherin mitteilte.

Bundesweit soll der Schutz jüdischer Einrichtungen mit mehr Polizeipräsenz verstärkt werden. Darauf haben sich die Polizeipräsidentinnen und -präsidenten von Bund und Ländern geeinigt. Auch wenn momentan nicht von einem konkreten Anlass ausgegangen werde, gebe es eine abstrakte Bedrohungslage, sagte ein Ministeriumssprecher dem NDR Niedersachsen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief zu besonderer Wachsamkeit auch in Deutschland auf. Es gelte, jüdisches Leben in unserem Land zu schützen und sich stark und entschlossen gegen jede Form von Antisemitismus und Israel-Hass zu stellen.

In Hamburg wurde am Montagmittag der Flughafen vorübergehend komplett gesperrt, nachdem es eine Anschlagsdrohung gegen eine Maschine aus der iranischen Hauptstadt Teheran gegeben hatte.

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Schnelles Ende von Gewalt und Blutvergießen gefordert

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hatte bereits am Sonntag ein schnelles Ende der Gewalt und des Blutvergießens gefordert. Auch weitere norddeutsche Politiker wie Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) oder Hamburgs zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) verurteilten die Hamas-Angriffe. Sie brachten gleichzeitig ihre Hoffnung auf eine friedliche Lösung des Konflikts zum Ausdruck.

Die Deutsch-Palästinensische Gesellschaft mit Sitz in Hilter bei Osnabrück verurteilte die Angriffe der Hamas auf Israel und zugleich die Gegenangriffe Israels auf den Gazastreifen "auf das Schärfste". Das Mitgefühl gelte "den Angehörigen der vielen Toten und den Verletzten auf beiden Seiten", sagte Nazih Musharbash, Präsident der Gesellschaft.

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"Wir versuchen keine Angst zu haben, damit die Terroristen nicht gewonnen haben."

Auch in Schleswig-Holstein ist das Entsetzen nach den Hamas-Angriffen groß. Viele Mitglieder der jüdischen Gemeinden im Land fragten sich, wie hoch die Bedrohungslage in Deutschland ist, sagte der Antisemitismusbeauftragte des Landesverbands der jüdischen Gemeinden von Schleswig-Holstein, Joshua Pannbacker: "Wir versuchen keine Angst zu haben, damit die Terroristen nicht gewonnen haben." Die jüdischen Gemeinden stünden im engen Kontakt mit der Polizei und den Sicherheitsbehörden, so Pannbacker.

"Leider haben wir gesehen: Einige Menschen haben den terroristischen Angriff gefeiert. Das zeigt uns: Auch hier könnte eine Gefahr für uns sein", sagte der Landesrabbiner der liberalen jüdischen Gemeinden, Isak Aasvestad. Antisemitismus sei bei einigen Palästinensern durchaus zu spüren.

Um jüdische Einrichtungen besser zu schützen, fährt die Polizei in Schleswig-Holstein vermehrt Streifen. Es gebe zwar keine Erkenntnisse, dass sich die Gefährdungslage erhöht habe, hatte Jana Reuter, Sprecherin des Innenministeriums von Schleswig-Holstein, der Deutschen Presseagentur bereits am Sonntag gesagt. Dennoch würden entsprechende Orte häufiger angefahren.

Hunderte Tote und Tausende Verletzte

Die islamistische Hamas hatte am Sonnabendmorgen von Gaza aus überraschend Raketenangriffe gegen Israel begonnen. Gleichzeitig drangen bewaffnete Palästinenser über Land, See und Luft nach Israel vor und griffen Menschen in mehreren Orten in Grenznähe an. Israel startete noch am Wochenende Gegenangriffe und Vergeltungsschläge. Beide Seiten melden Hunderte Tote und Tausende Verletzte. Die Hamas wird von der EU, den USA und Israel als Terrororganisation eingestuft.

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Verteidigungsminister Joav Galant kündigte am Montag eine totale Blockade gegen den von der Hamas kontrollierten Gazastreifen an. In dem Gebiet leben etwa 2,3 Millionen Menschen: "Es wird keinen Strom, keine Lebensmittel und keinen Treibstoff geben."

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