Pro und Kontra: Ist eine Cannabis-Legalisierung der richtige Weg?

Stand: 19.08.2023 08:40 Uhr

Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will Cannabis zum Teil legalisieren und hat in dieser Woche seine Pläne dazu vorgestellt. Ist das der richtige Weg? Bei NDR 90,3 gibt es zwei Meinungen dazu. Jörn Straehler-Pohl hält die Pläne für richtig, Daniel Kaiser hält sie für falsch. Ein Pro und Kontra.

von Jörn Straehler-Pohl & Daniel Kaiser

Pro: Die Zeit der Verbote beim Cannabis muss vorbei sein

Millionen rechtschaffene Menschen in Deutschland sind vor dem Gesetz kriminell. Sie sind allein deshalb kriminell, weil sie etwas Cannabis zu Hause haben, um am Wochenende oder nach Feierabend einen Joint zu rauchen. So wie andere ihr Feierabendbier trinken.

Laut Umfragen machen das viereinhalb Millionen Erwachsene in Deutschland regelmäßig. Erwachsene, die in den allermeisten Fällen verantwortungsbewusst mit dieser Droge umgehen. Genau wie die allermeisten Menschen verantwortungsvoll mit Alkohol umgehen. Deshalb ist es richtig, dass Karl Lauterbach, der Gesundheitsminister, jetzt seine Pläne für eine Teil-Legalisierung vorgelegt hat.

"Verbote machen aus rechtschaffenen Menschen Kriminelle."

Es gibt berechtigte Kritik an diesen Plänen. Sie dürfen der Polizei und der Justiz nicht mehr Arbeit machen als bisher. Der Grundsatz ist aber richtig: Die Zeit der Verbote beim Cannabis muss vorbei sein. Denn diese Verbote machen aus rechtschaffenen Menschen Kriminelle. Und ich bin davon überzeugt: Man kann Jugendlichen die realen Gefahren von Cannabis besser erklären, wenn es keine Doppel-Moral mehr in dieser Frage gibt. Denn es ist eine Doppel-Moral, wenn etwas zwar verboten ist, aber gleichzeitig gesellschaftlich längst toleriert.

Kontra: Endlich mal auf Experten hören

Medizinerinnen und Mediziner warnen. Suchtexpertinnen und -experten warnen. Die Polizei warnt. Die Justiz warnt. Lauterbach macht es trotzdem. Der Schwarzmarkt wird auch mit dem neuen Gesetz bleiben, sagen Fachleute. Vielleicht sogar weiter wachsen. Es wird mehr Cannabis konsumiert werden. Und ein Blick in die Niederlande zeigt: Drogenkriminalität gibt es dort immer noch.

Ärztinnen und Ärzte schlagen die Hände über dem Kopf zusammen, warnen vor Folgen fürs Gehirn bei jungen Leuten. Vor dauerhaften Konsequenzen. Lebenslang. Cannabis-Konsum ist ein Einfallstor für Psychosen, Depressionen und Angststörungen. Vielleicht kann man mal aufhören, das Kiffen als coole Folklore zu verniedlichen und endlich mal anfangen, auf Expertinnen und Experten hören.

Ich verstehe, dass Lauterbach die Konsumenten - und es werden immer mehr - mit Transparenz schützen will vor gepanschten Drogen. Er will Kiffen sicherer machen. Viele Fachleute bezweifeln aber, dass das der richtige Weg ist. Seit Monaten sehen wir in Hamburg fassungslos auf den Hauptbahnhof. Auf das Elend der offenen Drogenszene. Machtlos. Hilflos. Alle reden von Prävention. Ob jetzt ausgerechnet die Legalisierung von Cannabis die richtige Antwort ist?

"Der Staat hat eine Fürsorge-Pflicht. Gerade für junge Leute."

Klar, nicht jeder Kiffer, nicht jede Kifferin wird zum Junkie. Aber Menschen, die da am Drob-Inn in ihrem Drogen-Albtraum gefangen sind, hatten, so sagen es Expertinnen und Experten, die sich damit auskennen, wahrscheinlich sehr häufig einen Einstieg übers Kiffen. Ich meine: Der Staat hat auch eine Fürsorge-Pflicht. Gerade für junge Leute. Mit der Legalisierung einer Droge, vor der Medizinerinnen und Mediziner warnen, wird man dieser Fürsorgepflicht nicht gerecht.

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