Kommentar: Hamburger Hafengeburtstag - ein Grund zu feiern?

Stand: 06.05.2023 15:12 Uhr

Hamburg feiert seinen Hafen beim 834. Hafengeburtstag. Zum ersten Mal seit dem Beginn der Corona-Pandemie findet das größte Hafenfest der Welt wieder an drei Tagen Anfang Mai statt. Aber dieser Hafengeburtstag hat einen Beigeschmack, findet Dietrich Lehmann in seinem Kommentar.

von Dietrich Lehmann

Die Einlaufparade mit Großseglern, Dampfschiffen, einer Fregatte der Marine und vieles mehr. Das große Feuerwerk am Samstagabend, ganz traditionell mit Raketen und Böllern, das Schlepperballett mit den schwimmenden Kraftprotzen, die sich graziös auf dem Wasser bewegen und Zehntausende Menschen anlocken. Eigentlich ist es alles wie immer in den vergangenen Jahrzehnten beim Hafengeburtstag. Ein Aushängeschild für Hamburg. Bilder, die für die Stadt werben. Volle Hotels zeugen davon, dass der Hafengeburtstag für viele ein gutes Geschäft ist.

Die vergangenen Jahre haben dem Hafen zugesetzt

Aber was genau feiern wir hier eigentlich? Dass es den Hamburger Hafen nach mehr als 800 Jahren überhaupt noch gibt? Die vergangenen Jahre haben dem Hamburger Hafen deutlich zugesetzt. Die Hauptkonkurrenten Rotterdam und Antwerpen wachsen unter dem Strich, während Hamburg Marktanteile verliert. In diesem Jahr wird Hamburg wahrscheinlich aus der Liste der 20 größten Häfen der Welt fallen. Andere Häfen zeigen, wie es geht: Wer in der ersten Liga mitspielen will, muss sich verändern.

Senat hat sich in der Hafenpolitik lange treiben lassen

Bei der Automatisierung hinkt Hamburg hinterher. Das letzte Hafenterminal, das neu gebaut wurde, ist das in Altenwerder. Und das ist auch schon 20 Jahre her. Die neuesten Containerschiffe kommen dort - wegen der zu niedrigen Köhlbrandbrücke - schon nicht mehr hin. Apropos Köhlbrandbrücke: Hier zeigt sich beispielhaft, dass sich der Senat in der Hafenpolitik lange hat treiben lassen statt das Steuer in der Hand zu halten. Da durfte die Hafenverwaltung HPA jahrelang für zig Millionen an einem Tunnel unter dem Köhlbrand herumplanen. Doch der wird viel zu teuer.

Hamburger Hafen stark abhängig vom Handel mit China

Der Hamburger Hafen hat nicht nur Ladung, sondern auch weltweit viel an Renommee verloren. Kein Grund zum Feiern. Wie auch der Dauerstreit um die chinesische Beteiligung am Terminal Tollerort. Dass der Hamburger Hafen so stark abhängig vom Handel mit China ist, das wird insgesamt zu einem Problem, wenn nicht sogar zum größten Risiko. Was passiert, wenn China Taiwan militärisch angreift? Der Westen kann dann wohl kaum anders, als vergleichbare Sanktionen wie gegen Russland zu verhängen. Das würde den Hamburger Hafen - wie weite Teile der Wirtschaft - in die größte Krise seit Jahrzehnten stürzen.

Nur wenn Hamburg jetzt schnell seine vielen Probleme im Hafen anpackt, haben wir in einigen Jahren noch einen Grund, den Hafengeburtstag zu feiern.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | Der Hamburg-Kommentar | 06.05.2023 | 08:40 Uhr

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