Viele Hände halten zusammen. © Photocase Foto: ASIFE

Kolumne: "Menschheits-Sehnsucht"

Stand: 11.02.2023 07:30 Uhr

von Pastor Jan Dieckmann

Eine lange Schlange vor der Essensausgabe. Über uns der blaue Himmel. Fröhliche junge Gesichter. Eine kleine Gruppe stimmt eines der typischen Taizé-Lieder an. "Laudate omnes gentes" - "Lobsingt ihr Völker alle". Der Gesang beginnt leise, pflanzt sich fort, wird eindringlicher, lauter. Plötzlich singen Hunderte mit buntem Plastiktellern in den Händen diese eingängige, sich immer wiederholende Melodie.

Die europäischen Jungendtreffen in Taizé, in Frankreich, in den 1970er-Jahren. Sie haben mich verändert. Sie waren für mich als 18-Jährigen wie eine Entfesselung von meiner Kleinstadtwelt in Deutschland. Zehntausende junge Leute aus ganz Europa trafen sich dort, in der nach dem Zweiten Weltkrieg gegründeten Brüdergemeinschaft von Taizé, südlich von Lyon.

In Taizé entstanden intensive Glaubenserfahrungen

Englisch wurde gesprochen, Französisch, Polnisch, Niederländisch, alles klang für mich fremd und durcheinander, gleichzeitig war alles inspirierend und groß. Freundschaften entstanden und intensive Glaubenserfahrungen. Bilder, die ich nicht vergesse. Die Brüder beim täglichen Gebet vorn in der Kirche in ihren weißen Gewändern. Schweigetage mit intensiven spirituellen Erfahrungen.

In Radio und Fernsehen von Gottes Wirken erzählen

Dort in Taizé fiel meine Entscheidung, mein Leben an Gottes Wort und Jesu Vorbild zu orientieren. Theologie zu studieren, Pastor zu werden. Und ich habe es nie bereut, dass ich mich persönlich und beruflich zu den Menschen gesellt habe, die die Geschichten von Jesus weitererzählen. Als junger Pfarrer Menschen in den traurigsten und glücklichsten Momenten ihres Lebens begleiten zu dürfen, hat mich bereichert. Später dann durfte ich als Rundfunkpastor im Radio und im Fernsehen von Gottes Wirken in der Welt erzählen. Die große Menschheitssehnsucht lebendig halten von einem gelungenen Leben in Liebe und Frieden.

"Die Hoffnungsgeschichten von Jesus bleiben"

Jan Dieckmann © Kirche im NDR Foto: Christine Raczka
"Jesus' Hoffnungsgeschichten werden auch nach mir Menschen inspirieren", sagt Pastor Jan Dieckmann.

Jetzt verabschiede ich mich in den Ruhestand. Und ja, ich weiß natürlich, meine Kirche, in der wir als Christinnen und Christen wirken, bleibt Menschenwerk. Menschen werden ihren Aufgaben nicht gerecht. Und Menschen werden schuldig. Das ist oft schlecht, manchmal auch schrecklich. Aber die Hoffnungsgeschichten von Jesus bleiben und werden auch nach mir Menschen inspirieren und den Traum von einem besseren Miteinander mit Gott und meinen Nächsten lebendig halten.

Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Regelmäßig vergeben die Radiopastoren und Redakteure ein Kreuz für Glauben, ein Herz für die Liebe oder einen Anker für das, was hoffen lässt.

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | 11.02.2023 | 07:30 Uhr

Ein Herz, Kreuz und Anker aus Silber vor blauem Hintergrund © Kirche im NDR Foto: Christine Raczka

Kreuz - Herz - Anker

Kreuz, Herz oder Anker? So heißt die Kolumne der Kirche im NDR. Regelmäßig vergeben unsere Autoren ein Kreuz für Glauben, ein Herz für Liebe oder einen Anker für Hoffnung. mehr

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