Panorama 3

Dienstag, 19. September 2023, 21:15 bis 21:45 Uhr

Kindermediziner überall im Land schlagen Alarm: Es gibt kaum noch freie Betten. Das zeigt auch eine Umfrage, die der NDR gemeinsam mit dem Hartmannbund, einem Berufsverband für Ärztinnen und Ärzte, durchgeführt hat: 34 Prozent aller Teilnehmerinnen und Teilnehmer gehen demnach mehrmals pro Woche über ihre persönliche Belastungsgrenze hinaus. Weitere 41 Prozent tun dies mehrmals im Monat.

Überschreiten von Belastungsgrenzen - für viele Alltag

Zudem sagen fast zwei Drittel der Teilnehmer, dass sich ihre persönlichen Arbeitsbedingungen in den vergangenen fünf Jahren verschlechtert haben. An der nicht repräsentativen Umfrage haben insgesamt 630 Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte aus Kinderkliniken teilgenommen. Vergleichbare Umfragen, die sich ausschließlich mit der Pädiatrie befassen, gibt es bislang kaum.

Prof. Florian Hoffmann, Oberarzt am Kinderspital München. © Screenshot
Florian Hoffmann wünscht sich mehr Personal und mehr Flexibilität.

Florian Hoffmann, der Oberarzt von der Uniklinik München, engagiert sich politisch in der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI). Er befürchtet, dass zukünftig nicht nur Pflegefachkräfte, sondern auch Ärzte in der Kindermedizin fehlen werden. Strukturen müssten sich grundlegend ändern, sagt er: Pflegekräfte müssten besser bezahlt, die Kliniken stärker untereinander vernetzt und flexiblere Arbeitsmodelle eingeführt werden. "Ich würde mir wünschen, dass wir das Personal saisonal gedacht einsetzen. Das heißt also zum Beispiel im Sommer weniger arbeiten, im Winter mehr", sagt Hoffmann.

Überlastung gefährdet Patienten

Die Belastung des Personals hat offenbar auch Auswirkungen für die Patienten: Rund 40 Prozent der Teilnehmer geben an, dass es aufgrund der hohen Arbeitsbelastung in Kinderkliniken schon einmal zu einer Patientengefährdung gekommen ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Umfrageteilnehmer in einer kleinen, mittelgroßen oder einer Universitätsklinik arbeiten.

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Prof. Florian Hoffmann (re.), Oberarzt am Kinderspital München, mit der Mutter eines kranken Babys auf Station. © Screenshot

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Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bestätigt gegenüber Panorama, dass die Kindermedizin chronisch unterfinanziert sei. Im Rahmen der Krankenhausreform soll die Kindermedizin zukünftig Sonderzuschläge erhalten. Wie hoch diese sein werden, ist jedoch noch unklar.

Auf Nachfrage von Panorama kritisiert der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV), die Krankenhausreform dürfe nicht zu Lasten der Beitragszahlenden gehen, die bereits jetzt den Löwenanteil der Krankenhausfinanzierung stemmten.

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