Umstrittene Wahlrechtsreform beschlossen: Bundestag wird kleiner
Der Bundestag hat die umstrittene Wahlrechtsreform beschlossen. Ziel ist es, das Parlament zu verkleinern. Union und Linke wehren sich dagegen, doch die Reform ist verfassungsgemäß.
SPD, Grüne und FDP brachten mit den Stimmen aus ihren Fraktionen ihren eigenen Vorschlag durch, das Parlament nach der nächsten Bundestagswahl auf maximal 630 Abgeordnete zu verkleinern.
Die AfD enthielt sich, Union und Linke stimmten dagegen. Ihre Vertreter nannten den Vorschlag unfair. Es könne nicht sein, dass ein Direkt-Kandidat einen Wahlkreis gewinne, aber trotzdem nicht in den Bundestag einziehe. Sie kündigten bereits Klagen gegen das Vorhaben vor dem Bundesverfassungsgericht an. Der Ampel-Vorschlag sieht unter anderem vor, Ausgleichs- und Überhangmandate abzuschaffen.
Linke nennt Vorhaben "antidemokratisch"
Im Vorfeld der Abstimmung hatte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch auf NDR Info das Vorhaben der Ampel-Koalition als antidemokratisch bezeichnet. Er kritisierte besonders die vorgesehenen Neuerungen bei Erst- und Zweitstimmen. Die könnten seiner Ansicht nach dazu führen, dass in bestimmten Fällen die Person mit den meisten Stimmen in einem Wahlkreis nicht mehr automatisch in den Bundestag einzieht.
Vor allem der SPD warf Bartsch vor, das Wahlrecht politisch zu instrumentalisieren. Der Bundestag müsse zwar kleiner werden, aber eine so grundlegende Angelegenheit könne man nicht mal eben in wenigen Wochen verändern, sagte Bartsch.
Union: Wahlrechtsreform ist "unfair"
Kritik kommt auch von CDU und CSU. Der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Günter Krings, sagte auf NDR Info, der Vorschlag sei unfair. Es könne nicht sein, dass ein Direkt-Kandidat einen Wahlkreis gewinne, aber trotzdem nicht in den Bundestag einziehe. Der Vorschlag der Ampel sei aber unfair und sorge für Unmut bei den Wählern und somit für eine geringere Wahlbeteiligung.
Rechtswissenschaftler Thiele: Reform entspricht der Verfassung
Den Ansatz, den Bundestag zu verkleinern, indem Überhang- und Ausgleichsmandate wegfallen, nennt Rechtswissenschaftler Alexander Thiele von der Business und Law School Berlin richtig und sehr gut. Ein Schönheitsfehler bleibe aber die sehr kurzfristige Streichung der Grundmandatsklausel. Für kleine Parteien werde es nun sehr schwer, wenn die Grundmandatsklausel abgeschafft würde und die Fünf-Prozent-Hürde bestehen bleibe. Letztere sei generell sehr hoch. Man solle überlegen, ob man nicht stattdessen eine Vier-Prozent-Sperrklausel einführe, so Thiele.
Regional- und Minderheitenparteien wie der Südschleswigsche Wählerverband in Schleswig-Holstein haben hingegen von der Wahlrechtsreform nichts zu befürchten, da für sie die Minderheitenklausel gilt.