Tabletten fallen aus einer Dose auf Euroscheine. © Fotolia.com Foto: Stefan Redel

Krankenkassenbeiträge: Was kommt auf Versicherte zu?

Stand: 23.04.2024 10:17 Uhr

Deutschlands Betriebskrankenkassen warnen davor, dass die Beiträge zur Krankenversicherung für gesetzlich versicherte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 2025 drastisch steigen könnten. Was steckt dahinter?

von Markus Plettendorff

Der vom Gesetzgeber festgelegte allgemeine Beitragssatz zur gesetzlichen Krankenversicherung beträgt derzeit im Regelfall 14,6 Prozent vom Einkommen. Hinzu kommt ein je nach Krankenkasse individueller Zusatzbeitrag. Bei Letzterem drohen nach einer Berechnung des Dachverbands der Betriebskrankenkassen (BKK Dachverband) spürbare Steigerungen. Auslöser seien Aspekte der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angestrebten Gesundheitsreform.

Welche Faktoren könnten zu einem Anstieg der Kassenbeiträge führen?

Künftig sollen beispielsweise vertrauliche Preisabsprachen für neue patentgeschützte Medikamente zwischen Krankenkassen und Pharmaindustrie möglich werden. Mit dem entsprechenden Gesetz soll der europäische Markt attraktiver werden, um die Gefahr von Arzneimittelengpässen zu verringern. Bislang sind Preise für Medikamente transparent in einem Verzeichnis gelistet. Jeder verschreibende Arzt kennt also die Kosten. Das wäre dann nicht mehr bei allen Medikamenten so. Die Kassen rechnen hier mit Mehrkosten von fast drei Milliarden Euro.

Ein weiteres Beispiel: Die Krankenhausreform soll unter anderem durch einen Transformationsfonds bezahlt werden, zu dem die Kassen von 2026 an pro Jahr 2,5 Milliarden Euro beisteuern sollen. Verschärfend kommt hinzu, dass die Krankenkassen nur noch geringe Rücklagen haben. Der Kapitalpuffer aus dem Gesundheitsfonds ist voraussichtlich im kommenden Jahr aufgebraucht.

Um wie viel könnte der Zusatzbeitrag steigen?

Noch sind die Gesetze nicht verabschiedet, es handelt sich lediglich um eine Berechnung des BKK Dachverbands, also einer Interessenvertretung der Kassen. Ohne Ausgleich aus Bundesmitteln könnte der Zusatzbeitrag gemäß dieser Zahlen von jetzt durchschnittlich 1,7 Prozent auf 2,45 Prozent oder sogar noch mehr steigen. Auch die DAK warnt vor Milliardendefiziten und spricht von einer Erhöhung des Zusatzbeitrags von 0,5 Prozentpunkten.

Der deutsche Durchschnittsverdienst für Vollzeitbeschäftigte liegt aktuell bei gut 4.300 Euro brutto. Bei einem Zusatzbeitrag von 1,7 Prozent betragen die Kosten für die Krankenkasse in diesem Fall 350 Euro monatlich. Stiege der Zusatzbeitrag wie vom BKK Dachverband berechnet auf 2,45 Prozent, liefe das auf rund 16 Euro mehr pro Monat für Arbeitnehmer und -geber hinaus.

Welche Prognosen zur Beitragszukunft gibt es?

Schon jetzt liegt der Anteil für Krankenkasse, Pflege-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung in Deutschland im Durchschnitt bei über 40 Prozent des Einkommens. Vor einigen Jahren prognostizierte eine Studie einen Anstieg auf 46 Prozent im Jahr 2040. Grundsätzlich werden die Kosten wegen der alternden Gesellschaft sicherlich steigen, allerdings könnte der Gesetzgeber auch noch gegensteuern.

Was die aktuellen Reformpläne angeht, erwarten Experten Klagen vor Gericht - etwa, was die Beteiligung der Krankenkassen an dem Transformationsfonds angeht. Je nach Urteil müsste das Geld dafür dann eventuell komplett aus Steuermitteln kommen, die Kosten dürften sich nicht in einem höheren Zusatzbeitrag widerspiegeln.  

Deutschland liegt bei den Sozialabgaben im europäischen Vergleich auf Platz zwei. Fachleute warnen: Eine noch höhere Abgabenlast könnte fatale Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort und auch den Arbeitsmarkt haben.

Weitere Informationen
Drei Ärzte gehen einen Flur im Krankenhaus entlang © panthermedia Foto: Kzenon

Lauterbach will Klinikreform trotz Differenzen vorantreiben

Der Bundesgesundheitsminister macht klar, dass das Vorhaben auf den Weg kommen soll. Das Land Niedersachsen ist nicht zufrieden. mehr

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen liegen auf einem Tisch. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jens Büttner Foto: Jens Büttner

Krankschreibungen in Niedersachsen erreichen neuen Rekord

Laut einer Studie von DAK und KKH lag der Krankenstand im vergangenen Jahr bei 5,7 Prozent - einem neuen Höchststand. mehr

Eine Pflegerin beschäftigt sich mit einer Pflegeheimbewohnerin. © NDR

Pflegequalität in Deutschland hängt stark vom Wohnort ab

Wie gut Pflegequalität ist, kommt darauf an, wo man lebt - das haben aktuelle Auswertungen von Versichertendaten ergeben. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Aktuell | 23.04.2024 | 08:41 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Gesundheitspolitik

Krankenversicherung

Kopfhörer liegen auf einem Mischpult. © fotolia Foto: Xandros

Was wünschen Sie sich in den "Themen des Tages" auf NDR Info?

Wie soll sich die Nachrichtensendung am Nachmittag in Zukunft idealerweise anhören? Hörerinnen und Hörer können sich an einer Umfrage beteiligen. mehr

Ein Smartphone mit einem eingeblendeten NDR Screenshot (Montage) © Colourbox Foto: Blackzheep

NDR Info auf WhatsApp - wie abonniere ich die norddeutschen News?

Informieren Sie sich auf dem WhatsApp-Kanal von NDR Info über die wichtigsten Nachrichten und Dokus aus Norddeutschland. mehr

Eine junge Frau hält ein Tablett-PC auf dem man den NDR-Info Newsletter sieht. © NDR Foto: Christian Spielmann

Abonnieren Sie den NDR Newsletter - die Nord-News kompakt

Mit dem NDR Newsletter sind Sie immer gut informiert über die Ereignisse im Norden. Das Wichtigste aus Politik, Sport, Kultur, dazu nützliche Verbraucher-Tipps. mehr

Mehr Nachrichten

Reservisten der Bundeswehr sind nach einer NATO-Übung in Rostock angetreten. © NDR Foto: Christoph Kümmritz

NATO-Übung in Rostock: General fordert "wehrbereite" Gesellschaft

Die NATO-Übung im Hafen von Rostock ist beendet. Brigadegeneral Uwe Nerger spricht bei NDR MV Live über die reale Bedrohung. mehr