Drei jungen Menschen sitzen vor einer gelben Wand und lachen sich an. © IMAGO / Addictive Stock

Alle delulu? Was bedeuten Ghosting, Quiet quitting und Co.?

Stand: 21.05.2024 12:00 Uhr

Was treibt die Generationen X, Y, Z um? Was gibt es Neues in Sachen Jugendsprache und Netz-Talk? Welche Sprache wird beim Dating genutzt - und welche Begriffe sollte man in Bezug auf gesamtgesellschaftliche Phänomene der Gegenwart kennen? Ein Glossar.

von Nele Deutschmann

Der Zeitgeist kommt stets mit eigenem Vokabular. Vor allem die Sozialen Medien befeuern das Entstehen neuer Begriffe, Formeln, Wendungen, Floskeln. Manche beschreiben Phänomene oder Erkenntniszusammenhänge, manche entstehen in sozialen Gruppen oder lassen sich den verschiedenen Generationen zuordnen. Einige verlieren schnell wieder an Relevanz, andere gehen in den allgemeinen Sprachgebrauch über. Nicht immer sind sie klar abgrenzbar, oft sind sie schwammig. Und nicht immer ist es einfach, die Übersicht zu behalten. Wer es trotzdem versuchen mag, dem sei mit einem kleinen Glossar geholfen. In diesem Sinne: "May all your delulu come trululu".

Up to date: Begriffe der Gegenwart schnell erklärt

  • Boomer: Auch Baby-Boomer; Generation, die zur Zeit steigender Geburtenraten und des Wirtschaftswunders nach dem Zweiten Weltkrieg geboren wurde. Nach Erfolg und Anerkennung strebend, fleißig und konsumorientiert. Der Generation wird ein ausgeprägtes Konkurrenzverhalten attestiert. Es hält sich der Mythos vom Generationenkonflikt (siehe Generation X, Y, Z) - trotz fehlender empirischer Nachweise
  • Ok Boomer: Phrase; repräsentiert Generationenkonflikt und nimmt Ansichten der Boomer-Generation auf die Schippe
  • Cancel Culture: Der Versuch, ein vermeintliches Fehlverhalten öffentlich zu ächten. Aufruf zum Boykott der Person. Kritiker*innen sprechen von einer "Verbotskultur". Die Debatte dreht sich oft um die Frage: Geht es um Wahrheit oder Zensur?
  • Consent Culture: Kultur der Zustimmung, in der sich die Menschen in einer Gemeinschaft befähigt fühlen, frei über ihr eigenes Wohlbefinden in Bezug auf ihre sexuellen Erfahrungen zu entscheiden
  • Generation X: Umfasst die Generation, die auf die Baby-Boomer folgte. Ungefähr: Jahrgänge 1965 bis 1980. Begriff wurde vom US-amerikanischen Fotografen Robert Capa geprägt. Er verwendete ihn als Titel für eine Reportage über junge Leute, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs herangewachsen sind. Ereignisse wie Ölkrise, NATO-Doppelbeschluss und Anti-AKW-Bewegung gelten als prägend. Vom Wirtschaftswunder ist für diese Generation nicht mehr viel übrig
  • Generation Y: Auch Millennials genannt. Generation, die im Zeitraum der frühen 1980er- bis zu den späten 1990er-Jahren geboren wurde. Der Buchstabe Y vom englischen why (deutsch: "warum") soll auf die als charakteristisch für die Generation geltende Neigung zum Hinterfragen verweisen. Lernte früh den Umgang mit digitalen Technologien, "Work-Life-Balance" gilt als wichtig.
  • Generation Z: Generation, die im Zeitraum zwischen 1997 und 2012 geboren wurde. Generation Z sieht sich mit anderen wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Bedingungen konfrontiert als die vorigen Generationen. Smartphones, Tablets und Co. sind allgegenwärtig, reales und digitales Leben verschmelzen. Besonders wichtig sind die Themen Nachhaltigkeit und Umwelt sowie der Umgang mit der Arbeitswelt
  • Hepeating: Setzt sich aus he (er) und repeating (wiederholen) zusammen; Ein Mann erntet die Anerkennung für die Idee, die zuvor eine Frau formuliert hatte, durch bloßes Wiederholen; Form von Sexismus
  • Incels: Selbstbezeichnung von Männern, die unfreiwillig im Zölibat leben - auf Englisch "involuntary celibates"; gewaltbereit und misogyn
  • Mansplaining: Belehrung eines Mannes gegenüber einer Frau, die keiner Belehrung bedarf; Form von Sexismus
  • Quiet quitting: Stille oder innere Kündigung; Senkung der Arbeitsleistung durch aktive Verweigerung von Eigeninitiative
  • Tradwife: (Kurzform für traditional wife - "traditionelle Ehefrau") Frauen, die ein Leben nach stereotypen Geschlechterrollen führen; kontroverser Trend in den Sozialen Medien
  • Toxisch: Synonyme: Giftig, bösartig, gefährlich, schädlich, zermürbend; bezieht sich auf schädliche Verhaltensweisen innerhalb von Beziehungen
  • Toxische Männlichkeit: "Giftige Männlichkeit"; überholte Männlichkeitsideale, die von Dominanz geprägt sind; emotionale Kälte als Ideal; fremd- und selbstschädigend
  • Victim Blaming: Täter-Opfer-Umkehr; Vorgehen, das Schuld des Täters einer Straftat dem Opfer zuschreibt; Verstärkung des Leides des Opfers (sekundäre Viktimisierung)
  • Wokeness: Politisch wach und engagiert gegen Diskriminierungen; im afroamerikanischen Englisch der 1930er-Jahren entstandener Ausdruck, der ein aufmerksames Bewusstsein für Rassismus beschreibt. In konservativen Kreisen auch abwertend verwendet

Jugendsprache und Netz-Talk: Von "goofy" bis "delulu"

  • Auf Lock: Abkürzung von "auf locker" machen
  • Darf er so?: Ausdruck der Verwunderung
  • Delulu: Kurzform vom englischen "delusional" ab; auf Deutsch übersetzt "wahnhaft". Beschreibt das wahnhafte Hineinträumen in eine perfekte Beziehung oder Karriere
  • Digga(h): Oft, aber nicht immer, eine Anrede für einen Kumpel oder Kollegen
  • Goofy: Bedeutung: dämlich oder albern. Wird verwendet, um eine Person zu beschreiben, die tollpatschig, albern oder unbeholfen ist
  • Kerl*in: Anrede für einen Freund, die aber meist nur in der maskulinen Form genutzt wird
  • NPC: "Non-Playable Character"; auf Deutsch etwa "nicht spielbarer Charakter". Stammt aus der Gaming-Kultur. Wird in der Jugendsprache verwendet, um Menschen zu charakterisieren, die unkritisch Meinungen oder Ansichten anderer übernehmen
  • Rizz: Die Fähigkeit einer Person, zu flirten und charmant zu sein
  • Side Eye: Drückt in den Sozialen Medien Skepsis oder Misstrauen aus. Person wird in Videos, auf Bilder, Memes oder GIFs seitlich angeguckt, oft mit hochgezogenen Augenbrauen. Steigerung: Bombastic Side Eye
  • Slay: Deutsch: "erschlagen". Ausdruck der Bewunderung - eine "erschlagende", beeindruckende Wirkung, queere Einflüsse
  • Yolo: Steht für "you only live once"

Liebe und Dating: Achtung - miese Maschen!

  • Catfishing: "Catfish" (deutsch "Wels"); Täuschung von Personen durch eine gefälschte Online-Identität; Absicht: Opfer zu einer romantischen Online-Beziehung zu verleiten oder einen finanziellen Betrug zu begehen. Begriff ist von einer Fang-Technik beim Kabeljau-Fischen inspiriert
  • Cuffing: Dating-Trend; Cuffing Season (etwa "Handschellen-Jahreszeit") bezeichnet die Wintermonate, in denen sich viele nach einem*r Partner*in sehnen, um gemeinsam zu "überwintern"
  • Cushioning: Dating-Phänomen; deutsch etwa "abfedern"; Absicht: Auf Nummer sicher gehen; das Pflegen von weiteren Beziehungen neben der "Hauptbeziehung" - weitere Eisen im Feuer, die für den Fall der Fälle warmgehalten werden
  • Gaslighting: Psychische Manipulation. Gezielte Erschütterung der Selbstwahrnehmung eines Menschen. Motiv: Machtausübung gegenüber dem Opfer
  • Ghosting: Von englisch ghost - "Gespenst". Vollständiger Kontakt- und Kommunikationsabbruch in zwischenmenschlichen Beziehungen ohne vorherige Ankündigung. Kann mittlerweile auch in der Arbeitswelt beobachtet werden
  • Hubby Material: Begriff in den Sozialen Medien verbreitet. Ein Mann, der als perfekt genug ansehen wird, um ihn eines Tages zu heiraten
  • Love Bombing: Dating-Phänomen, deutsch "Liebesbombardement", psychische Manipulation und emotionaler Missbrauch; Sogenannte Love Bomber überschütten Partner*innen schon kurze Zeit nach dem ersten Kennenlernen mit Liebesbekundungen. Absicht: Das Binden der Person, Kontrolle und Macht 
  • Pick me Girl: Geht zurück auf eine Szene in der popkulturellen Millenniumbibel des Feminismus: der Ärzteserie "Greys Anatomy". Frauen, die auf Kosten anderer Frauen männliche Bestätigung suchen - "Ich bin nicht wie die anderen". Problematisch: Begriff kann auch zur gegenseitigen Abwertung von Frauen beitragen
  • Red Flag: Dating-Begriff; in den Sozialen Medien verbreitet. Beschreibt Warnzeichen in zwischenmenschlichen Beziehungen
  • The ick: Beschreibt den Moment der Entzauberung des "Crushes", meist durch eine absolute Kleinigkeit - beispielsweise die Art, wie das Gegenüber spricht, isst etc.
  • Wifey Material: Eine Frau, die als perfekt genug ansehen wird, um sie eines Tages zu heiraten

Körper und Geist: Bodyshaming bis Fat liberation movement

  • Body Neutrality: Abwendung von der obsessiven Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper und Körperidealen hin zu Neutralität - ohne Wertung oder den Zwang, den Körper lieben zu müssen
  • Body Positivity: Bewegung für die Abschaffung unrealistischer und diskriminierender Schönheitsideale. Kritik: Unter der Vereinnahmung des Begriffs stehen in den Sozialen Medien oft weiterhin die eigene Attraktivität und das Körperbild im Vordergrund
  • Bodyshaming: Abwertende Äußerungen über das Aussehen anderer. Eine verbreitete Form ist das Fatshaming
  • Fat acceptance movement: Auch Fat Pride, Fat Empowerment, Fat Liberation oder Fat Activism; Bewegung, die versucht, das soziale Stigma der Fettleibigkeit zu beseitigen. Befasst sich mit Fragen um den ästhetischen, rechtlichen und medizinischen Umgang mit dicken Menschen
  • Fatshaming: Gewichtsbezogene Stigmatisierung. Das Beschämen von Menschen mit Adipositas und die Zuschreibung negativer Eigenschaften auf Menschen mit Übergewicht

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Journal | 29.01.2024 | 17:00 Uhr

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