Musiker Mark Forster. © IMAGO Foto: Jan Huebner
Musiker Mark Forster. © IMAGO Foto: Jan Huebner
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AUDIO: Mark Forster: "Gemeinsam ins Kino gehen, ist gut für den Austausch" (1 Min)

Mark Forster: "Wir brauchen mehr echte Welt"

Stand: 07.11.2022 19:17 Uhr

Der Musiker Mark Forster unterstützt die ARD Themenwoche 2022 "Wir gesucht - Was hält uns zusammen?" als Pate. Er steuert mit seinem Song "Memories und Stories" die Titelmelodie bei. Im Interview spricht der Musiker über seine Ideen für mehr Zusammenhalt.

Mark, du bist Pate der ARD Themenwoche geworden, weil du meinst es ist jetzt gerade wahnsinnig wichtig, wieder zueinander zu finden und gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Was hat sich deiner Meinung nach in unserer Gesellschaft verändert. Was fehlt?

Mark Forster: Auf jeden Fall hat sich eine Menge verändert. Erstens glaube ich, die Menge der schlechten Nachrichten ist in den letzten Jahren richtig krass angestiegen. Und die Menge der einschneidenden Erlebnisse für uns alle ist deutlich angestiegen. Ich glaube, wir haben es alle in der Corona-Zeit gespürt, dass man mit Leuten, mit denen man es nicht dachte, komische Diskussionen führt auf Basis von unterschiedlichen Informationen. Da ist es mir zum ersten Mal ganz, ganz deutlich klar geworden, dass es echt Probleme gibt und ganz spielt sich viel im verborgenen Schatten des Internets ab. Ich glaube, viele Leute sind unterwegs in komischen Ecken des Internets und merken es nicht. Es braucht keinen Führerschein fürs Internet und da gibt es keinen Bademeister, sozusagen der sagt, was man tun darf und was und nicht. Und wir sind, glaube ich, als Gesellschaft in so einer Lernphase. Ich glaube das ist für uns alle wirklich wichtig.

Du sprichst vor allem auch die sozialen Medien an. Die uns zum einen zusammenbringen sollen, Stichwort Freunde bei Facebook werden. Andererseits treiben sie uns aber auch so weit auseinander, mit den Shitstorms und Algorithmen, die uns nur bestimmt Inhalte anzeigen. Was ist deine Lösung? Das Internet abschalten?  

Forster: Also ich bin mir relativ sicher, dass das Beste wäre, so ein paar Sachen abzuschaffen, die im Augenblick für uns totaler Standard sind. Es wäre auf jeden Fall eine gute Idee, Sachen, die wirklich so gesellschaftlich einschneidend sind, zu kontrollieren. Wir sind teilweise unterwegs in einem rechtsfreien Raum oder klicken irgendetwas an und geben irgendwelche Rechte ab. Und kein Mensch liest sich das durch. Und trotzdem sind wir da alle dabei und zwar jeden Tag. Das ist bedenklich und das wissen wir alle. Und deswegen bin ich froh, dass es die gute alte ARD gibt. Die sich Gedanken macht über die Gesellschaft. Und ich glaube unterm Strich es ist im Augenblick so: Wir brauchen mehr echte Welt, wo viele Sachen vielleicht noch besser funktionieren als in der unechten Welt. Und wir müssen die unechte Welt ein bisschen wieder zu unseren Gunsten gestalten.

Gab es mal einen Moment in deinem Leben, in dem du dich besonders ausgegrenzt oder nicht verstanden gefühlt hast?

Forster: Glücklicherweise nicht nachhaltig. Ich wurde nicht nachhaltig diskriminiert. Oder habe mein ganzes Leben lang irgendwie ein Gefühl gehabt, dass ich nicht dazugehöre. Da habe ich ein privilegiertes Leben. Ich glaube aber, dass ich eine Menge Leute kenne, die das leider nicht von sich behaupten können. Die oft außen vor waren und auch ein bisschen mehr für ihren Platz in unserer Gesellschaft kämpfen mussten als ich. Was wir vielleicht alle ein bisschen besser verstehen sollten ist: Der Kampf von denen, die diskriminiert sind, ist ein Kampf für uns alle. Denn solange wir nicht alle gleichwertig und frei sind, ist keiner frei. Das klingt wie ein Text von Max Giesinger. Aber ich glaube, da ist viel Wahres dran.

Hast du eine Idee wie wir wieder mehr Wir-Gefühl schaffen können, rauskommen aus unseren Blasen?

Forster: Ja also, ich glaube, dass Kultur hilft. Zusammen in einem schlauen Theaterstück sitzen oder ab und zu mal in eine Ausstellung gehen oder auch gute Filme im Kino gucken. Mit anderen Leuten zusammen. Auf Konzerte gehen und gemeinsam feiern oder in die Kneipe an die Ecke. Das sind alles Sachen, die gut sind für unseren Kopf, die gut sind für unseren Austausch miteinander. Alles Sachen, die helfen, dass wir nicht bekloppt werden.

Man sieht in deinem aktuellen Video zum Titelsong der ARD Themenwoche "Memories und Stories" auch viele private Bilder von dir. Aus alten Zeiten, mit Menschen die dich auf deinem Weg begleitet haben. Sind sie dein Wir-Gefühl?

Forster: Ja, also ich glaube, ich bin schon jemand, der treu ist zu den Leuten, mit denen ich arbeite. Und da in dem Video sind ganz viele Leute, mit denen ich Musik mache, schon seit vielen Jahren. Meine Schulband von vor 20 Jahren, aber auch schon die Mark-Forster-Band, mit denen ich schon seit über zehn Jahren Musik mache. Und allein wer das Video gemacht hat: Kim Frank aus Hamburg, mit dem habe ich, glaube ich, schon 17 Videos zusammen gemacht. Ich mag das gerne, mich mit Leuten gemeinsam zu entwickeln und Schritte weiterzugehen, auf einer gemeinsamen Basis. Ich brauche nicht ständig neue Leute um mich herum, sondern ich entscheide mich für die, die ich gut finde. Ich bin froh, dass ich mit denen schon so viel erlebt habe und hoffe, dass ich noch ganz viel mehr mit den erleben werde.

Man sieht dich im Video auch ohne dein berühmtes Cap. Wenn du im Frühjahr auf Tour nach Kiel kommst, dann auch für uns mal ohne Mütze?

Forster: Nee, wahrscheinlich nicht. Das ist so passiert. Ich habe das mal aufgesetzt, weil ich dachte ich sehe cooler aus. Jetzt kriege ich aus meinem Umfeld oft gesagt, dass es umgekehrt ist. Als ich angefangen habe, hat es jeder so getragen. Jetzt ist keiner mehr übrig. Und ich mag tatsächlich den Effekt, dass ich, wenn ich die Kappe absetze und eine andere Brille aufziehe, dass mich dann echt signifikant weniger Menschen erkennen. Ich kann ein relativ normales Leben führen und ganz normal rumlaufen.

Kommen wir nochmal kurz zu deinem Song "Memories und Stories". Warum passt er sozusagen wie der Deckel auf den Topf für die ARD Themenwoche?

Forster: Ich finde nicht, dass der wie der Deckel auf den Topf passt. Ich finde, das Thema der Themenwoche ist viel größer als der Song, aber ich wollte gerne dabei sein, weil ich finde es ein gutes Thema zur jetzigen Zeit. Ich finde es gut, dass sich viele schlaue Leute zu dem Thema Gedanken machen und die mit uns teilen. Und ich möchte das unterstützen. Im Lied geht es passend ungefähr darum, rauszugehen und mit anderen Leuten gute Geschichten zu erleben. Und ich bin mehr als stolz, dass ich dabei sein darf.

Oft vergessen wir ja diese einfachen Sachen, die uns glücklich machen und auch irgendwie zusammenhalten. Was sind deine Alltagstricks? Mit den Freunden an die Ostsee oder Nordsee fahren?

Forster: Geh' raus, guck dir was an im schönen Schleswig-Holstein. Und erlebt da draußen was und bleibt transparent in Gesprächen, macht nicht zu. Ich glaube, es ist schon gut, zwei Kanäle zu haben, nämlich den, der rausgeht, aber auch den, der wieder reingeht. Und ich glaube gerade auch, wenn man vielleicht hier und da eine Meinung vertritt, wo einem viele Leute sagen, dass man bekloppt ist, sollte man gerade dann bereit sein, zuzuhören und sich dann nicht in irgendeiner Ecke verrennen, aus der man ganz allein nicht wieder rauskommt. Ich glaube, Transparenz, Geduld und Weichheit ist auf jeden Fall ein sehr, sehr guter erster Schritt.

Das Interview führte Doreen Pelz, NDR Schleswig-Holstein.

Weitere Informationen
Eine Gruppe von Menschen steht im Kreis. Man sieht die Füße und die Beine der Gruppe. © photocase.de Foto: FräuleinC

ARD-Themenwoche "Wir gesucht! Was hält uns zusammen?" im NDR

Wie können wir zum Zusammenhalt in der Gesellschaft beitragen? Die ARD-Themenwoche vom 6. bis 12. November 2022 im NDR. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Moin Schleswig-Holstein – mit Mandy Schmidt und Horst Hoof | 07.11.2022 | 05:05 Uhr